Selten war die Stimmung nach einem Formel-1-Rennen so seltsam wie am vergangenen Sonntag. Sebastian Vettel schämte sich, Lewis Hamilton war es sichtlich zuwider, Nico Rosberg wusste nicht so recht, wie ihm geschehen war und Mark Webber kochte vor Wut. Vor allem die Reaktion des Australiers ist verständlich, schließlich wurde er um einen Rennsieg gebracht, weil sich Vettel nicht an die Teamentscheidung hielt. Doch Moment mal, war da nicht schon einmal was? Nein, ich meine nicht die Kollision in Istanbul vor drei Jahren, ich rede von Silverstone. Die Frontflügel-Geschichte und der legendäre Funkspruch 'Not bad for a number two driver'? Nein, auch dieses Wochenende meine ich nicht.

Sie sehen schon, zwischen Mark Webber und Sebastian Vettel gab es in der Vergangenheit einige Konflikte, doch kein Zwischenfall glich dem Malaysia-Eklat so, wie Silverstone 2011. Fernando Alonso führte das Rennen - das wegen des kurzfristigen Verbots des angeblasenen Diffusors ohnehin nicht unumstritten war - souverän an. Sebastian Vettel folgte auf Platz zwei vor seinem Teamkollegen. Weil vom viertplatzierten Hamilton keine Gefahr mehr ausging, beschloss Red Bull, die Plätze zwei und drei in dieser Reihenfolge über die Ziellinie zu cruisen. "Natürlich habe ich das Team ignoriert, denn ich wollte einen Platz gutmachen", erklärte Webber im Nachhinein, weshalb er den Abstand auf Vettel von 7,5 auf 0,5 Sekunden verringerte.

Natürlich hat der Australier damals die Teamorder ignoriert, natürlich war das nicht gentlemanlike. Doch ein kleiner aber feiner Unterschied wird hier gerne unterschlagen: Vettel ging - im Gegensatz zu Webber in Malaysia - nicht davon aus, dass seine Position in Stein gemeißelt ist. Also konnte er frühzeitig Gas geben, um sich gegen Webber durchzusetzen. Das konnte Nummer-2-Fahrer Webber am vergangenen Sonntag nicht. Vettel war plötzlich da und Vettel attackierte. Vettel riskierte mit einem waghalsigen Manöver 43 sichere Konstrukteurspunkte, Webber nicht.

Im Ziel trennten Webber und Vettel nur 0,5 Sekunden, Foto: Sutton
Im Ziel trennten Webber und Vettel nur 0,5 Sekunden, Foto: Sutton

Trotzdem: Abzuwägen, ob Webber sich in Silverstone genauso schuldig machte wie Vettel in Sepang, ist müßig. Fest steht, dass der teaminterne Kampf neue Dimensionen annimmt. Einen schlecht gelaunten Webber ist man inzwischen gewohnt, aber einen wütenden, stinksauren Australier in Verbindung mit einem sich schämenden Dreifachweltmeister, das muss Christian Horner entschieden zu weit gehen. Egal, wie sich die Situation bei Red Bull über die Saison noch entwickeln wird, ich glaube nicht, dass diese Fahrerpaarung noch viele Konstrukteurs-meisterschaften gemeinsam feiern wird.