Im März 1993 war es soweit: Das Sauber-Team bestritt im südafrikanischen Kyalami sein erstes Formel-1-Rennen - exakt 20 Jahre ist das mittlerweile her und Peter Saubers Mannen haben seitdem eine bewegte Zeit durchgemacht, sich aber im Vergleich zu vielen anderen Wegbegleitern unter den Privatteams in der F1 gehalten. Bereits 2010 konnte die Truppe aus Hinwil ihr 40-jähriges Bestehen im Motorsport feiern, nun also der nächste Meilenstein: Zwei Dekaden in der Königsklasse des Automobilrennsports. Wenn man das dem jungen Peter Sauber vor vielen Jahren gesagt hätte, er hätte einen wahrscheinlich für verrückt erklärt, war der am 13. Oktober 1943 in Zürich geborene Selfmademan doch früher gar nicht so besonders an Autos, schon gar nicht aber am Rennsport interessiert.

Im Fahrerlager äußerst beliebt: Peter Sauber hat sich durchgekämpft, Foto: Sutton
Im Fahrerlager äußerst beliebt: Peter Sauber hat sich durchgekämpft, Foto: Sutton

So waren durchaus ein paar glückliche Zufälle nötig, mindestens genauso sehr aber auch der ausgeprägte Durchhaltewille des Schweizers, um sich mit viel Arbeit und Geschick das Lebenswerk aufzubauen, auf das er heute blicken darf. In die Wiege gelegt bekommen hatte Sauber seinen Unternehmergeist wohl vom Vater, besaß dieser doch eine Firma für elektrotechnische Anlagen und beschäftigte rund 200 Mitarbeiter. Somit schien bald auch der Weg des berühmten Sohnes vorgezeichnet. Der Jungspund absolvierte eine Ausbildung als Elektromonteur, bildete sich weiter und sollte eigentlich eines Tages das Geschäft des Vaters übernehmen - doch es kam bekanntlich alles anders.

Unverhofft kommt oft

Angestachelt von einem Freund, ließ Peter Sauber 1967 seinen VW Käfer tunen und nahm anschließend spaßeshalber an vereinzelten Clubrennen teil. Damals entflammte auch die Lust des Schweizers, zu tüfteln, zu schrauben und zu basteln - so sehr sogar, dass der von ihm frisierte Käfer alsbald die Straßenzulassung verlor. Doch den Pionier konnten derlei Sanktionen selbstredend nicht stoppen - Anfang der Siebzigerjahre begann er mit der Konstruktion von offenen Sportwagen, baute sich mit den Zweisitzern bald ein eigenes kleines Unternehmen auf. Mit seinem Erstlingswerk, dem C1, gewann Sauber auf Anhieb den Schweizer Sportwagenmeistertitel. Bald konzentrierte er sich jedoch nicht mehr aufs Fahren sondern nur noch aufs Design und den Bau der Fahrzeuge.

Sauber in der Sportwagen-WM, Foto: Sutton
Sauber in der Sportwagen-WM, Foto: Sutton

Nachdem Pilot Herbert Müller 1976 für den kleinen Rennstall die prestigeträchtige Interserie gewann, führte der Weg die Truppe sogar erstmals bis nach Le Mans. Der erste große Erfolg des Teams aus Hinwil folgte dann schließlich 1981: Mit einem von Sauber umgebauten BMW M1 gewann man bei den 1000 Kilometern auf dem Nürburgring - die Piloten waren dabei keine Geringeren als Hans-Joachim Stuck und Nelson Piquet, der später noch dreimal Formel-1-Weltmeister wurde. Sauber zog anschließend einen großen Deal an Land, machte fortan zusammen mit Motorenlieferant Mercedes gemeinsame Sache in der Sportwagen-WM. Die gemeinsamen Erfolge ließen nicht lange auf sich warten, 1986 gewann man mit Henri Pescarolo, Mike Thackwell und dem Sauber C8 erneut den Langstreckenklassiker in der Eifel.

