Gerhard Berger hat sich das Kräfteverhältnis vor der Saison 2013 angesehen und dabei das Weltmeisterteam Red Bull erneut an der Spitze angesiedelt. Auf dem Weg nach vorne sieht er nach den Umbrüchen im Winter das Mercedes-Team. Bei McLaren ortet er nach dem Weggang Lewis Hamiltons dagegen Probleme. Wie sich all das konkret darstellen wird, ist laut Berger jedoch erst ab dem zweiten Saisonrennen in Malaysia ersichtlich.

Red Bull mit Rückenwind

"Red Bull wird wieder vorne sein, weil das Auto auf dem man aufbaut, im Vorjahr das Beste war", meinte Berger gegenüber dem Kurier. "Leute wie Adrian Newey sind die Besten, dazu kommt ein Fahrer wie Sebastian Vettel. Also wird Red Bull wieder die Benchmark sein."

Red Bull, das sich bei den Testfahrten bedeckt zeigte und nicht mit extrem schnellen Rundenzeiten auffiel, habe den Rücken frei. "Die haben Rückenwind, weil sie gute Resultate haben. Red Bull kann es sich leisten, die Karten erst in Melbourne oder Malaysia auf den Tisch zu legen. Andere wiederum müssen zunächst einmal aus der Schusslinie der Kritik kommen", ordnete er die Resultate der Testfahrten ein.

In der Schusslinie und zwar in der von Fernando Alonso und Lewis Hamilton stand Vettel in der vergangenen Saison bisweilen, da beide unterstellen, dass Vettel seine Titel dem Genie von Adrian Newey zu verdanken hat. So behauptete Alonso beispielsweise, er würde gegen Newey und nicht gegen Vettel fahren.

Berger glaubt jedoch nicht, dass sich der Heppenheimer von derartigen Sticheleien beeindrucken lässt. "Das sind die üblichen Spielchen in der Formel 1. Da geht es um alles. Aber man vergisst, dass Vettel seinen ersten Sieg mit einem Toro Rosso gefeiert hat. Also einem Auto, mit dem kein anderer gewonnen hat", gab er zu bedenken. "Die beiden machen einfach Politik. Sebastian braucht sich damit nicht auseinanderzusetzen. Es geht doch letztlich ums Gewinnen und gewinnen tut am Ende immer noch der Seb."

Mercedes mit Bombenfahrern

Mercedes sieht Berger zwar noch nicht auf dem Niveau von Red Bull, mit Ferrari könnten sich die Mannschaft aus Brackley aber seiner Ansicht nach mit Ferrari die Rolle als zweite Kraft teilen. "Die haben sicher einen Schritt vorwärts gemacht. Der Motor bzw. der Antriebsstrang war und ist vermutlich noch immer der Beste in der Formel 1", meinte Berger. "Dazu kommen jetzt zwei Bombenfahrer."

Nico Rosberg und Neuzugang Lewis Hamilton streut der Österreicher also Blumen, während er seinen Landsleuten Toto Wolff und Niki Lauda den derzeitigen Aufschwung noch nicht zusprechen will. "Ich glaube nicht, dass die beiden schon Einfluss auf die Autoperformance hatten. Denn grundsätzlich ist das Auto ja schon vor ihrer Zeit entstanden", erklärte er. "Man darf aber auch den frischen Wind nicht unterschätzen. Da ist sicher auch etwas dabei, was gleich zum Vorteil reift. Die beiden haben jetzt den nötigen Einfluss."

McLaren mit Schwächen

McLaren muss fortan nicht nur auf Lewis Hamilton, sondern auch auf Technikchef Paddy Lowe verzichten, der Ende 2013 ebenfalls zu Mercedes wechselt. Berger sieht darin einen harten Schlag für das Team aus Woking. "Die scheinen eher ein bisschen zu schwächeln. Zudem wird ein Lewis Hamilton als Fahrer fehlen. Er war auch eine starke Triebfeder für Jenson Button", argumentierte der ehemalige Formel-1-Pilot und Teamchef. "Punkto Fahrer ist das jetzt bei denen nicht ganz ideal. Und bei den Tests haben sie auch nicht wirklich brilliert."

Der coolste Typ der Formel 1: Kimi Räikkönen, Foto: Sutton
Der coolste Typ der Formel 1: Kimi Räikkönen, Foto: Sutton

Lotus mit dem coolsten Typ der Formel 1

Dagegen sieht er Lotus trotz der technischen und personellen Probleme bei den Testfahrten gut unterwegs. Von Kimi Räikkönen, der einen Testtag aufgrund einer Lebensmittelvergiftung verpasste, hält er jedenfalls viel. "Er ist der coolste Typ der Formel 1", meinte er über den Drittplatzierten der WM im vergangenen Jahr. "Ich hätte ihm gleich so eine Performance nicht zugetraut. Er ist sicher eine Bereicherung der Formel 1."

Melbourne mit geringer Aussagekraft

Am Wochenende steht das allseits bekannt "Hosen runterlassen" beim Australien GP auf dem Programm. Doch Berger glaubt nicht, dass die Hackordnung nach dem Saisonauftakt bereits klar ist. "Melbourne ist kritisch, weil die Asphalttemperatur dort das Bild oft etwas verfälscht. Dort hat man schon Sieger gesehen, die dann das ganze Jahr nichts mehr gewonnen haben. Aber ab Malaysia wird man mehr wissen."