Dass das Verhältnis zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber noch nie ein einfaches war, ist hinlänglich bekannt. Die Liste der Vorfälle zwischen dem Deutschen und dem Australier ist lang und nicht erst seit den Erfolgen Vettels, die den ehrgeizen Webber in den vergangenen drei Jahren mehr und mehr in den Schatten gestellt haben, angespannt. Vom Regencrash in Fuji 2007 bis hin zur Kollision von Istanbul drei Jahre später - von der Flügel-Posse in Silverstone bis hin zur non-existenten Schützenhilfe im Titelendspurt 2012... für die Streitschlichter im Hause Red Bull gab es in den letzten Jahren viel zu tun. Besonders hoch kochten die Emotionen aber im Anschluss an die von Vettel ignorierte Stallorder zugunsten Webbers in Malaysia und die sich daraus entwickelnde, längst schon legendär gewordene, 'Multi-21-Affäre'.

Einige Wochen sind seitdem vergangen, doch ruhig ist es im Umfeld des Weltmeisterteams deshalb noch lange nicht geworden, der Trubel um das Thema will einfach nicht abflachen. Dafür sorgen nicht zuletzt auch die Fürsprecher Webbers, die durch Vettels Handlungen in Sepang nach wie vor den Sportsgeist verletzt sehen und den Finger weiterhin gerne in die scheinbar noch frischen Wunden legen. Nachdem zuletzt bereits Ex-Piloten wie John Watson und Jacques Villeneuve ihren Unmut über Vettels Verhalten geäußert hatten, meldete sich nun auch Ex-Weltmeister Alan Jones zu Wort. Der Champion von 1980 bestärkte seinen Landsmann Webber dabei, alle etwaigen Nettigkeiten der Vergangenheit endgültig ruhen zu lassen und Vettel gegenüber in Zukunft noch viel härter aufzutreten.

Erinnerungen an Fehde mit Reutemann

Aussie's finest: Jack Brabham, Mark Webber & Alan Jones, Foto: Red Bull
Aussie's finest: Jack Brabham, Mark Webber & Alan Jones, Foto: Red Bull

Webber solle dem Deutschen nur noch den Respekt entgegenbringen, den er vom Heppenheimer selbst bekomme - und das sei gemessen an Sepang nicht viel. "Seb hat bewiesen, dass man ihm nicht trauen kann - von jetzt an muss Mark ihn also einfach als Feind ansehen", erklärte Jones, der zudem betonte, dass dies weit weniger außergewöhnlich sei, als es sich vielleicht anhöre, müsse man als Rennfahrer die übrigen 20 Piloten im Fahrerfeld außerhalb des eigenen Teams doch ohnehin so behandeln. Wenn Webber wirklich Weltmeister werden wolle, dürfe er keine Skrupel zeigen: Immerhin diesbezüglich könne er sich nun an Vettels Verhalten orientieren. Dass Webber trotz seiner 36 Jahre noch Chancen auf den Titel habe, davon war Jones überzeugt. "Der Titel wird von dem Fahrer geholt, der am konstantesten Leistung bringt und wir alle wissen, dass Mark dafür gut genug ist und auch ein Auto hat, dass stark genug ist, um kontinuierlich Leistung zu zeigen."

Den Blick explizit auf Webbers eigenes Titelstreben und dessen Teamkollegen Vettel gerichtet, sagte der 66-Jährige: "Wenn Seb das, was vorgeht, nicht gefällt, hätte er bei Red Bull gar nicht erst unterschrieben dürfen." Jones fügte an: "Ich hatte mit Carlos Reutemann 1981 eine ähnliche Erfahrung." Der Australier spielte damit auf die Geschehnisse beim damaligen Brasilien Grand Prix an. Das erste Rennen des Jahres in Long Beach hatte Jones als amtierender Weltmeister noch vor seinem Williams-Teamkollegen Reutemann gewonnen. Beim folgenden Lauf in Sao Paulo lagen die beiden Piloten in umgekehrter Reihenfolge erneut an der Spitze - als das Team den Argentinier anwies, den WM-führenden Weltmeister passieren zu lassen, weigerte sich dieser jedoch, gewann das Rennen selbst und führte anschließend gemeinsam mit Jones die Fahrerwertung an.

Als Reutemann sich nach dem Rennen darum bemühte, die Situation wieder zu beruhigen und sagte, man solle das Kriegsbeil doch begraben, antwortete ein aufgebrachter Jones: "Ja... und zwar in deinem Rücken!" Ein Fan von Versöhnungsgesten war der 116-fache GP-Starter also bekanntlich noch nie. Mit Blick auf die jüngsten Aussagen Jones' besonders brisant, ist jedoch die Tatsache, dass der Australier beim kommenden Rennwochenende in Barcelona der FIA als Assistent dient und den Posten des Fahrerstewards ausüben wird. Für Vettel sollte damit besondere Vorsicht geboten sein - einen Freund hat der Deutsche in Spanien ganz sicher nicht im Kontrollturm der Rennleitung sitzen.