1. Muss Sebastian Vettel nach seiner Aktion in Malaysia mit Konsequenzen oder Strafen rechnen?

Sebastian Vettel hat sich beim Rennen in Sepang eigenhändig über die Teamorder, Mark Webber nicht mehr zu attackieren, hinweggesetzt. Großartige Sanktionen muss der Weltmeister dennoch nicht befürchten. Was soll Red Bull auch machen? Vettel fürs nächste Rennen sperren? Damit würde sich das Team ins eigene Fleisch schneiden. Darüber hinaus besitzt der Malaysia-Sieger mit Dr. Helmut Marko einen äußerst wortgewaltigen Fürsprecher. Der Red-Bull-Berater stellte bereits nach dem Rennen klar, dass Vettel weiterhin die Rückendeckung des Teams genießt.

Sebastian Vettel und Christian Horner haben einiges zu besprechen, Foto: Sutton
Sebastian Vettel und Christian Horner haben einiges zu besprechen, Foto: Sutton

Ganz ohne Konsequenzen wird Vettel aber nicht davon kommen. Teamchef Christian Horner kündigte an, dass er sich seinen Angestellten vor dem Grand Prix von China noch einmal zur Brust nehmen wird. Es ist durchaus vorstellbar, dass Red Bull eine Geldstrafe ausspricht. Zudem wird der Brite Vettel in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass Red Bull weiteres Fehlverhalten nicht akzeptieren wird. Auf lange Sicht ist das sicherlich die härtere Strafe, insbesondere, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt der Saison um den Titel geht.

2. Hört Webber beim nächsten Mal auf Anweisungen des Teams?

Jedem normalen Angestellten ist klar: Anweisungen des Chefs gilt es zu beachten, ansonsten hagelt es Konsequenzen. Das wurde auch Vettel schmerzlich bewusst und er wird in Zukunft sicher ganz genau zuhören, was Christian Horner während eines Rennens durchfunkt. Die Frage ist, wie genau Webber in Zukunft seine Lauscher aufsperrt, wenn es darum geht, Vettel in Sachen WM-Titel zu unterstützen. Vor jedem Rennen wird besprochen, wie sich die beiden Piloten in Falle des Falles verhalten sollen und Webber gab einen Hinweis, wie ernst er diese Absprachen nun nehmen wird. "Wir haben das oft besprochen - und für die Zukunft sieht die Situation jetzt natürlich anders aus."

Mark Webber muss sich ganz genau überlegen, wie er zukünftig reagiert, Foto: Sutton
Mark Webber muss sich ganz genau überlegen, wie er zukünftig reagiert, Foto: Sutton

Webber will Weltmeister werden. Seine einzige Chance ist daher, in der ersten Saisonhälfte mehr Punkte als Vettel einzufahren, dass Red Bull irgendwann auf ihn setzen muss. Wenn aber bereits zu Saisonbeginn eine gute Ausganslage am Ende besser für Vettel endet, hat Webber wohl nicht mehr viel zu verlieren. Sollte er Absprachen ignorieren, um jeden Preis um den Titel fahren und damit Vettel schaden, kann er maximal entlassen werden. Webber wollte bisher zwar noch länger in der F1 bleiben, auf die Frage, ob er eine Zukunft in der Formel 1 mit diesem Teamkollegen in diesem Team überdenken würde, ließ Webber tief blicken. "In den letzten 15 Runden sind mir viele Dinge durch den Kopf gegangen, viele, viele Dinge..." Letztlich sind diese Aussagen aber wohl der Wut nach dem Rennen zuzuschreiben und nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird. Webber wird in Zukunft die eine oder andere Sekunde länger nachdenken, bevor er eine Teamanweisung befolgt, ein Typ, der sich gänzlich gegen seine eigene Mannschaft stellt, ist der Australier aber nicht.

3. Droht nach der Verschärfung der Rivalität ein zweites Istanbul-Debakel?

Die Bilder dürften vor allem den Herren Horner und Newey am Kommandostand noch schmerzlich in Erinnerung sein: Beim Türkei GP 2010 kollidieren Sebastian Vettel und Mark Webber bei einem engen Zweikampf, der zum Aus des Deutschen führte. Hinterher gaben sich die beiden Red-Bull-Piloten gegenseitig die Schuld am Zusammenprall, die Stimmung der ohnehin schon nicht gerade auf Schmusekurs befindlichen Fahrer wurde eisiger. Nun ist durch den Malaysia GP und Vettels eigenmächtige Entscheidung, die Teamorder zu ignorieren, zusätzlicher Zündstoff in die bereits aufgeladene Beziehung gekommen.

