Ex-F1-Pilot John Watson führt in den britischen Medien seine Kampagne gegen Sebastian Vettel und dessen kontroverses Verhalten beim letzten Grand Prix in Malaysia konsequent fort. Der Deutsche hatte sich in Sepang nicht an eine via Funk ausgesprochene Order seines Teams gehalten und Stallkollege Mark Webber so um den Sieg gebracht. Bereits im Anschluss an die Aktion verurteilte Watson Vettel und dessen Umgang mit der Causa scharf, forderte unter anderem eine teaminterne Sperre des 25-Jährigen, um diesem einmal eine seiner Meinung nach nötige Denkpause zu geben. Knapp drei Wochen nach dem Vorfall und kurz vorm Eintreffen des GP-Zirkus zum nächsten Rennwochenende in China legte Watson noch einmal nach. Seine Meinung zu Vettel hat sich in der Zwischenzeit selbstredend wenig geändert.

"Die ganze Art und Weise, wie er sich verhalten hat, war unehrlich", warf der Nordire dem Red-Bull-Piloten vor. Zeitgleich forderte Watson als Konsequenz: "Sebastian sollte sich bei allen F1-Fans und dem Sport entschuldigen." Den Grund für diesen Vorschlag nannte der 152-fache GP-Starter auch gleich: "Bisher hat er nie erklärt, warum er dem Team eigentlich nicht gehorcht hat - alles was er von sich gegeben hat, war eine mehr als blasse Entschuldigung direkt nach dem Rennen." Das Bild, das Watson eigentlich von Vettel hatte, hätte sich in den vergangenen Wochen stark verändert - und zwar eindeutig zum Schlechten. "Sebastian ist bislang immer als gut eingestellter und höflicher junger Mann rübergekommen - und natürlich als dreifacher Weltmeister", so Watson.

Wie ein Schneeball in der Hölle

Vom Brause-Bub zum Beelzebub? Das erste Wiedersehen zwischen Vettel & Webber wird bereits mit Spannung erwartet, Foto: Sutton
Vom Brause-Bub zum Beelzebub? Das erste Wiedersehen zwischen Vettel & Webber wird bereits mit Spannung erwartet, Foto: Sutton

"Nun haben wir jedoch einen Einblick erhalten, wozu er wirklich fähig sein kann und ich bin mir sicher: Viele Leute mögen diese 2013er-Version von ihm überhaupt nicht." Vettel müsse schleunigst wieder zur Vernunft gerufen werden - wenn schon nicht vom eigenen Team, dann eben von den Medien, von denen sich Watson Mithilfe erwartete. "Sebastian muss in China richtig gegrillt werden - so lange, bis er sagt, warum er Mark und dem Team das angetan hat, was er getan hat." Der ehemalige McLaren-Fahrer fügte hinzu: "Wenn man für den letzten Stint nach den Boxenstopps einen Plan ausgemacht hat und dieser besagt, dass die Piloten ihre Position halten sollen, dann sollte man sich auch daran halten. Er hat dem Team sein Wort gegeben... und was er dann getan hat, war wirklich äußerst armselig."

Gleiches gelte auch noch für eine andere Situation im Großen Preis von Malaysia. "Auch davor schon, als er dem Team gesagt hat, es solle Mark einfach aus dem Weg räumen, weil dieser zu langsam sei... das war eigentlich fast noch schlimmer", schüttelte der 66-Jährige den Kopf. "Dafür hätte er wirklich bestraft werden sollen." Die Wahrscheinlichkeit, dass Red Bull seinem Starpiloten nun aber tatsächlich etwas mehr als nur ein klein wenig auf die Finger klopfen würde, verglich Watson mit der Chance, die ein Schneeball beim Flug durch die Hölle besitzen würde... nämlich gar keiner. Illusionen dürfe sich der 25-Jährige aber trotzdem nicht machen.

Aus gut informierten Kreisen wollte Watson wissen, dass längst nicht jeder beim Team aus Milton Keynes hinter Vettels Aktion stehen würde - vielmehr stünde die Weltmeistertruppe vor einer langfristigen Spaltung in zwei Lager. "Sind wir doch mal ehrlich: Die Stimmung in der Garage in China wird scheiße sein", fand Watson gewohnt drastische Worte, nur um gleich noch einen amüsanten Vergleich hinterher zu schicken: "Red Bull hat in den letzten Wochen mehr Bandagen als das Rote Kreuz gebraucht, um den Schaden irgendwie in Maßen zu halten. Wenn man ein Monster erschafft und dann die Kontrolle darüber verliert, zahlt man zumeist einen sehr hohen Preis", spottete der fünffache Grand-Prix-Sieger, der an eine nachhaltig vergiftete Atmosphäre beim Rennstall von Didi Mateschitz glaubte.

Mehr Bandagen als das Rote Kreuz

"Christian Horner hat als Teamchef bis dato immer einen guten Job gemacht. Nun muss man aber auch sagen, dass er seinen Fahrer am Ende des Tages nicht im Griff hatte", fasste Watson das Geschehen in der Sun zusammen. Mit Blick auf Webber fügte er an: "Mark kennt seinen Status im Team... und das ja schon eine ganze Weile lang. Dass er Sebastian jetzt aber noch vertrauen wird, kann ich mir kaum vorstellen." Zu offensichtlich seien dabei auch die Machtspielchen im Hintergrund. Watson fand: "Was in Malaysia passiert ist, hat gezeigt, welchen Einfluss Vettel und Helmut Marko innerhalb des Teams wirklich ausüben." Letztgenannter versuchte derweil die Wogen weiter zu glätten: Allen Widerständen - oder eben Watson - zum Trotz.

So erklärte Marko, dass man bei Red Bull eine derart negativ beleuchtete wie kontrovers diskutierte Misere, wie die in Sepang, in Zukunft in jedem Fall vermeiden wolle. Schlechte Presse sei nie erwünscht, schon gar nicht aber beim PR-bewussten Unternehmen Red Bull. So musste auch der Österreicher mit Blick auf seinen direkten Vorgesetzten und das Passierte einräumen: "Herr Mateschitz war sehr angefressen." Bei Red Bull habe man anschließend in aller Ausführlichkeit über die Vorkommnisse beraten und sei zu dem Schluss gekommen, dass es nur einen einzigen Ausweg gebe, den Marko postwendend verkündete: "Stallorder wird es bei uns keine mehr geben."