Unverhofft kommt oft: So wirklich gerechnet hatte Nico Rosberg mit seiner zweiten Karriere-Pole-Position in der Wüste von Bahrain nicht. Noch am Freitag sah sich der Deutsche nach einem eher mittelmäßigen Training vor diverse Fragezeichen gestellt. Doch Rosbergs Mechaniker gaben so leicht nicht auf, suchten weiter nach Antworten... und wurden scheinbar fündig. "Es ist eine tolle Errungenschaft von allen im Team", lobte der strahlende Pole-Mann vom Samstag und fügte mit Blick auf seine Mannen an: "Die waren heute Nacht gut beschäftigt." Letztendlich habe sich das aber gelohnt. "Jetzt ist es ein großartiges Gefühl, denn zum ersten Mal in dieser Saison lief alles perfekt", freute sich Rosberg.

In den Stunden vor dem Zeittraining habe man alles optimiert. "Wir sind da immer, immer näher gekommen und jetzt auf einmal die Schnellsten im Qualifying. Das ist toll", konstatierte der Wahl-Monegasse überrascht. Wie er und sein Techniker-Team sich den Verbesserungen angenähert hätten, wollte Rosberg aber nicht genau verraten. "Es ging einfach um viele Details, kleine Sachen am Set-Up, denn wir hatten zu viel Untersteuern." Als es dann jedoch ans Eingemachte ging, habe man die Probleme behoben gehabt. "Es scheint so, dass heute all die Dinge perfekt gelaufen sind, die in den ersten drei Rennen noch immer schiefgelaufen sind. Das ist super und ich bin glücklich... aber gefeiert wird erst, wenn ich auch das Rennen gewinnen", mahnte Rosberg dazu, auf dem Teppich zu bleiben.

China als warnendes Beispiel

Der Grund für seine gedämpfte Euphorie sei einfach: "Es ist zwar schön, morgen von ganz vorne und mit freier Sicht loszufahren - das Rennen wird aber trotzdem eine andere Geschichte", glaubte Rosberg, der differenzieren wollte: "Ich sage nicht, dass wir nicht gewinnen können - ich sage aber, dass es definitiv eine größere Herausforderung sein wird, vorne zu stehen, als es das heute war." Auch zuletzt in China sei der F1 W04 im Qualifying schneller als im Rennen gewesen. "Wir müssen vorsichtig sein, denn es ist möglich, dass wir morgen nicht so schnell sind... ganz einfach", war der 27-Jährige um eine realistische Sichtweise der Dinge bemüht. Auch, dass man über eine Runde das schnellste Team sei, wollte Rosberg so nicht stehen lassen. "Sagen wir es so: Das Auto ist im Qualifying gut, im Rennen aber auch."

Nachtschicht: Der Einsatz der Mechaniker zahlte sich aus, Foto: Sutton
Nachtschicht: Der Einsatz der Mechaniker zahlte sich aus, Foto: Sutton

"In Malaysia hatten wir phasenweise vielleicht sogar das schnellste Auto, in China aber sicher nicht." Viel würde immer auch von den äußeren Umständen abhängen. "Unterm Strich wollen wir die Besten sein und dominieren, aber da sind wir noch lange nicht - allerdings wird es immer besser und auch das Qualifying sieht immer besser für uns aus. Trotzdem ist es eine Momentaufnahme", trat Rosberg gehörig auf die Euphoriebremse. "Wir haben schon in China gesehen, dass wir im Rennen mehr Probleme haben und das hat auch der Eindruck von den Long-Runs hier am Freitag im Vergleich zu den anderen Top-Teams bestätigt." Für den Mercedes-Fahrer stand fest: "Am Freitag gab es hier einige ganz starke Teams und ob wir die morgen alle schlagen können, kann man noch nicht sagen. Klar ist nur: Dass wir von der Pole aus losfahren können, hilft uns natürlich sehr, auch in Sachen Strategie."

Dementsprechend laute der Plan für das Rennen: "Früh versuchen vorne wegzukommen und zu kontrollieren." Ein weiterer großer Vorteil des ersten Startplatzes sei: "Uns wird auch die saubere Luft helfen, denn der Reifenverschleiß auf der Hinterachse ist hier ein großes Thema, weil die Hinterreifen einfach enorm belastet werden und die Temperaturen parallel sehr hoch sind. Das wird der Schlüssel für das morgige Rennen." An der Spitze zu starten helfe da natürlich. "Man ist nicht im Verkehr, hat freie Fahrt und es somit leichter, die Reifen zu schonen", strich Rosberg die Vorteile heraus. Mit Blick auf die Strategie meinte der WM-Siebte: "Einige werden statt drei vielleicht auch nur zwei Stopps versuchen." Lachend fügte er an: "Wer weiß, wir vielleicht auch. Wobei das sicher am Limit wäre, denn die Reifen brechen schnell ein... aber versuchen kann man es schon."

