Neu auf Motorsport-Magazin.com: Wir lassen unsere Leser zu Wort kommen: In der ersten Ausgabe des Fan-Forums dreht sich natürlich alles um den Großen Preis von China. Jetzt gleich lesen & mitdiskutieren!

Die Pirelli-Reifen in China: Graus oder Schmaus?

War die von Pirelli mitgebrachte weiche Mischung zu extrem? Ist das Gesehene für die Fans noch eine gute Show oder nervig und künstliches Racing ohne echte Spannung? Wie viele Reifenstopps sind die Schmerzgrenze?

Die Reifen sorgten in Shanghai für viel Durcheinander, Foto: Sutton
Die Reifen sorgten in Shanghai für viel Durcheinander, Foto: Sutton

Korty: An sich finde ich die Reifensituation sehr gut beziehungsweise ich mag diese Unwägbarkeiten und genieße es, wenn manche Fahrer die Reifen optimal nutzen können und andere Fahrer da abfallen, weil sie immer nur Attacke fahren und ihnen da das Talent ausgeht. Pirelli wird in meinen Augen ein wenig zu unrecht beschuldigt, die Fans schreien immer nach Rennaction und solange der eigene Fahrer/das eigene Team gewinnt, ist alles in Butter, andernfalls sind immer die Reifen schuld.

Vergessen wird dabei, dass die Show in der F1 dadurch deutlich besser geworden ist. Die weichen Reifen waren diesmal allerdings in der Tat ein wenig zu viel des Guten. Eine Stufe härter hätte die Option-Mischung sicher sein dürfen, denn nur drei schnelle Runden sind einfach zu wenig. Generell sind maximal 3 Stopps wohl noch vertretbar, ansonsten wird es zu sehr Roulette.

Formelchen: Die derzeitige Reifensituation macht meiner Meinung nach die Formel 1 kaputt. Wie in der Vergangenheit schon Fahrer wie Schumacher und neulich auch Hamilton und Vettel kritisiert haben, geht es nicht mehr darum, am Limit zu fahren. Es geht in der heutigen Formel 1 darum, sich die Reifen einzuteilen. Es geht nicht mehr um schnelles Fahren, sondern darum, die Reifen zu schonen, um möglichst lang mit ihnen fahren zu können.

Mir gefällt diese Entwicklung überhaupt nicht. Die Formel 1 sollte wie in der Vergangenheit wieder dahin zurückkehren, dass es reine Sprintrennen sind, in denen die Fahrer auf der gesamten Renndistanz am körperlichen und mentalen Limit agieren. Schuld ist aber nicht Pirelli, sondern die FIA, die diese Reifen wollte. Auch die Teams scheinen es so gewollt zu haben. Ich denke, ein Rennen sollte maximal mit zwei bis drei Stopps machbar sein. Die Reifen sollten weniger abbauen und den Fahrern ermöglichen, auch nach zehn Runden noch volles Rohr fahren zu können.

Schila: Die FIA und Pirelli sind besonders im letzten Rennen eindeutig über ihr Ziel hinausgeschossen. Diese Reifenschlacht hat mit Motorsport überhaupt nichts mehr zu tun! Die Teams investieren Millionen, um siegfähige Autos zu bauen und dann werden sie mit Reifen ausgestattet, die nach dem Quali kaum noch den Weg in die Startaufstellung schaffen.

Dem schwarzen Gold kommt einmal mehr eine zentrale Position zu, Foto: Sutton
Dem schwarzen Gold kommt einmal mehr eine zentrale Position zu, Foto: Sutton

Da wird einem Rennfahrer über Funk mitgeteilt, dass er gerade zu schnell fährt, oder das er sich nicht verteidigen oder angreifen darf, weil das die Reifen noch schneller ruiniert. Von echtem Racing ist da doch kaum noch etwas übrig geblieben. Da macht das Zuschauen schon keinen Spaß mehr, aber für die Fahrer muss es die reinste Folter sein! Die F1 verkommt langsam zu einer einzigen Farce! Nichts gegen spannende Rennen, aber bitte nicht um jeden Preis und schon gar nicht völlig am Sport vorbei!

Motorsport-Magazin.com meint: Sicherlich war die Reifenwahl in China grenzwertig. Aber: Spannend war es mit den unterschiedlichen Strategien in Qualifying und Rennen auf jeden Fall. Durch die Reifen erhalten die Rennen neben dem Racing ein strategisches Element. Vor allem die Fahrer sind nun gefordert. Anstatt stupide aufs Gaspedal zu treten, müssen sie taktische Überlegungen in Betracht ziehen, zum Beispiel, wann es sich lohnt zu kämpfen und wann nicht. Daumen hoch!

Die Top-Teams und ihre Nummer-2-Fahrer...

