Die ersten Zeiten des neuen Jahres sind gesetzt und das Rätselraten gehört zumindest im Ansatz der Vergangenheit an. Schnell wird klar: Red Bull geht beim Australien GP wieder als großer Favorit an den Start, der Rest kämpft um die Positionen hinter dem Weltmeister-Team. Klar ist aber auch: Die Top-Teams haben ihre Karten noch nicht auf den Tisch gelegt. Motorsport-Magazin.com analysiert die Favoriten nach den beiden Trainings in Melbourne.

Red Bull

1:25.908 Minuten. Rumms! Sebastian Vettel machte im 2. Training deutlich, dass der Weg zum Sieg nur über Red Bull führen kann. Der Weltmeister distanzierte die Konkurrenz um mehr als vier Zehntel, nur Teamkollege Mark Webber konnte mithalten. Und: Vettel hätte noch schneller gekonnt, wurde auf seiner bis dato besten Runde aber ausgebremst. Red Bull soll Probleme haben, hieß es nach dem Winter - die Truppe gab in Melbourne die passende Antwort. "Ich hatte schon erwartet, dass sie vorne sein würden - aber vielleicht ein bisschen weniger weit vorne, als das jetzt der Fall war", zeigte sich Niki Lauda beeindruckt.

Red Bull sieht derzeit am stärksten aus, Foto: Sutton
Red Bull sieht derzeit am stärksten aus, Foto: Sutton

Auf der schnellen Runde sieht der RB9 extrem stark aus, im Rennen könnte die Angelegenheit hingegen weniger dominant aussehen: Lotus war bei seinen Longruns etwa gleichauf mit Red Bull. "Auch wenn bei den Tests nicht alles optimal lief, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht", sagte Vettel. "Wir wussten, dass es klappen sollte. Dass wir direkt bei der Musik waren, ist natürlich ein gutes Zeichen." Der RB9 hinterließ sowohl auf den Mediums als auch auf den superweichen Reifen einen starken Eindruck und sollte für die kommenden beiden Tage gut aufgestellt sein.

Ferrari

Auf den ersten Runden in Melbourne sah es danach aus, dass Ferrari die zweite Kraft hinter Red Bull sein könnte. Felipe Massa und Fernando Alonso belegten hinter Vettel die Plätze zwei und drei und lagen in Schlagdistanz. Nachmittags sah die Angelegenheit schon anders aus, als die Teams die superweichen Reifen aufschnallten. Alonso fehlten acht Zehntel zu Vettel, Massa fast eine Sekunde. "Wir wussten, dass wir nicht die Schnellsten sind - und das hat sich bestätigt", stellte der Spanier fest. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass Ferrari fernab jeglicher Pole- und Siegeschancen liegt. Massa hätte im 2. Training einiges schneller gekonnt, doch sein KERS streikte.

Hat Ferrari schon alles gezeigt?, Foto: Sutton
Hat Ferrari schon alles gezeigt?, Foto: Sutton

Um Ferrari sieht es aktuell ordentlich bestellt aus und vor allem der Brasilianer konnte mit seinen Leistungen da anknüpfen, wo er 2012 aufgehört hatte. "Es war ein guter Anfang für uns, auch im Vergleich, wie das Jahr 2012 für uns aufgehört hat, sowohl für das Team als auch für mich", so Massa im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Ich hatte schon lange keinen so guten Anfang mehr." Ferrari ist angesichts von Red Bulls Pace natürlich darauf bedacht, sich nicht allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, doch die Scuderia ist definitiv bei der Musik.

