McLaren, das zweitälteste Team neben Ferrari, das 182 Grand Prix, 12 Fahrer- und 8 Konstrukteurstitel gewonnen hat, befindet sich in den Augen vieler in einer Abwärtsspirale Richtung Mittelfeld. Selbst Vergleiche mit Williams werden bereits gezogen. Und tatsächlich entpuppte sich der neue McLaren-Renner zu Saisonbeginn wieder einmal als nicht WM-tauglich. Bereits abseits der Testfahrten in Barcelona soll Jenson Button seinen Jungs hinter verschlossenen Türen mitgeteilt haben, dass der MP4-28 in dieser Form keinen Grand Prix gewinnen wird.

Dass es sich dabei um die grausame Wahrheit handelte, bestätigte sich im Freien Training im Albert Park, als McLaren 1,5 Sekunden hinter der Spitze lag. Ein Schock - nicht nur für das Team. "McLaren hatte letztes Jahr zu Saisonende das schnellste Auto. Natürlich hat keiner damit gerechnet, dass sie so weit zurückfallen", bestätigt David Coulthard dem Motorsport-Magazin. Anders als die Konkurrenz entschied sich McLaren gegen eine Weiterentwicklung des Vorjahresmodells und setzte stattdessen auf einen völlig neuen Ansatz. Unter anderem setzt McLaren statt auf eine Pushrod- auf eine Pullrod-Aufhängung, um mehr Anpressdruck zu erzeugen.

Martin Brundle will McLarens Entscheidung nicht vorverurteilen. "Es ist immer einfach, von außen zu kritisieren. Ich wäre gerne bei dem Meeting dabei gewesen, als sie entschieden haben, einen radikalen Weg bei der vorderen Aufhängung zu gehen. So muss ich mich fragen, warum sie ein gutes Auto wie das von 2012 verändert haben, wo doch 2014 ein großer Wandel ansteht. Warum würde McLaren so ein Risiko eingehen?" Dass McLaren nicht den einfachen Weg ging wie die Konkurrenz, sieht Brundle als möglichen zukunftsweisenden Schritt an. "Der einfache Weg ist nie der Weg, um sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen", betont er.

Doch durch das neue System fehlen McLaren sämtliche Vergleichsdaten zur Fahrzeugseinstellung. Das Fahrverhalten ist ein völlig anderes, wodurch die McLaren-Ingenieure bei der Abstimmung des Boliden nahezu bei null anfangen müssen. "Man darf eben nicht vergessen: was du siehst, ist nicht immer das, worum es geht. Dass das Stangerl andersherum angehängt ist, muss nicht der Grund sein, warum ein Auto geht oder nicht. Was man sehen kann, wird gern diskutiert, aber ist in 90 Prozent der Fälle nicht der Grund, warum es funktioniert oder nicht funktioniert", betont Motorsport-Magazin.com-Experte Danner.

Die Person, die in diesem Wirrwarr vielleicht den alles entscheidenden Durchblick verschaffen könnte, ist jedoch kalt gestellt. Ende des Jahres wird Technikdirektor Paddy Lowe seinen Weg in Richtung Mercedes antreten und natürlich soll er zur Konkurrenz so wenig wie möglich aktuelles Wissen mitnehmen. Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Weggang von Lowe und der enttäuschenden Performance von McLaren gibt, dementiert Whitmarsh vehement. Marc Surer hat so seine Zweifel. "Mal sehen, ob sie das mit der neuen Führung - ohne Paddy Lowe - schaffen. Ich würde es leicht anzweifeln."

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