Rosberg bei Mercedes, Massa bei Ferrari, Grosjean bei Lotus, Webber bei Red Bull: Was ist los bei den Schattenmännern? Finden diese 2013 überhaupt noch einmal in die Spur zurück... und ist das im Fall des Red-Bull-Australiers vom eigenen Team überhaupt erwünscht (Sepang-Pannen)? Braucht man als modernes Top-Team eine klare Nummer 1?

Korty: Nummer-2-Fahrer sind so alt wie die F1 selbst - und sie werden immer gebraucht. Auch wenn es ungern gehört wird, eine Nummer 1 ist immer stärker wenn sie eine mitspielende Nummer 2 hat. Webbers Ausfall beziehungsweise sein Benzinproblem war sicher keine Absicht, da Red Bull auch auf die Teamwertung gucken muss. RBR kann Vettel sowieso nicht das ganze Jahr vor Webber beschützen und hat damit sicher ein weit größeres Problem als die anderen drei Top-Teams. Dort ist die Hackordnung jetzt überall klar - eventuell kommt Rosberg noch zurück - und die Piloten werden sich fügen.

Webber hat nichts zu verlieren. Er wird einen Teufel tun und immer brav für Seb fahren, da kommt sicher noch eine Revanche gegen Saisonende. Rosberg wird in den kommenden Rennen alles geben, um Punkte zu sammeln und wieder an Hamilton heranzukommen, um eventuell den Bock noch umzustoßen. Aber Lewis ist ein sehr schneller Qualifyer, da wird er es schwer haben. Massa ist nur punktuell auf Alonsos Niveau und ansonsten zu schwankend in den Rennen. Auf eine Runde mag er Fernando schlagen können, im Rennen allerdings nur in Ausnahmefällen.

Romain Grosjean hat 2013 noch große Probleme, Foto: Lotus F1 Team
Romain Grosjean hat 2013 noch große Probleme, Foto: Lotus F1 Team

Alonso und Kimi dürfen sich deshalb der Unterstützung sicher sein, Lewis wird noch zwei bis drei Rennen brauchen, bis Nico vollends die Nummer 2 schluckt, aber er wird sich immer fügen wenn das Team etwas vorgibt. Da ist er ein absoluter Profi, auch wenn es ihm sehr weh tut. Webber wird sich nie fügen und immer - erst recht nach Vettels Nummer in Malaysia - dagegenhalten. Ich erwarte das Webber das Saisonende nach einem Rachemanöver nicht mehr erlebt und Red Bull noch einen Fahrertausch vornimmt.

Formelchen: Bei der Problematik mit den vermeintlichen Nummer-2-Fahrern muss man differenzieren: Bei Ferrari ist alles auf Alonso ausgerichtet, man sah bereits in Melbourne, dass über eine versteckte Stallorder ein Alonso früher an die Box geholt wurde, um ihn so vor Massa zu bringen, der ähnlich schnell war. Schade für Massa, aber Ende des Tages muss man auch sagen, dass Alonso einfach der bessere Fahrer ist.

Bei Lotus ist Kimi die klare Nummer 1. Er ist der erfahrenere Pilot und selbstverständlich hat man das Auto eher auf seinen Fahrstil hin konzipiert als auf Grosjeans. Dennoch ist Grosjean beim Speed bereits 2012 oft gleichauf gewesen, macht jedoch zu viele Fehler und verschenkte Punkte. 2013 ist der Wurm drin - er scheint mit dem Auto nicht zurecht zu kommen. Wenn er aber ein gutes Wochenende hat, schlägt er Kimi. Malaysia war der Beweis.

Bei Mercedes sieht es derzeit etwas danach aus, dass man Hamilton klar pushen will. Er soll um die WM fahren. Nico Rosberg wird offenbar eingebremst, damit er schnell zum Wasserträger wird und es möglichst früh in der Saison klare Verhältnisse im Team gibt. Ich will Mercedes hinsichtlich der Rosberg-Ausfälle in Melbourne und Shanghai keine Absicht unterstellen, aber es erinnert ein wenig an Schumachers Probleme 2012. Nun hat Rosberg die Pannen auf seiner Seite und ähnlich wie 2012 bleibt für mich der fade Beigeschmack, dass man bei Mercedes gern einen bestimmten Fahrer vorne hat und die vermeintliche Nummer 2 ein wenig vernachlässigt wird.

Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien, aber selbst wenn wir diese Indizien außen vor lassen, bleibt die Stallorder von Malaysia im Raum stehen, und diese deutete an, dass Mercedes voll auf den besser bezahlten Fahrer Hamilton setzt. Bei Red Bull gibt es immer wieder Theorien vieler Kritiker, Webber werde eingebremst und benachteiligt. Dabei gab es in Malaysia eine Stallorder, von der Webber profitieren sollte. Und oft genug kam Webber in der Vergangenheit genau eine Position vor Vettel ins Ziel. Es gab nie eine Stallorder bei Red Bull, so lange beide Fahrer WM-Chancen hatten. Erst als Webber keine WM-Chancen mehr hatte, gab es Funksprüche an ihn, er solle Seb nicht behindern - siehe Abu Dhabi und Brasilien 2012.

