Dass Paddy Lowe nach seinem Abschied bei McLaren Ende 2013 zu Mercedes geht, ist ein hartnäckiges Gerücht im Fahrerlager der Königsklasse. Noch ist nichts offiziell, doch die Äußerungen von McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale sprechen Bände. "Auf dem Markt ist es im Moment so, dass wenn man ein Team hat und auf schnelle Sicht Know-How kaufen möchte, dann kann man 'Telefonnummer-Gehälter' zahlen, wenn das dem Geschäftsplan entspricht", erklärte er und spielte damit auf ein sechsstelliges Gehalt an, da Telefonnummern in Großbritannien ohne Vorwahl sechs Stellen haben.

Das Prinzip, kluge Köpfe mit hohen Gehältern zu locken, ist laut Neale in der Formel 1 keine Seltenheit. "Wir alle haben das von Zeit zu Zeit gemacht. Das ist keine Besonderheit eines einzigen Teams." Manch einer sei nun mal bereit, exotische Gehälter zu zahlen und 12 bis 18 Monate, wenn nicht noch länger, auf einen Neuzugang zu warten.

Neale versuchte dem zweiten großen Abgang innerhalb eines Jahres nach Lewis Hamiltons Wechsel zu Mercedes jedoch auch etwas Positives abzugewinnen. "Es wäre enttäuschend, wenn wir nicht als eine Anlaufstelle erachtet würden, bei der man gute Leute findet, denn dann würde ich meinen Job nicht machen", erläuterte er. "Die wirkliche Prüfung ist, ob wir ein System haben, dass wir Leute von unten hochziehen können, und das haben wir", spielte er auf die Beförderung von Tim Goss vom Chefingenieur zum Technischen Direktor an.

Auch wenn Lowes Abgang den Eindruck erweckt, er sei dem Ruf des Geldes gefolgt - was zuvor bereits Hamilton unterstellt wurde - kommt Neale kein böses Wort über die Lippen. "Wir werden Paddy sicherlich vermissen, er war lange Zeit bei uns. Er war hier 19 Jahre, und ich habe persönlich 12 Jahre mit ihm zusammengearbeitet", meinte er. "Er ist ein großartiger Kerl und ich persönlich finde es schade, dass er geht und etwas anderes tut."

Button: McLaren wird auch ohne Lowe erfolgreich sein

Auch McLaren-Pilot Jenson Button erklärte, dass er Lowe vermissen wird. "Ich mag Paddy wirklich. Es hat Spaß gemacht, mit ihm über die letzten drei Jahre zusammenzuarbeiten, nicht nur in einer rein geschäftlichen Beziehung, sondern auch als Freund. Er ist ein guter Typ, ein lustiger Charakter", meinte der Brite. "Aber die Dinge verändern sich, er will etwas Neues versuchen, eine neue Herausforderung."

Es sei fantastisch, Tim Goss nun in der Rolle des Technischen Direktors zu haben. "Er war in seiner vorherigen Rolle außergewöhnlich und das wird er auch in dieser sein", glaubte Button. "Er ist derjenige, der das 2012er Auto entworfen hat, das letztes Jahr sieben Rennen gewonnen hat, er weiß also genau, was er tut." Zudem stellte er heraus, dass es ihm um das große Ganze und nicht um einzelne Personen ging, als er zu McLaren kam. "Ich bin nicht hierhergekommen, weil Paddy da war - und auch nicht wegen Lewis. Ich bin hierhergekommen, weil das McLaren ist, mit seinem Erbe, seiner Geschichte - ein Wort, das wir immer verwenden, aber es ist nun mal die Wahrheit - und wegen seiner Stärke in der Tiefe."

Auch wenn Button letztes Jahr noch erklärte, dass Lowe derjenige sei, der ihm dabei helfen werde, in Zukunft erfolgreich zu sein, betonte er nun, dass es nicht auf einzelne Personen, sondern das ganze Team ankomme. "Dass Paddy geht, ist Teil des Sports, die Menschen wandern umher und gehen woanders hin. Aber dieses Team wird mit oder ohne Paddy in der Zukunft erfolgreich sein." Neale bließ in das gleiche Horn: "Ich bin überzeugt, dass wir in dieser Saison und in der Zukunft stark sein werden."