Podium als Minimalziel

Rosberg wusste in Bahrain bis jetzt zu überzeugen, Foto: Sutton
Rosberg wusste in Bahrain bis jetzt zu überzeugen, Foto: Sutton

Risiko hin oder her - sollte die Strategie aufgehen, hatte Rosberg für den Sonntag zumindest einen Wunsch: "Ein Podium sollte es dann schon sein, das ist klar." Doch wirklich Aufschluss über das Kräfteverhältnis in Bahrain könne einem erst der Grand Prix selbst bringen. Dass die Konkurrenz hoch gepokert und sich noch bedeckt gehalten habe, hielt Rosberg für möglich. "Jeder schaut darauf, ein möglichst gutes Auto für das Rennen zu bekommen und geht dafür gerne auch einmal Kompromisse im Qualifying ein - das ist bei allen so, es ist immer eine ganz feine Linie und sehr schwierig, das genau zu beurteilen." Die halbe Miete sei seine Pole-Position vor diesem Hintergrund also noch lange nicht. "Es ist noch ein weiter Weg, denn der wichtige Tag kommt erst morgen."

Die Freude über das Ergebnis vom Samstag sollte das aber nicht schmälern. Bereits im Auto habe er genau gewusst, dass ihm auf seiner Pole-Runde eine ganz starke Zeit gelungen sei. "Es kamen ja noch Autos hinter mir, aber ich wusste, es war eine super Runde - man merkt das ja und ich habe da alles auf den Punkt gebracht, wusste daher schon, dass es weit nach vorne reichen würde... und am Ende war es dann die Pole", strahlte Rosberg. So sicher wie auf der Piste konnte sich Rosberg bei motorsportgeschichtlichen Nachfragen mit nationaler Färbung aber nicht präsentieren. Auf die Frage, wann es denn die letzte rein deutsche erste Startreihe in der F1 gegeben hätte, entgegnete der Silberpfeil-Pilot: "Uff.. da muss ich raten. Sagen wir doch einmal Michael und Ralf und es war... 2002?"

Zusammenarbeit mit Hamilton positiv

Falsch - seine eigene wie maßgebliche Beteiligung an der gesuchten Antwort, China 2012, hatte Rosberg doch tatsächlich vergessen. Neben ihm aus Reihe eins startete damals im Reich der Mitte Teamkollege Michael Schumacher, wenngleich erwähnt werden muss, dass sich der Kerpener nur als Dritter qualifiziert hatte. Mit Lewis Hamilton ereilte den damals Zweitplatzierten das gleiche Schicksal, das ich ihn doch ausgerechnet auch an diesem Wochenende traf: Rückversetzung um fünf Positionen in der Startaufstellung wegen eines Getriebewechsels. Auch wenn Hamilton in der Wüste bisher weniger Glück hatte - von Rosberg gab es trotzdem Lob, wobei das gemeinsame Teamwork im Fokus stand. "Bisher waren Lewis und ich beim Set-Up immer relativ ähnlich eingestellt. Natürlich gibt es kleine Unterschiede, aber bis jetzt ging unser Feedback fast immer in die gleiche Richtung."

Für die Ingenieure und das ganze Team, mache das die Sache bedeutend einfacher, so Rosberg, der anfügte: "So wissen alle, worauf sie sich konzentrieren müssen. Das ist eine gute Sache." Wohin die gemeinsame Reise heuer mit Blick auf die WM aber noch gehen könne, wollte Rosberg noch nicht beurteilen und erbat sich diesbezüglich Zeit. "Zumindest einmal bis Barcelona, denn dort ist es wichtig und zeigt sich normalerweise, wer im Sommer am schnellsten ist. Das war schon immer ein guter Indikator." Bei Mercedes könne man in jedem Fall selbstbewusst voranschreiten - das bewies auch Rosbergs mit einem Augenzwinkern vorgetragene Antwort auf die Frage eines österreichischen Journalistenkollegen, wie er sich denn am Sonntag gegen die am Start hinter ihm lauernden 'Kracher' von Red Bull und Ferrari wehren wolle. "Ich habe vielleicht keinen Kracher - aber dafür einen Silberpfeil..."