Dass Webber absichtlich benachteiligt wird kann sich niemand vorstellen, Foto: Red Bull
Dass Webber absichtlich benachteiligt wird kann sich niemand vorstellen, Foto: Red Bull

Allerdings hat Webber sich nie an die Anweisungen gehalten, daher ist die Kritik an Vettel nach Malaysia 2013 auch absoluter Quatsch. Ich glaube auch nicht daran, dass Webbers Auto jemals manipuliert wurde, um ihn auszubremsen. Das Team würde sich damit nur selbst schaden. Aber sicher hat Malaysia 2013 dem Verhältnis von Webber und Vettel sowie Webber und seinem Team geschadet: Die Zeichen stehen auf Trennung. Ob man als modernes Team einen Nummer-1-Fahrer braucht, weiß ich nicht. Wir haben 2007 gesehen, wohin eine andere Strategie führen kann. Andererseits braucht man auch zwei starke Fahrer, um die Team-WM zu holen.

Schila: Für den Frieden im Team ist es vielleicht besser, eine klare Nummer 1 zu haben - aber als Motorsportfan möchte man auch Teamkollegen gegeneinander kämpfen sehen. Nur leider kommt es äußerst selten dazu, weil das entweder vom Team sofort abgewürgt wird oder weil ein Fahrer seinen Kollegen sowieso eindeutig dominiert. Bei Ferrari hat sich Massa zwar wieder deutlich gesteigert - besonders im Quali - aber im Rennen kann er dann selten mithalten.

Bei Lotus war Grosjean im letzten Jahr oft schneller als Räikkönen, fiel dann aber leider im Rennen zu oft negativ auf. In diesem Jahr räumt er zwar nicht mehr ab, aber wirklich gute Leistungen zeigt er auch keine mehr. Ist er nur verunsichert oder doch überfordert? Ich glaube, auch wenn er sich wieder steigert, wird er kaum eine Chance gegen Kimi haben, denn der ist wieder richtig in der F1 angekommen! Bei Red Bull startet Webber oft gut in die Saison, kann dann aber seine Form nicht bis zum Ende halten. Für einen WM-Titel fehlt ihm einfach die Konstanz. Auch wenn Vettel längst Red Bull als sein Revier markiert hat, gibt Webber nicht auf.

Dafür muss man ihn schon bewundern, nur müsste ihm nach all den Jahren eigentlich auch klar sein, dass er gegen Vettel langfristig immer wieder den Kürzeren ziehen wird. Bei Mercedes ist noch gar nichts so richtig klar. Zwei Ausfälle in drei Rennen für Rosberg lassen noch keine richtigen Schlüsse zu. Zwar führt Lewis im Quali-Duell und nach Punkten, aber dass Nico durchaus auf seinem Niveau fahren kann hat er in Malaysia bewiesen. Da sollte man vielleicht noch ein paar Rennen abwarten. Im Augenblick sieht es so aus, als hätte er Schumis Pech von 2012 geerbt.

Motorsport-Magazin.com meint: Webber wird den Nummer-2-Status sicherlich erst akzeptieren, wenn rechnerisch nichts mehr möglich ist. Für Vettel muss das aber nicht unbedingt ein Nachteil sein, der interne Rivale wird ihn in jedem Rennen zu höchster Wachsamkeit anstacheln. Hamilton und Räikkönen sind bei ihren Teams nach dem guten Beginn in der Pole Position - in Stein gemeißelt ist diese aber noch nicht. Bei Ferrari stellt sich die Frage nach der Nummer eins ohnehin nicht.

Drei Rennen - drei Sieger: Wer ist WM-Favorit?

Wer hat nach dem China GP die besten Karten im WM-Kampf? Welcher Pilot machte bisher den stärksten Eindruck und warum?

Der Blick geht steil nach oben: Für viele ist Alonso der WM-Favorit, Foto: Sutton
Der Blick geht steil nach oben: Für viele ist Alonso der WM-Favorit, Foto: Sutton

Korty: Die WM ist offen wie nie. Red Bull scheint im Winter zu sehr auf seine Stärke vertraut zu haben und schon sehr viele Ressourcen für 2014 verplant zu haben. So kommt das 2013er-Auto etwas schwer in Gang. Die anderen Top Teams haben da weit mehr investiert - und so erleben wir einen 3+Kampf, in dem Hamilton das + sein könnte, wenn Mercedes bis zum Ende voll durchentwickelt. Generell bleiben aber sicher Vettel und Alonso die Top-Favoriten, dass der Lotos auf allen Strecken top ist, wage ich zu bezweifeln. Aber Kimi wird lange im Titelkampf Chancen behalten, einfach weil er ein Pilot ist, der es schafft, das Auto wirklich an sein absolutes Limit zu bringen.