Mercedes

Für Mercedes endete der Freitag etwas unglücklich: Lewis Hamilton drehte sich kurz vor Trainingsende ins Kiesbett, weil nach einem Unterboden-Schaden die Downforce fehlte. Nur Augenblicke später war auch für Nico Rosberg Feierabend - das Getriebe machte wegen eines menschlichen Fehlers schlapp. Bis zu diesem Zeitpunkt bestätigten die Silberpfeile allerdings den Eindruck, den sie nach den Wintertests hinterlassen hatten: Mercedes zählt - hinter Red Bull - zum Favoritenkreis. Rosberg war nachmittags am dichtesten an Vettel und Webber dran und Hamilton ließ im 1. Training mit Platz 4 zumindest aufhorchen. Rosberg selbstbewusst: "Wir wollen absolut die Besten sein. Das sind wir noch nicht, aber es geht in die richtige Richtung."

Mercedes: Jetzt bei der Musik?, Foto: Mercedes-Benz
Mercedes: Jetzt bei der Musik?, Foto: Mercedes-Benz

Viele hatten erwartet, dass der W04-Bolide Probleme mit den wärmeren Bedingungen in Melbourne bekommt und wieder die gleichen Reifenprobleme wie 2012 auftreten. Schwierig zu sagen, ob das am Sonntag wieder der Fall sein wird, doch die Vorzeichen stehen nicht schlecht: Im weiteren Verlauf des Wochenendes soll es stetig kühler werden und das ist sicherlich kein Nachteil für Mercedes. Rosberg meinte sogar, dass der Silberpfeil im Regen schnell sei und er kein Problem mit nassen Bedingungen hätte. Hamilton zeigte sich ähnlich zuversichtlich zumindest deutet vieles darauf hin, dass das Silber-Duo oben angekommen ist.

Lotus

Lotus zählte zu den Verlierern der Testfahrten, konnte diesem Trend in Melbourne bislang jedoch entschieden entgegenwirken. Romain Grosjean hatte zwar schon wieder ein Problem mit dem Getriebe, führte das jedoch nicht auf Kimi Räikkönens Probleme in Barcelona zurück. Beim Eismann selbst gab es zum ersten Mal in diesem Jahr keine Schwierigkeiten. "Endlich mal ein Tag ohne Probleme", pustete der Finne durch. "Auch sonst hielt das Auto keinerlei Überraschungen bereit. Lotus ist überzeugt, sich - wie die meisten anderen Teams auch - noch steigern zu können. Die Pace auf den superweichen Reifen machte Mut auf ein gutes Resultat im Qualifying - der bisherigen Schwachstelle der Truppe.

McLaren: Verlierer des Tages, Foto: Sutton
McLaren: Verlierer des Tages, Foto: Sutton

McLaren

Freitage sind zum Testen da, nicht dafür, eine Hackordnung in Stein zu meißeln. Sucht man aber nach einem Verlierer, müssen alle Finger auf McLaren zeigen. Nicht ein einziges gutes Wort kam über Jenson Buttons, Sergio Perez' und Martin Whitmarshs Lippen. "Es war ein enttäuschender und harter Tag für das Team", so der Teamchef. Kein Grip an der Front, zu wenig Haftung an der Hinterachse und allgemein zu wenig Abtrieb - der MP4-28 scheint eine einzige Baustelle zu sein. Schlimmer noch: Eine Verbesserung war vom 1. zum 2. Training hin nicht erkennbar. "Es ging einfach nicht nach vorne", ärgerte sich Whitmarsh.

Nachmittags fehlten dem McLaren-Duo rund 2,5 Sekunden auf Vettels Bestzeit, im 1. Training lag Button auf Platz 9 der Zeitentabelle mehr als eine Sekunde hinter dem Weltmeister. "Wir wussten schon bevor wir herkamen, dass wir nicht so schnell sein würden wie einige der anderen Teams", räumte Perez ein. Dass den Chrompfeilen zumindest am Freitag so viel zur Spitze fehlen würde, hätte sich der Mexikaner aber sicherlich nicht ausgemalt. Eigentlich kaum vorstellbar, dass die McLarens für den Rest des Wochenendes weiter so weit abgeschlagen sein werden, doch die Eingeständnisse, dass das Team das stark umkonstruierte Auto noch nicht verstanden habe, lassen nichts Gutes erahnen.