Toto Wolff ist der neue starke Mann bei Mercedes. Vor einigen Wochen trat der Österreicher als Motorsportchef die Nachfolge von Norbert Haug an. Für viele kam die Inthronisierung des 41-Jährigen überraschend, war er doch gerade erst bei Williams in die Chefetage aufgestiegen. "Es war kurz vor Weihnachten. Aus einer lockeren Diskussion wurde schnell ein ernsthaftes Gespräch", erinnerte sich Wolff in einem Interview mit der offiziellen Formel-1-Website. "Dann ging alles sehr schnell, in ein paar Wochen. Die Leute von Mercedes wussten, was sie wollten, und haben die Stellenbeschreibung angepasst."

Warum der berühmten Autohersteller gerade ihm den Job angeboten hat, erklärt sich Wolff wie folgt: "Mercedes ist ein Unternehmen mit 20.000 Angestellten und einem Umsatz von 100 Milliarden Euro, eine kleine - aber im Blickpunkt der Medien stehende - Aktivität wie das Formel-1-Engagement zu lenken, ist etwas ganz anderes. Sie wollten einen Partner. Sie wollten allerdings auch einen Anteilseigner, der sich im Motorsport auskennt." Durch seine Beteiligung bei HWA sei er bei Mercedes eine bekannte Größe gewesen. "Wir kennen uns seit einiger Zeit, es gab also ein gewisses Vertrauen - auf beiden Seiten. All diese Gründe haben dazu beigetragen, dass ich für den Job in Frage kam."

Eigentlich habe er aber gar nicht vorgehabt, Williams zu verlassen. "Ich kann meine Konzentration nur einer Aufgabe widmen - und ich war bei Williams voll eingebunden", sagte der frühere Rennfahrer. "Aber dann hat sich die Möglichkeit mit Mercedes aufgetan. Das bedeutete nicht nur, in das Formel-1-Team involviert zu sein und es zu leiten, sondern den gesamten Motorsport-Bereich zu übernehmen und als Motorsport-Direktor das Vermächtnis von Norbert Haug weiterzuführen. Ich habe zu mir gesagt: 'Toto, so eine Möglichkeit ergibt sich nur alle 20 Jahre.'"

Toto Wolff tritt bei Mercedes die Nachfolge von Norbert Haug an, Foto: Mercedes AMG
Toto Wolff tritt bei Mercedes die Nachfolge von Norbert Haug an, Foto: Mercedes AMG

Das größte Problem bestand darin, die Leute von Williams über seine Absichten zu informieren. "Ich war drei Jahre dort und habe in der Zeit verschiedene leitende Funktionen ausgefüllt. Die Leute fingen an, mir zu vertrauen. Ich wurde zum Nachfolger von Frank Williams bestimmt - es wird zwar nie einen Nachfolger für ihn geben, aber ich sollte das Team leiten."

Am schwierigsten sei es ihm gefallen, eben jenen Frank Williams in Kenntnis zu setzen, gestand Wolff - kurzzeitig habe er sogar mit dem Gedanken gespielt, die Offerte von Mercedes abzulehnen. "Es war wirklich hart. Ich habe mir eine Woche gegeben, um zu sehen, wie ich mich fühle - nach dem dritten Tag habe ich mich fast entschieden, bei Williams zu bleiben. Ich mag die Leute dort sehr - jeden, vom Race Team bis zur Marketing-Abteilung. Sie waren alle ein Teil meiner Familie und es war hart, sie zu verlassen."

Letzten Endes sei das Angebot aber zu verlockend gewesen. "Es war einfach eine unglaubliche Chance." Und der Gang nach Canossa gestaltete sich bei weitem nicht so schwierig wie erwartet. "Ich habe mit dem Vorstand gesprochen und es gab keine schlechte Stimmung - sie haben mir alle Glück gewünscht", erzählte Wolff. "Franks erster Kommentar war sehr interessant: 'Ich würde das Gleiche machen, wenn ich die Möglichkeit hätte!'"

Der neue starke Mann von Mercedes machte allerdings klar, dass von ihm keine Wunder zu erwarten seien. "Die Rückendeckung vom Vorstand ist da, aber in der Formel 1 braucht man Geduld. Die Geschichte hat gezeigt, dass man ein Team nicht innerhalb von ein paar Jahren umkrempeln kann." Die ersten Eindrücke seien allerdings sehr positiv ausgefallen, meinte Wolff. Es sei aber noch zu früh für eine endgültige Beurteilung. "Wir werden sehen, wo wir in Melbourne stehen", sagte er. "Dann werden ich ein besseres Bild von der Struktur des Teams haben und sehen, wo Input gebraucht wird."