Ende 2008 zog sich Honda im Zuge der großen Weltwirtschaftskrise aus der Formel 1 zurück, noch bevor ein Jahr später mit Toyota und BMW auch andere große Automobilhersteller folgten. Besonders bitter war der Schritt für das japanische Traditionsunternehmen, da der von Honda gebaute und finanzierte Bolide nur wenige Monate nach dem Rückzug als Brawn BGP 001 die F1-Welt dominierte wie kaum ein anderes Auto in jüngerer Vergangenheit. Dass der Autohersteller also durchaus noch eine offene Rechnung mit der Königsklasse hat, ist kein Geheimnis - ebenso wenig wie die damit zusammenhängenden Pläne, eines Tages als Motorenlieferant zurückzukehren - ein Bereich, in dem Honda eine überaus erfolgreiche Vergangenheit aufzuweisen hat.

Dass nun 2014 auch noch die Turbomotoren in die F1 zurückkehren, ist ein zusätzlicher Ansporn - immerhin ist Honda sozusagen Titelverteidiger, gewann 1988 mit Ayrton Senna und McLaren den letzten Turbo-Titel in der Königsklasse. Außerdem sind die Japaner Rekordsieger mit Turboaggregaten, bringen es in ihrer Historie auf stattliche 40 Triumphe - 15 mehr als Porsche-TAG und 20 mehr als Renault, der nächstbeste noch aktive Konkurrent, der in dieser Wertung auf Platz drei rangiert. Dass es für ein Comeback jedoch umfassender Veränderungen in der Struktur der Formel 1 bedarf, daraus hat der Großkonzern nie einen Hehl gemacht. Mit dem Umbruch 2014 könnte diesem Ruf nun jedoch ausreichend nachgekommen worden sein.

Bitter: Von den Brawn-Erfolgen konnte Honda 2009 nicht mehr profitieren, Foto: Brawn GP
Bitter: Von den Brawn-Erfolgen konnte Honda 2009 nicht mehr profitieren, Foto: Brawn GP

Honda sieht genau hin

Yoshiharu Yamamoto, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Honda, befeuerte die Spekulationen zuletzt: "Ich persönlich liebe den Rennsport, aber wenn es um die Formel 1 geht, geht es eben auch noch um eine Vielzahl weiterer Dinge - es ist die Top-Liga des Automobilsports und um dort erfolgreich mitzuwirken, benötigt man eine Menge Engagement und Hingabe." Der Japaner erklärte gegenüber Autocar: "Es ist aber wahr, dass wir uns die Rennen zur Zeit sehr genau ansehen und hoffen, dass wir eines Tages wieder mitfahren können." Von einer überstürzten Rückkehr in naher Zukunft ging er zwar nicht aus. "Es besteht aber das Potenzial, dass sich die Regeln ändern und uns wieder anziehen. Das verfolgen wir mit Sicherheit und wenn sich eine sinnvolle Möglichkeit auftut, wäre es schön, zurückzukehren." Als eben diese sinnvolle Möglichkeit soll sich dieser Tage immer mehr McLaren herauskristallisieren, weshalb sich das Team im Moment in Verhandlungen über die genauen Modalitäten einer Honda-Partnerschaft befinden soll.

Parallel will mit Mercedes der aktuelle Motorenpartner angeblich in den nächsten Tagen eine Entscheidung und damit einher gehend Planungssicherheit. Einigen Gerüchteköchen zufolge sollen in Woking sogar bereits Honda-Ingenieure eingetroffen sein und die Arbeit aufgenommen haben. Offiziell kommentiert das Unternehmen seine Pläne selbstredend noch nicht. Honda-Präsident Takanobu Ito räumte zuletzt aber immerhin schon einmal ein, dass man die Möglichkeit eines F1-Comebacks derzeit genauestens unter die Lupe nehme. Fraglich ist dann allerdings der Zeitpunkt, der neben den Entwicklungsfortschritten und der Finanzlage in erster Linie auch vom potenziellen Premium-Partner McLaren abhängen dürfte.

Whitmarsh grübelt: Was ist das Beste für McLaren?, Foto: Sutton
Whitmarsh grübelt: Was ist das Beste für McLaren?, Foto: Sutton

Der aktuelle Mercedes-Vertrag der Briten beinhaltet auch Optionen für 2014 und 2015. Denkbar wäre, dass McLaren - auch vor dem Hintergrund der Kürze der Zeit - das erste Turbo-Jahr noch mit Mercedes bestreitet, um dann zu Honda zu wechseln - mitsamt dem Know-how einer Turbo-Saison mit den Stuttgartern, versteht sich. Seitens der McLaren-Führung wurden die anhaltenden Wechselgerüchte zwar immer heruntergespielt. Fakt ist aber auch, dass die Traditionstruppe aus Woking heuer erstmals die normalen Kündengebühren nach Stuttgart überweisen muss und sich die Konkurrenzsituation zwischen McLaren und Mercedes sich seit der Gründung des Werksteams der Deutschen 2010 auf der Strecke natürlich verschärft hat. An der Herstellerfront würde Honda der F1 als Zugewinn jedenfalls nicht schaden. Aktuell gibt es mit Mercedes, Renault und Ferrari (Fiat) nur drei große Automarken.

Whitmarsh erwartet Hersteller-Rückkehr

Ausgerechnet McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh glaubt jedoch nicht, dass das so bleibt - und sein Team könnte dem Großkonzern aus Japan, zu dem man nach wie vor gute Verbindungen pflegt, dementsprechend den Wiedereinstieg ermöglichen. Dass das FIA-Institut McLaren kürzlich einen Preis für herausragende Leistungen im Bereich Umwelt verliehen hat, ist dabei zwar nur Randnotiz, dürfte einem aber durchaus geholfen haben, bei den imagebewussten Honda-Leuten erst recht offene Türen einzurennen. Gute Argumente für die Formel 1 gäbe es jedenfalls genug, fand Whitmarsh. "Sie ist für die Bekanntheitssteigerung einer Marke immer noch ein fantastisches Umfeld - gerade für die Automobilhersteller."

"Ich sage voraus, dass wir in vier bis fünf Jahren auch mindestens wieder bei vier bis fünf im Sport engagierten Herstellern sind", meinte Whitmarsh. Entscheidend seien dabei die verschiedenen Interessen, die alle beteiligten Parteien unter Umständen einen gemeinsamen Nutzen bescheren könnten - eine Win-Win-Situation, wenn man so will. "Für einige von uns ist die F1 der Kernbereich ihres Geschäfts. Die Hersteller kommen aber nur, wenn ihnen die Rahmenbedingungen taugen und diese ihnen helfen, ihre Autos zu verkaufen oder so abzuheben, dass sie sie zu höheren Preisen an den Mann bringen können." Für den Briten stand fest: "Um die Liebe zum Sport geht es dabei nicht - sie müssen aus geschäftlichen Gründen hier sein." Ein Plädoyer, das vielleicht auch der Honda-Vorstand schon zu hören bekommen hat?

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