Neben den drei Weltmeistern auf dem Podium und - einmal Ferrari-spezifisch gedacht - Fernando Alonsos zweitem Platz, ging der vierte Rang von Teamkollege Felipe Massa in Melbourne fast ein bisschen unter. Schade eigentlich, bestätigte der Brasilianer doch im Auftaktrennen des Jahres 2013 seine ansteigende Formkurve, die auch schon im Schlussspurt der vergangenen Saison zu bewundern war. Einen bitteren Beigeschmack hatte der Rennausgang für den 31-Jährigen aber dennoch, war er zunächst doch hinter Sebastian Vettel auf der zweiten Position gelegen und jagte gemeinsam mit seinem Stallkollegen Alonso den Deutschen in Form einer roten Doppelspitze durch den Albert Park. Einen Überholversuch Alonsos konnte er im ersten Stint dabei sogar noch abwehren.

Auch nach der ersten Runde Boxenstopps und dem Wechsel von den superweichen Reifen auf die mittlere Mischung, behielt der Vizechampion von 2008 zunächst intern die Oberhand. Beim zweiten Stopp wendete sich das Blatt jedoch, Massa blieb vermeintlich zu lange draußen, verlor auf den bereits stark gebrauchten Reifen gegenüber der direkten Konkurrenz auf frischen Pneus zu viel Zeit und fiel zurück. Manch einer witterte hier schon wieder die Degradierung zur Nummer zwei und ein Opfern des Brasilianers durch das Team, zugunsten Alonsos, der zuerst hereingeholt wurde. Fakt war jedoch auch, dass Ferraris Strategie aufging und man einen F138 am Titelverteidiger in Diensten Red Bulls vorbeischleusen konnte.

Outlap war entscheidend

Zu Beginn des Rennens hatte Massa die Nase noch vorn, Foto: Sutton
Zu Beginn des Rennens hatte Massa die Nase noch vorn, Foto: Sutton

Alonso war auf seiner starken Outlap ganze 1,1 Sekunden schneller als Vettel auf seiner - letztendlich der entscheidende Unterschied, der in einem Platztausch resultierte und den Spanier vorbei am Deutschen auf die zweite Position brachte. Massa blieb im Fahrwasser dieses Duells einmal mehr nur das Nachsehen. "Wenn ich Felipe wäre, wäre ich nicht so glücklich", meinte nach dem Rennen auch Flavio Briatore, Alonsos Ex-Teamchef und Manager bei Renault, mit Bezug auf die strittige Entscheidung vom Kommandostand der Scuderia. Massa selbst fügte sich jedoch anscheinend seinem Schicksal und verzichtete darauf, nachträglich Öl ins Feuer zu gießen, um die Causa abermals aufzuwärmen. "Klar ist man nicht so zufrieden, wenn man um den Sieg kämpft und dann nur Vierter wird", sagte Massa, der anfügte: "Bis zum zweiten Stopp lief es positiv."

"Für Fernando schien es eigentlich ein bisschen zu früh, um schon wieder hereinzukommen - aber es hat sich wohl ausgezahlt und war die richtige Entscheidung." Das Team nahm er dabei jedoch aus der Schusslinie, Alonso musste er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com gleichwohl ein Lob für dessen Rennverständnis zollen: "Er hat von sich aus gesagt, er wolle unbedingt in dieser Runde reinkommen. Er hat es riskiert und es hat geklappt." In den heimischen Medien räumte der Brasilianer aber ein: "Ein gewisser Grad an Frustration ist schon vorhanden. Das liegt aber in erster Linie daran, dass ich ja eigentlich gar nicht überholt wurde - sondern eben nur in den Boxen." Im Cockpit habe er sich darüber schon geärgert. "Mein einziges Problem im Rennen war, dass Fernando vorbeigekommen ist, weil mich das zwei Positionen gekostet hat."