Mit Mercedes an der Sportwagen-Front

Auf Grund der reichen Früchte, die die Partnerschaft trug, bewog man Mercedes so zur vollen Rückkehr in den Rennsport. Ab 1988 war Sauber offiziell das Werksteam der Schwaben und schon ein Jahr später gingen die Autos auch mit der legendären Silberlackierung des Großkonzerns an den Start. Mit den reaktivierten Silberpfeilen folgte daraufhin eine triumphale Saison: Man gewann nicht nur in der Sportwagenweltmeisterschaft die Fahrer- und Teamwertung, sondern krönte sich auch noch bei den legendären 24 Stunden von Le Mans zum Champion - und das mit einem Doppelsieg. In der darauffolgenden Saison wiederholte man den Gewinn der Sportwagen-WM - das Unternehmen war derweil auf 50 Mitarbeiter angewachsen.

Legendäre Lederjacken: Saubers Junioren Anno 1990, Foto: Mercedes-Benz
Legendäre Lederjacken: Saubers Junioren Anno 1990, Foto: Mercedes-Benz

Durch die gemeinsam mit Mercedes neugeschaffenen Kapazitäten, leistete man sich sogar ein Juniorteam: Das legendäre Triumvirat aus dem Österreicher Karl Wendlinger und den beiden jungen Deutschen Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher, sorgte später bekanntlich auch in der Formel 1 für Furore. Der Weg in die Königsklasse war jedoch nicht nur den geförderten Talenten vorbehalten, auch das Sauber-Team selbst zog alsbald nach. Bereits im Sommer 1991 wurde der F1-Einsteig beschlossen. Während die Vorbereitungen schon auf Hochtouren liefen, entschied sich der Mercedes-Vorstand aus wirtschaftlichen Gründen jedoch gegen ein werksseitiges Engagement. In Hinwil wollte man das Projekt trotzdem durchziehen, musste logischerweise dabei aber kleinere Brötchen backen als zunächst erhofft.

Aller Anfang ist schwer

Im Herbst 1992 fanden die ersten Testfahrten mit dem neukonstruierten C12 statt, befeuert wurde der Bolide von einem Ilmor-Aggregat und schon im kommenden Jahr feierte man mit Karl Wendlinger und JJ Lehto schließlich das langersehnte F1-Debüt. Dank eines fünften Platzes für Lehto und zwei dadurch gewonnenen WM-Zählern, wurde dieses ein voller Erfolg, doch wie schwer es im Oberhaus des Motorsports wirklich war, ganz bis an die Spitze nach vorne zu kommen, musste man in den Folgejahren schmerzlich am eigenen Leib erfahren. Ein weiterer Schock für das junge Team war 1994 in Monaco auch der schwere Unfall Wendlingers in der Hafenschikane des Straßenkurses im Fürstentum, der am ersten Rennwochenende nach den beiden tödlichen Unfällen von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna in Imola, auch den Aufstieg des Österreichers beendete.

Wendlingers Monaco-Crash war die schwärzeste Stunde des Teams, Foto: Sutton
Wendlingers Monaco-Crash war die schwärzeste Stunde des Teams, Foto: Sutton

Immerhin kam Wendlinger mit seinem Leben davon, die hoffnungsvolle F1-Karriere des Talents war anschließend jedoch beendet, konnte er ein Jahr nach seinem Crash bei einer neuerlichen Bewährungsprobe im Sauber doch nicht mehr an seinen Leistungen vergangener Tage anknüpfen. Obwohl Sauber in den Jahren 1995 und 1996 immerhin als Werksteam von Ford agierte, ehe man ab 1997 Ferrari-Motoren bezog, tat man sich im globalen Geschäft der F1 schwer - da half auch die Unterstützung von Red Bull und Petronas nichts, meist tummelten sich die Schweizer am Ende des Jahres in der Endabrechnung der Konstrukteurswertung zwischen Rang sechs und acht. Ab 2001 setzte dann jedoch ein Aufwärtstrend ein - mit der finanziellen Hilfe einer Schweizer Großbank, steigerte man sich in der WM auf den vierten Rang und begann zusätzlich mit dem Bau eines eigenen Windkanals.