Vettel konnte diesen Beweis bisher nur selten erbringen. War der Wagen nicht top, gewann er nicht. Bei ihm ist dieses Jahr ein wenig mehr erkennbar, dass er materialabhängiger ist als die erfahrenen Alonso und Raikönnen, die ein wenig kompletter erscheinen. Sollte es Ferrari gelingen, Alonso zumindest gleichwertiges Material hinzustellen, dann sollte dieser nur schwer zu schlagen sein. Sicher bin ich da ein klein wenig subjektiv in der Beurteilung, aber die Leistung des letzten Jahres im unterlegenen Ferrari hat meine These eigentlich schon bestätigt.

Die Frage wird sein, ob Newey und seine Genieabteilung noch ein, zwei Asse für Vettel im Ärmel haben, oder ob er sich durch dieses Jahr durchbeißen muss, weil Red Bull sich intern längst für 2014 entschieden hat und da direkt so viel technischen Vorsprung haben möchte wie möglich. Aus diesem Grunde sehe ich Fernando Alonso dieses Jahr im Vorteil, die Scuderia braucht dringend einen Titel - und der ist 2013 greifbar. Vettel werden noch Punkte durch Webber verloren gehen, die Massa für Alonso helfend bereitlegen wird, wenn es nötig wird. Kimi räume ich am Ende nur Außenseiterchancen ein, aber abschreiben wäre bei diesem Ausnahmekönner Wahnsinn. Und Lewis wird ein Wunder brauchen... aber er ist bei der Musik.

Formelchen: Derzeit gibt es für mich vier Anwärter auf die WM: Alonso, Vettel, Raikkönen und Hamilton. Ich gehe allerdings davon aus, dass Lotus bei der Entwicklung während der Saison nicht mithalten wird. Auch bei Mercedes war dies in der Vergangenheit ein Problem. Mercedes muss zudem erst einmal die Siegfähigkeit beweisen, denn bisher fehlte zum Sieg noch etwas. So sehe ich am Ende ähnlich wie 2012 Alonso und Vettel als Topfavoriten auf die WM.

Fahrerisch machten für mich bisher Vettel und Hamilton den besten Eindruck. Beide haben in jedem Rennen gut gepunktet und starke Rennen gefahren. Alonso und Raikkönen haben in Malaysia nicht überzeugt und stehen meiner Ansicht nach bisher nicht ganz auf einer Stufe mit Vettel und Hamilton, betrachtet man allein die ersten 3 Rennen.

Könnte sich McLaren noch zum Zünglein an der Waage entwickeln?, Foto: Lotus F1 Team
Könnte sich McLaren noch zum Zünglein an der Waage entwickeln?, Foto: Lotus F1 Team

Schila: WM-Favoriten sind auf jeden Fall schon mal Vettel und Alonso. Räikkönen und Hamilton vielleicht, wenn deren Teams mit der Entwicklung von Ferrari und RBR mithalten können. Lotus ist finanziell nicht besonders gut aufgestellt, da könnte es dann wie im letzten Jahr schon wieder schwierig werden. Mercedes ist auch im letzten Jahr vielversprechend gestartet, aber irgendwann ging es nur noch nach hinten. McLaren sehe ich zwar nicht unbedingt im Titelkampf, aber dem einen oder anderen Team und Fahrer könnten sie trotzdem noch in die WM-Suppe spucken.

Motorsport-Magazin.com meint: Wie im Vorjahr wird es 2013 auf ein Duell zwischen Vettel und Alonso herauslaufen. Beide Fahrer haben in der jungen Saison bereits für Highlights gesorgt und ihre Qualitäten am Steuer sowie ihren unbedingten Siegeswillen nachhaltig unterstrichen. Fahrerisch müssen sich Räikkönen und Hamilton hinter den beiden Alphatieren nicht verstecken. Zwar sind sie durchaus in der Lage, das eine oder andere Rennen zu gewinnen - über den gesamten Saisonverlauf fehlen Lotus allerdings die Ressourcen und der Mercedes F1 W04 ist trotz aller Verbesserungen noch kein Weltmeister-Auto.

Wollt auch Ihr bei unserem nächsten Fan-Forum nach dem Bahrain GP dabei sein? Dann sendet uns doch eure Bewerbung in den Kommentaren unter dem Artikel. Einfach kurz beschreiben, was euch als F1-Experten auszeichnet, warum Ihr gerne mitmachen würdet und was ihr vom bisherigen Geschehen in dieser Saison haltet. Wir kommen dann auf euch zurück... viel Erfolg!