Sauber-Verbindung brisant

Dass die Scuderia wohl auch 2013 keinerlei Maßnahmen scheuen wird, um Alonso alle erdenklichen Vorteile zu verschaffen, ist nicht erst seit dem Getriebesiegelbruch von Austin vergangenen November anzunehmen. Auch ein anderes Beispiel aus der letzten Saison, das nun erst am Rande der Presserunden rund um den Saisonauftakt in Melbourne die Runde machte, sorgte am Wochenende für Aufsehen. So gab Sergio Perez, der vor seinem McLaren-Wechsel als ehemaliger Förderpilot aus der Ferrari-Jugendakademie 2012 natürlich auch mit den Italienern in Verbindung gebracht wurde, Interessantes von sich.

In Monza 2012 machte Perez Jagd auf Alonso - mit Erfolg, Foto: Sutton
In Monza 2012 machte Perez Jagd auf Alonso - mit Erfolg, Foto: Sutton

Auf die Frage eines Journalisten, der wissen wollte, ob es für ihn als jungen Fahrer einen Unterschied ausmache, ob in seinem Spiegel Sebastian Vettel oder Fernando Alonso auftauche, antwortete der 23-Jährige: "Nein, in meinem Fall nicht - ich mache zwischen beiden keinen Unterschied. Letztes Jahr war es aber so, dass ich, wenn ich mit Ferrari kommuniziert habe, von ihnen oft gebeten wurde, auf Alonso besonders aufzupassen." Perez ließ offen, ob diese Ansage in direktem Zusammenhang mit Alonsos beiden einzigen Ausfällen 2012 in Spa und Suzuka stand, die beide nach Kollisionen mit den Lotus-Piloten erfolgt waren. "Ich weiß auch nicht, ob sie das nur mich gefragt haben oder einfach das ganze Feld", so Perez.

Brisant ist die Enthüllung des Mexikaners insofern, da die großen Zulieferer von Motoren - zu denen auch Ferrari gehört - schon länger im Fokus stehen. Stichwort: Vorteilnahme. Fans von Verschwörungstheorien unterstellen der Scuderia seit längerem, zu versuchen, ihre guten Kontakte im Fahrerlager und ihr Motorenengagement bei den kleineren Teams zu nützen, um auf diese auch in puncto sportlichem Geschehen auf der Strecke Druck auszuüben. Die Geschichten sind so alt, wie die Teampartnerschaften selbst. Bereits bei Jacques Villeneuves Titelfahrt in Jerez 1997, wurde der Kanadier über einen längeren Zeitraum vom überrundeten Norberto Fontana aufgehalten - im Sauber-Ferrari: Und damit zugunsten der Scuderia und von Villeneuves Titelrivale Michael Schumacher?

Perez wirft Fragen auf

Die Kritik der Konkurrenz ließ anschließend natürlich nicht lange auf sich warten und über die Jahre wurden derlei Absprachen im Fahrerlager immer wieder in Erwägung gezogen. Während die Toro-Rosso-Piloten beim Überrunden logischerweise auf die Boliden von Hauptteam Red Bull besonders achten, heizen die Aussagen des letztjährigen Sauber-Piloten Perez für einige Gerüchteköche natürlich die Fragen nach dem Draht zwischen Hinwil und Maranello an. Als Beispiel steht diesen Spekulationen aber der zweite Platz des Mexikaners vergangenes Jahr in Monza gegenüber, als er in der Schlussphase des Grand Prix durchs Feld pflügte, dabei auch Alonso auf P3 verwies - und das beim Heimspiel Ferraris.

Dass Perez sich damit in Bezug auf seine Ferrari-Ambitionen nicht unbedingt einen Gefallen getan hat, vermuten wiederum andere Paddock-Insider. Immerhin fehlten Alonso am Ende des Jahres nur drei Punkte auf den Titel und wenngleich diese auf Grund der weniger erzielten Siege nicht für den Triumph des Spaniers gereicht hätten, so sind diese drei Zähler doch exakt der Unterschied zwischen P2 und P3 - im Millionengeschäft der Formel 1 wird eben auf alles minutiös geachtet. Dass Perez der Chance eines Ferrari-Wechsels nun hinterhertrauere, wollte dieser jedenfalls nicht bestätigen. "Nein - für mich ist das Ganze eine Erfahrung, die mich an einen besseren Ort geführt hat, denn bei McLaren bin ich nun sehr glücklich", äußerte er sich einmal mehr kryptisch über die Irrungen und Wirrungen seiner Verbindung zu Ferrari im letzten Jahr.