Ausbildungsverein aus Hinwil

Parallel macht sich das Team auch weiter um seinen Ruf als Kaderschmiede der Formel 1 verdient, holte mit Kimi Räikkönen und Felipe Massa gleich zwei Top-Piloten in die Königsklasse, die auch heute noch aktiv sind und um Siege fighten. 2005 suchte Peter Sauber, der mittlerweile über 60 Jahre alt war, in erster Linie einen neuen Motorenpartner für seinen Rennstall - der Teamchef war bei einem zukunftssichernden Angebot aber auch nicht abgeneigt, sein Lebenswerk in fremde Hände zu legen, so der gesunde Fortbestand des Unternehmens dadurch gesichert werden konnte. Letztendlich wurde der Züricher auf der anderen Seite der Alpen fündig und zog BMW als Käufer für sein Formel-1-Team an Land. Doch auch die Münchner Autobauer mussten in der Folge feststellen, dass Erfolge in der Königsklasse alles sind, aber mit Sicherheit nicht einfach zu erzielen.

Kubica & BMW besorgten 2008 den ersten und einzigen Sieg, Foto: Sutton
Kubica & BMW besorgten 2008 den ersten und einzigen Sieg, Foto: Sutton

Dennoch gelang Robert Kubica 2008 in Kanada der Premierensieg für das BMW-Werksteam - und damit auch der erste Triumph für das Sauber-Team aus Hinwil. Und das ausgerechnet auf der Strecke, auf der der Pole ein Jahr zuvor noch einen der schlimmsten Unfälle der jüngeren F1-Geschichte unbeschadet überstanden hatte. Weit weniger unbeschadet überstand BMW und vor allem die Motorsportabteilung der Münchner jedoch die große Weltwirtschaftskrise 2009. Am Ende des Jahres zog man sich aus der Königsklasse zurück und Sauber stand folglich vor dem Aus. Der sich eigentlich schon mehr in den Hintergrund zurückgezogene Peter Sauber, wollte sein Lebenswerk jedoch nicht zerbrechen sehen.

Zurück in die Zukunft

Schließlich einigte er sich mit BMW auf einen Rückkauf des Teams, wenngleich im Zuge der Rettungsaktion Stellen abgebaut werden mussten und man das Programm von 388 Mitarbeitern auf 260 reduzierte. Nach der Rückkehr zu Ferrari-Motoren, war die erste Saisonhälfte des Privatteams wider Willen 2010 dann von einer Vielzahl technisch bedingter Ausfälle geprägt. In den ersten acht Rennen holte die Mannschaft nur einen einzigen WM-Punkt, bis zum Saisonende wurden es dann aber doch noch 44, womit ein versöhnlicher Abschluss gelang und der krankendende Patient augenscheinlich so langsam wieder auf die Beine kam. Dem Übergangsjahr folgte dann eine solide Saison und 2012 schließlich die große Überraschung.

Übergabe des Staffelstabes an Monisha Kaltenborn, Foto: Sutton
Übergabe des Staffelstabes an Monisha Kaltenborn, Foto: Sutton

Mit dem C31 aus der Feder von James Key gelang dem Team ein großer Wurf, der Wagen konnte aus dem grauen Mittelfeld vereinzelt bis in die Spitze vorstoßen und besonders mit dem jungen Sergio Perez, das nächste von Sauber in die F1 geförderte Talent, erzielte man Achtungserfolge, darunter auch die beiden zweiten Plätze im Regen von Malaysia und in der Hitze Monzas. Nach insgesamt 346 Grands Prix und als mittlerweile viertältestes Team in der Königsklasse, konnte Peter Sauber in dem guten Gewissen, alles wieder in die richtigen Bahnen gelenkt und auf einen positiven Weg gebracht zu haben, das Zepter der Teamführung Ende 2012 erneut übergeben. Auch dabei bewies der Schweizer, dass er trotz seiner mittlerweile 69 Jahre nicht abgeneigt ist, durchaus einmal neue Wege zu beschreiten. Mit Monisha Kaltenborn setzte er die erste Teamchefin in der Historie der Formel 1 ein - ganz im Sinne eines echten Pioniers eben.