Hinter Caterham liegt eine ereignisreiche Woche. In Jerez wurde nicht nur der CT03 der Öffentlichkeit vorgestellt, sondern die neuen Piloten Charles Pic und Giedo van der Garde drehten im Rahmen der Testfahrten auch ihre ersten Runden. Da Caterhams Ressourcen limitiert sind, wurden einige Teile vom Wagen des Vorjahres übernommen, es gab jedoch auch zahlreiche Neuentwicklungen wie das Chassis inklusive Seitenkästen und Diffusor, wie Teamchef Cyril Abiteboul erklärte.

"Wir sind gerade in unsere neue Fabrik gezogen, wo die Arbeitskette noch nicht auf jenem Level ist, den ich anstrebe", sagte der Franzose. "Es wird bald der Fall sein, aber noch nicht jetzt. Daher haben wir uns dazu entschlossen, einige Teile zu übernehmen, um Ressourcen für Bereiche freizumachen, von denen wir wissen, dass sie einen größeren Unterschied machen werden." Caterham plant, während der Saison immer wieder neue Aerodynamikteile zu entwickeln, müsse jedoch darauf achten, dass die Balance gehalten wird. "Wenn man ein kleines Team ist, kann man nicht mehrere Programme zur selben Zeit abspulen", stellte Abiteboul klar.

Unverändertes Kräfteverhältnis?

Obwohl Caterham sein Augenmerk bereits auf 2014 gerichtet hat und 2013 als Übergangsjahr sieht, werde der CT03 konsequent weiterentwickelt werden. "Eine Sache, die wir beobachten werden ist, wo die anderen stehen, denn wir wissen, wo wir stehen", sagte Abiteboul. "Wir wissen über die Entwicklungen in der Fabrik Bescheid, aber wir müssen ein Auge auf den Wettbewerb haben." Während in Jerez in erster Linie Fehler aussortiert wurden, würde die Mannschaft nach den Tests in Barcelona besser wissen, wie es um die Konkurrenz bestellt ist.

Duellieren sich Caterham und Marussia wieder um die rote Laterne?, Foto: Sutton
Duellieren sich Caterham und Marussia wieder um die rote Laterne?, Foto: Sutton

Wer Caterhams Gegner sind, konnte Abiteboul aber auch nicht so recht beantworten. "Manchmal hat man Williams am Ende des Feldes gesehen und beim nächsten Rennen gewinnen sie beinahe", blickte der Franzose zurück. "Letztes Jahr befanden sich Williams und Toro Rosso am Ende des Mittelfelds und Marussia war hinter uns." Der Teamchef erwartet auch 2013 mehr oder weniger dasselbe Kräfteverhältnis, doch aufgrund der Arbeiten im Winter und den neuen Reifen könnte es auch zu gewissen Verschiebungen gekommen sein.

Abiteboul ist sich bewusst, dass es mit dem unerfahrenen Duo Pic und van der Garde nicht einfach wird, erstmals in die Punkteränge vorzustoßen, und möchte sich diesbezüglich auch gar keine allzu großen Hoffnungen machen. "Wir sind nicht in den Punkten, bevor wir einen großartigen Job über die Saison machen und diesen Level erreichen", gab er sich keinen Illusionen hin. "Aber wenn es ein verrücktes Rennen mit vielen Fehlern gibt, kann man es nicht ausschließen."

Totale Kontrolle

Mit der finanziellen und technischen Kontrolle bei seinem Team ist Abiteboul bereits zufrieden. Der nächste Schritt sieht nun vor, dass rund fünfzig Prozent des Wagens in der eigenen Fabrik gebaut werden, was es ermöglichen soll, Kosten, Qualität und Zeitaufwand zu kontrollieren. "Es ist sinnlos, das beste Designkonzept der Welt zu haben, wenn man die Qualität nicht kontrolliert", machte er deutlich. "Es gab einige Dinge in der Vergangenheit, bei denen wir schwach waren und wir verbessern das bereits in diesem Jahr. In puncto Qualität ist das Auto meilenweit über dem, was wir zuvor hatten."

