Der aufmerksame Formel-1-Zuschauer fragte sich schon lange bevor Fernando Alonso die Ferrari-Crew zum ersten Mal aufsuchte: Wieso hat Fernando Alonso den Heckflügel hochgeklappt? Sebastian Vettel war bereits schnell aus dem DRS-Fenster enteilt, trotzdem hatte der Ferrari-Star das System aktiviert. Doch schnell stellte sich heraus, dass es keineswegs Absicht war, dass sich das obere Element des Heckflügels nicht mehr herunterklappen lies. Doch wie funktioniert das System eigentlich und weshalb kann in einem Millionenzirkus ein scheinbar so simpler Mechanismus versagen?

Der geöffnete Flügel am Ferrari, Foto: Sutton
Der geöffnete Flügel am Ferrari, Foto: Sutton

DRS wird hydraulisch betätigt. Auf dem Hauptblatt des Heckflügels sitzt eine kleine Vorrichtung, die von der Form her an eine Pistole erinnert. Oben - quasi am Lauf der Pistole - befindet sich ein ausfahrbarer Zylinder. Durch betätigen des DRS-Knopfs wird der innere Zylinder durch einen Druckanstieg der Hydraulik eingezogen - um in der Waffensprache zu bleiben und der Geschwindigkeit des Vorgangs gerecht zu werden -, geradezu hineingeschossen. Eine gelenkig gelagerte Strebe verbindet den Zylinder mit dem oberen Heckflügelelement und zieht dieses nach oben.

Dem Reglement entsprechend ergibt sich dadurch eine Lücke von 50 Millimeter zum unteren Element. Mehr dürfen es nach den Statuten der FIA nicht sein, ein Anschlag soll verhindern, dass der Flügel nicht weiter aufklappt. Entweder kann der Zylinder nicht weiter eingefahren werden oder der Heckflügel schlägt an einem Element der Endplatten an, so dass seine Bewegung eingeschränkt ist. Genau darin lag Alonsos Problem. Aus irgendeinem Grund konnte sich der Flügel weiter öffnen, als die vorgeschriebenen 50 Millimeter.

Im Normalfall bedarf es keiner zusätzlichen Kraft, den Flügel wieder zu schließen. Wenn der hydraulische Druck wieder weggenommen wird, ist die Kraft durch den Luftwiderstand ausreichend groß, um den Zylinder wieder herauszuziehen und das Element runterklappen zu lassen. Weil sich der Flügel allerdings nicht in seiner normalen DRS-Position befand, wurde er nicht durch den Fahrtwind wieder nach unten gedrückt, sondern blieb oben. Erst durch das Herunterdrücken der Ferrari-Mechaniker kam der Flügel wieder in seine Ausgangsposition.

Weil Alonso allerdings das System erneut aktivierte, überschritt das obere Heckflügelelement erneut den kritischen Punkt und fand anschließend erneut nicht in die Ausgangsposition zurück. Eine schnelle Lösung während des Boxenstopps war unmöglich. Zwar ist es eigentlich eine Kleinigkeit das Problem zu lösen, doch in der sehr beschränkten Zeit eines Boxenstopps einen provisorischen Anschlag anzubringen war nicht möglich. Somit musste der Spanier den Rest des Rennens auf DRS verzichten.

Vergeblich versuchten die Mechaniker den Flügel zu reparieren, Foto: Sutton
Vergeblich versuchten die Mechaniker den Flügel zu reparieren, Foto: Sutton

Im vergangenen Jahr ereilte Michael Schumacher bereits ein ähnliches Schicksal. Beim Großen Preis von Kanada steuerte der Rekordweltmeister seine Boxencrew an, weil sich sein Flügel ebenfalls nicht mehr automatisch schließen ließ. Die Mercedes-Mechaniker versuchten mit aller Kraft, den Flügel wieder in die Ausgangsposition zu bewegen - vergeblich. Allerdings war hier nicht der zu große Bewegungsradius des Elements schuld. Weil Mercedes zu diesem Zeitpunkt einen anderen Mechanismus verwendete, musste die Mercedes-Crew gegen die Hydraulik arbeiten - unmöglich, ohne den Beschädigungen hervorzurufen. Das Resultat: Rennende.