Der große Preis von Spanien auf dem 4,65 Kilometer langen Circuit de Catalunya wird am kommenden Wochenende der fünfte Saisonlauf der F1 sein und über 66 Runden ausgetragen werden, was auf dem 16 Kurven umfassenden Kurs einer Gesamtdistanz von 307 Kilometern entspricht. Was sich relativ geradlinig und einfach anhört, wird für die Teams in der Realität jedoch eine gewaltige Herausforderung. Die Ingenieure in der Königsklasse verbinden mit der katalonischen Strecke eine Art Hassliebe - zwar ist der Kurs der, den sie durch die vielen Wintertests vor der Saison und aus den letzten Jahren am besten kennen, andererseits ändern sich vor Ort fortlaufend die Temperaturen und Windverhältnisse, was das Arbeiten massiv erschwert. So kann ein Auto am Vormittag noch zur Bestzeit fliegen und wenige Stunden später praktisch schon nicht mehr konkurrenzfähig sein - und das, obwohl am Boliden selbst nichts verändert wurde.

Im Vorjahr gewann überraschend Pastor Maldonado, Foto: Sutton
Im Vorjahr gewann überraschend Pastor Maldonado, Foto: Sutton

Verkompliziert wird dieser Tanz auf dem Seil durch die Updates, die die Teams nach Barcelona mitbringen werden. Traditionell ist das Rennen auch dieses Jahr der Auftakt der Europa-Saison und damit Runde eins im großen Wettrüsten aller Rennställe. Die Upgrade-Pakete, die von den Teams nun eingesetzt werden, haben zuvor eine Entwicklungszeit von zehn bis zwölf Wochen im Windkanal durchlaufen - dementsprechend groß sind natürlich die Erwartungen aller und daher ist das Frustrationspotenzial für die Techniker umso größer, greifen die Neuerungen nicht wie erwartet und erhofft. Klappt der Sprung nach vorne jedoch, lassen sich mit einer guten Überarbeitung des Autos in Spanien allerdings schnell drei bis vier Zehntel Zeitgewinn pro Runde herauskitzeln.

Möglich macht das auch die streckenspezifische Kurscharakteristik: Barcelona beinhaltet von allem ein bisschen etwas. Es gibt jede Menge unterschiedlicher Kurventypen und für die aerodynamische Effizienz eines Autos ist die Strecke ein guter Test. Besonders wichtig ist auf dem Circuit de Catalunya der letzte Sektor, der viele langsame Kurven vereint. Hier kann man die meiste Zeit gewinnen und verlieren. Zudem wird die Performance im letzten Teilstück der Strecke oftmals als Indikator dafür gewertet, wie das Auto sich beim folgenden Lauf auf dem engen und verwinkelten Stadtkurs von Monte Carlo schlagen wird. Eine wichtige Rolle werden nun in Spanien auch wieder die Reifen spielen - Pirelli bringt den Teams die mittlere und die harte Mischung mit, letztes Jahr wurde noch mit hart und weich gefahren. Durch die kleinere Lücke zwischen den Komponenten sollten die Strategien heuer besser ausbalanciert sein.

Zwei oder drei Stopps?

Allgemein ist der Kurs jedoch seit jeher als reifenfressend bekannt: Besonders die langgezogene Kurve drei bereitet den Teams dabei Probleme. Bei Geschwindigkeiten um 240 Stundenkilometer dauert die Kurvendurchfahrt volle vier Sekunden, was gerade für die Vorderreifen eine ziemliche Belastung ist - hinzu kommt ein ziemlich rauer und damit aggressiver Asphalt. Vorab erwarten sich die Ingenieure zwischen den beiden eingesetzten Mischungen Unterschiede von einer halben Sekunde bis hin zu acht Zehnteln. Dementsprechend kann, wie bereits im Vorjahr, von einem Mix aus Zweistoppern und Dreistoppern ausgegangen werden. Damit die Zweistoppstrategie funktioniert, muss man im ersten Stint aber mindestens bis Runde 14 oder 15 kommen - setzt man auf drei Reifenwechsel, kann man den ersten Boxenaufenthalt bereits nach zehn Umläufen einlegen.

Interessante Aussichten vor den Toren Barcelonas, Foto: Sutton
Interessante Aussichten vor den Toren Barcelonas, Foto: Sutton

Weniger wahrscheinlich ist im normalen Rennverlauf in Barcelona ein Einsatz des Safety-Cars. In den letzten zehn Jahren musste es nur fünfmal ausrücken, wobei es sich bei vier dieser Einsätze um Erstrundenunfälle handelte. Auch wenn die Piloten 60 Prozent der Runde auf dem Gas stehen, sind die Höchstgeschwindigkeiten auf Grund des verwinkelten Schlusssektors allgemein nicht besonders hoch. Im Durchschnitt erreichen die Fahrer auf der langen Start-/Zielgeraden 317 Stundenkilometer, wobei sie mit geschlossenem DRS gute zwölf Stundenkilometer langsamer sein dürften. Die benötigte Spritmenge für die Renndistanz beträgt 154 Kilogramm, pro Runde verbrauchen die Piloten ungefähr 2,3 Kilo.

Extrem wichtig wird in Spanien traditionsgemäß das Zeittraining. Fast schon unglaublich: Elf der letzten zwölf Rennen auf dem katalonischen Kurs wurden von der Pole-Position aus gewonnen, die Bestzeit am Samstag ist hier also mehr als nur die halbe Miete. Ob sich der Trend aber auch heuer fortsetzt, bleibt ob des Einsatzes von DRS, KERS und der Pirelli-Pneus abzuwarten, haben diese Hilfen das Überholen im Vergleich zur Vergangenheit zuletzt doch extrem vereinfacht. Beim Blick auf das Wetter bleibt festzuhalten: Regen ist für das Wochenende keiner angesagt, erwartet werden angenehme 20 Grad. Allerdings kann es windig werden, was sich besonders im diffizilen Schlusssektor auf die Balance des Autos auswirken könnte.