Auf der finanziellen Seite gelte es, jedes ausgegebene Pfund genau zu durchleuchten und sicherzustellen, dass die Investitionen vernünftig sind. "Es wird Jahre dauern, bis wir bezüglich der Ressourcen konkurrenzfähig sind, aber ich denke, wir wären in der Lage, die Meisterschaft für Effizienz zu gewinnen", so Abiteboul. Da man im Gegensatz zur Konkurrenz auf der Strecke nicht erfolgreich ist, gelte es kreative Lösungen zu finden, um Sponsoren anzuziehen und diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Ohne Abkürzung in die Punkte

Während Tony Fernandes, Abitebouls Vorgänger, stets davon sprach, rasch das Mittelfeld angreifen zu wollen, ist sich der Franzose bewusst, dass ein Schritt nach dem anderen gesetzt werden muss, um das Ziel zu erreichen. "Wir alle wissen, dass es in der Formel 1 keine Abkürzungen gibt", hielt er fest. "Die Fahrer sind ein Element des Pakets, aber nur eines unter vielen anderen. Vielleicht sind sie das wichtigste Element, aber ich denke nicht, dass sie in der Formel 1, die wir haben, das erste Element im Paket sind."

Das neue Fahrerduo, Foto: Sutton
Das neue Fahrerduo, Foto: Sutton

Es stimme zwar, dass Pic und van der Garde über kaum Erfahrung in der Formel 1 verfügen, aber der Niederländer habe dafür viele Kenntnisse außerhalb der Königsklasse gesammelt und manchmal seien diese Rennserien fast ebenso gut. "Wenn es um bestimmte Eigenschaften geht, ist auch die Weltmeisterschaft im Kartsport eine ziemliche Leistung, genauso wie der Sieg in der World Series by Renault", meinte der Franzose, der zuletzt bei Renault arbeitete und daher wisse, wie konkurrenzfähig diese Meisterschaft ist. "Für mich sprechen diese beiden Dinge für das Talent von Giedo. Ich weiß nicht, ob es Glück oder fehlendes Glück war, aber er hatte Leute wie Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Nico Rosberg als Teamkollegen."

Pic hat mit Marussia immerhin bereits eine Formel-1-Saison absolviert, auch wenn er laut Abiteboul bei den Russen nicht die erste Wahl gewesen sei. "Es gab nichts Schlechtes bei Marussia, aber ich denke, es ist fair zu sagen, dass sie ihr Projekt rund um einen bestimmten Fahrer gebaut haben, namentlich Timo Glock", betonte er. "Charles war Fahrer Nummer zwei." Caterham habe hingegen keine festgelegte Rangordnung, sondern würde seine Piloten gleichberechtigt behandeln. "Sie müssen lernen und dafür werden wir sorgen", verlautbarte Abiteboul das primäre Ziel für 2013.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Caterham kehrt also von der unrealistischen Zielsetzung des letzten Jahres ab und hat erkannt, dass sein Platz zumindest mittelfristig am Ende des Feldes ist. Es ehrt Abiteboul, dass er diese Fehleinschätzung seines Vorgängers zugibt, doch seine Aussagen zu Pic und van der Garde verfügen über einen gewissen Comedy-Faktor. Es ist freilich nicht einfach, einen 27-jährigen Rookie gut zu verkaufen, doch Vergleiche mit der Formel Renault muten nicht gerade seriös an, selbst wenn man van der Garde sein Talent nicht absprechen möchte. Immerhin scheint es Caterham gelungen zu sein, eine solide finanzielle Basis zu schaffen, sodass der Mannschaft nicht während der Saison die Luft ausgehen sollte. Auch das ist eine Leistung, die es anzuerkennen gilt.(Philipp Schajer)