Nach den Dramen in den ersten beiden Grands Prix, sollte der Große Preis von China, der in diesem Jahr zum zehnten Mal ausgetragen wird, erneut für einen offenen Schlagabtausch sorgen. Dabei könnte die Strategie einmal mehr den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben, auch wenn kein so extremer Reifenverschleiß wie beim vergangenen Grand Prix in Malaysia erwartet wird. Im Gegensatz zum Sepang International Circuit fordert die Strecke in Shanghai aber mehr die Hinterreifen als die Vorderreifen, wie es im neuesten UBS Strategy Report heißt.

Force India könnte ein Geheimtipp sein, Foto: Sutton
Force India könnte ein Geheimtipp sein, Foto: Sutton

Pirelli wählte für den China GP den Soft- und den Medium-Reifen. Damit kommt der Soft-Reifen zum ersten Mal in dieser Saison zum Einsatz, der mittlere Compound wurde schon in Australien und Malaysia ausgiebig auf seine Haltbarkeit getestet. Im Albert Park hielt die mittlere Reifenmischung bis zu 30 Runden lang, jedoch werden in Shanghai etwas wärmere Temperaturen erwartet, als die Teams sie in Melbourne vorfanden. Bereits im Vorjahr, als Nico Rosberg souverän zu seinem ersten GP-Sieg fuhr, wählte Pirelli Soft und Medium für das Rennen im Reich der Mitte, allerdings können die Ingenieure nicht auf Referenzwerte bauen, schließlich änderten die Italiener sowohl Reifenstruktur, als auch Reifenmischungen.

Der Unterschied zwischen beiden Reifenmischungen wird in China pro Runde grob auf fünf Zehntelsekunden beziffert. Wie immer soll auf eine Runde gesehen der weichere Reifen im Vorteil sein, bei der Haltbarkeit sind die Medium-Pneus besser. Der bisherige Saisonverlauf zeigte jedoch, dass sich solche Aussagen nicht pauschalisieren lassen, zwischen den Teams waren große Unterschiede zu sehen. Selbst zwischen Fahrern eines Teams gab es Differenzen, so präferierte Mark Webber in Malaysia den härteren Reifen, während Sebastian Vettel mit der weicheren Mischung besser zu Recht kam.

Force India und Lotus mit zwei Stopps?

Der Shanghai International Circuit sollte die Reifen nicht so stark fordern wie die Strecke in Sepang, stärker aber als das der Albert Park tat. Grund dafür sind schnelle Kurven, in denen den Reifen mehr Energie zugeführt wird als in Australien und moderatere Temperaturen, als sie noch in Malaysia herrschten. Deshalb wird von einem 'deutlich normaleren' Reifenverschleiß ausgegangen. Die zwei sehr schnellen und langen Rechtskurven bedeuten eine große Belastung für den linken Vorderreifen, weshalb er den limitierenden Faktor darstellen wird.

Im vergangenen Jahr schonte der Mercedes die Reifen, Foto: Pirelli
Im vergangenen Jahr schonte der Mercedes die Reifen, Foto: Pirelli

Im vergangenen Jahr siegte Nico Rosberg mit einer Zwei-Stopp-Strategie. Der Wiesbadener besuchte seine Boxencrew erstmals in Runde 13, als er seine Soft-Reifen durch die mittlere Mischung ersetzten ließ. 21 Runden später kam der Führende erneut an die Box und fuhr mit einem neuen Satz Medium-Reifen das Rennen zu Ende, wodurch sich zwei etwa gleich lange Stints auf dieser Reifenmischung ergaben.

Simulationen im Vorfeld ergaben vergangene Saison einen Vorteil von sieben Sekunden, die eine Zwei-Stopp-Strategie schneller sein sollte als jene, mit einem Halt mehr. Jedoch war das Aufgehen dieser Strategie in hohem Maße vom Umgang mit den Reifen abhängig, besonders die letzten fünf Runden jedes Stints sollten kritisch werden. Kimi Räikkönen musste das am eigenen Leib erfahren, als er neun Runden vor Rennende noch auf Rang zwei lag und bei der Zieldurchfahrt nur noch 14. war. Wegen den Änderungen an den Pirelli-Pneus rechnen die Teams allerdings ohnehin mit drei Stopps.

Lotus und Force India, die bei den bisherigen Rennen der Saison den Anschein machten, sehr vorsichtig mit den Reifen umzugehen, könnten in China einen entscheidenden Vorteil haben. Sollten sie wieder auf eine Strategie setzten, bei der sie die Boxengasse einmal weniger aufsuchen als die Konkurrenz, wird es allerdings eine richtige Feuertaufe für die Reifen.