Einen Zusammenprall wie 2010 will Red Bull um jeden Preis verhindern, Foto: Sutton
Einen Zusammenprall wie 2010 will Red Bull um jeden Preis verhindern, Foto: Sutton

Die Fronten sind verhärtet und daher ist es unwahrscheinlich, dass sich die beiden bei Begegnungen auf der Strecke fortan mit Samthandschuhen anfassen werden. Gerade bei Webber ist anzunehmen, dass er harte Manöver, wie das in Malaysia, als er Vettel auf der Start-Ziel-Geraden Richtung Boxenmauer drückte, wiederholen wird, um sich nicht noch einmal demütigen zu lassen. Der Kommandostand der Bullen wird jedenfalls alle Hände voll zu tun haben, um die beiden im Rennen im Zaum zu halten und ein zweites Istanbul-Debakel zu vermeiden.

4. Gibt es eine Nummer 1 bei Red Bull?

Offiziell heißt es: Es gibt keine Nummer 1 bei Red Bull, Vettel und Webber dürfen frei fahren - am Ende steht nur das Wohl des Teams, alles andere wird untergeordnet. Nicht wenige Beobachter meinen, dass Vettel allerdings das Alpha-Tier bei den Bullen ist und Webber die Rolle des Wasserträgers zukommt. Was in Sepang etwas unterging: Red Bull hatte seinen beiden Fahrern ausdrücklich diktiert, dass Webber das Rennen gewinnen soll. Es war nie die Rede davon, den Heppenheimer vorbeizuschleusen. Die Folge wäre gewesen, dass beide nach den ersten beiden Rennen je 33 WM-Punkte auf dem Konto gehabt hätten - ausgeglichener geht es nicht.

Nach dem Rennen machte Horner noch einmal deutlich, was er von Vettel und Webber grundsätzlich erwartet. "Wir haben die beiden verpflichtet, weil sie so kompetitiv sind, weil sie sich gegenseitig pushen und derart getriebene Individuen sind", so der Teamchef. "Wenn einer der beiden nachgeben würde, wäre das nicht der Rennfahrer, den wir haben wollen." Vettel trägt zwar die Nummer 1 auf dem Auto, doch wenn Webber in den nächsten Rennen mehr Punkte sammelt, gibt es keinen Grund, ihn zurückzupfeifen und auf einen vierten Vettel-Titel zu spekulieren - am Ende steht der Erfolg des Teams über allem.

5. Wird das professionelle Verhältnis von Vettel und Webber durch den Vorfall gestört?

Freunde waren Vettel und Webber nie, darüber ist sich auch Teamchef Horner im Klaren. "Seit Istanbul 2010 herrscht sicherlich kein großes Vertrauen mehr zwischen den beiden. Sie werden sicher nie zusammen Weihnachten feiern, aber sie respektieren sich", sagte er. Aber die Reibungspunkte zwischen den Fahrern hätten dem Team in der Vergangenheit nicht geschadet, meinte der Brite. "Sonst hätten sie sicherlich nicht gemeinsam die letzten drei Team-Titel gewonnen. Sie sind eines der erfolgreichsten Fahrer-Duos aller Zeiten."

Tatsächlich gelang es den beiden Streithähnen in der Vergangeneit, ihre persönlichen Differenzen hinten anzustellen und bei der Entwicklung des Autos effektiv zusammen zu arbeiten. Der Lohn: In den letzten drei Jahren räumte Red Bull mit drei Team- und drei Fahrertiteln alles ab, was es zu gewinnen gab. Die Frage ist allerdings, ob Webber gewillt ist, das auch in Zukunft zu machen. Gut möglich, dass er aus den Ereignissen von Malaysia seine Konsequenzen zieht. "Seb hat seine eigene Entscheidung getroffen - das macht er immer so und so war es auch diesmal", sagte er nach dem Rennen. "Das Team wird Seb beschützen - wie immer." Das klang resigniert.