Sebastian Vettel dominiert das deutsche Formel-1-Geschehen, doch mit Nico Hülkenberg bahnt sich ein zweiter Star aus dem Heimatland an. An diesem Samstag stellt Sauber den neuen C32 vor, Hülkenbergs neues Arbeitsgerät für die Saison 2013. Er selbst will noch nichts von Podiumsfahrten hören und betont, zunächst einmal das neue Team richtig kennen lernen zu müssen, bevor Saisonziele proklamiert werden. Ex-Sauber-Mann Sergio Perez traut seinem Nachfolger jedoch eine ganze Menge zu und ist sogar der Ansicht, dass das Team dieses Jahr um Siege mitfahren kann. Dass Hülkenberg zumindest über Sieg-Potenzial verfügt, darüber sind sich die meisten Experten einig. Motorsport-Magazin.com begab sich auf Spurensuche in Sachen Hülkenberg und fand den Mann, der "Hulk" das nötige Rüstwerkzeug für den Formelsport mit auf den Weg gab.

Besuch in Wolsfeld, 70 km entfernt vom Nürburgring. Hier steht die Teamfabrik von Josef Kaufmann Racing, einem Formelteam mit langjähriger und äußerst erfolgreicher Geschichte. Hier verdiente sich der junge Hülkenberg vor neun Jahren seine ersten Sporen. Motorsport-Magazin.com unterhielt sich mit Teamchef Josef Kaufmann über den 25-Jährigen, der 2013 sein drittes Jahr in der Formel 1 angeht. Die Kaufmanns stehen noch immer in sehr gutem Kontakt mit Hülkenberg, der der Familie Kaufmann häufiger einen Besuch abstattet und trotz der glamourösen Formel-1-Umgebung alte Weggefährten nicht außer Acht lässt.

3 frühere Kaufmann-Piloten: Hülkenberg, Buemi, Gachnang 2005, Foto: BMW
3 frühere Kaufmann-Piloten: Hülkenberg, Buemi, Gachnang 2005, Foto: BMW

Im Jahr 2005 sorgte ein junger Deutscher in der damaligen Formel BMW ADAC Meisterschaft für Aufruhr: Hülkenberg. Als Rookie gewann er auf Anhieb acht Rennen und wurde überlegen Meister. Der Beginn einer Musterkarriere. "Die ersten beiden Formelrennen, die er in seinem Leben fuhr, gewann Nico - und dass im Nassen und im Trockenen", erinnert sich Kaufmann zurück. "Er hat die Formel BMW gewonnen, wurde Meister im A1 GP und schnappte sich als Rookie den GP2-Titel - besser geht es nicht. So einer macht doch vor der Formel 1 nicht Halt." Machte Hülkenberg nicht; über Williams und Force India gelang er nun zu Sauber. Einem Team, bei dem er sich laut Kaufmann wohl fühlt und sich bereits gut integrieren konnte.

Bei Hülkenberg gerät Kaufmann, seit mehr als 40 Jahren im Motorsport aktiv, ins Schwärmen: "Ich bin überzeugt: Wenn Nico ein gutes Auto bekommt, wird er Weltmeister. Für mich gehört er zu den fünf besten Fahrern in der Formel 1. Im Nassen ist er unschlagbar, für mich sogar der Beste."

Seine Fähigkeiten bei nassen Bedingungen ließ Hülkenberg zuletzt beim F1-Finale in Brasilien aufblitzen, als er im Regen Führungskilometer abspulte, bis es zur Kollision mit Lewis Hamilton und einer daraus resultierenden Durchfahrtsstrafe kam. Hülkenberg und Interlagos: Hier holte er 2010 seine erste F1-Pole, auch bei schwierigen Bedingungen. "Und das mit einem Auto wie dem Williams", so Kaufmann. "Das muss man erst einmal schaffen, das war kein Top-Auto." Für 2011 schaffte es Hülkenberg jedoch nicht, ein Stammcockpit zu ergattern. Er musste sich mit der ungeliebten Rolle des Ersatzmannes bei Force India begnügen.

Für Kaufmann ein Unding. "Das musste mit Geld zusammenhängen, ansonsten hätte Nico niemals ein Jahr lang pausieren dürfen", sagt er. "Wenn ich McLaren oder Mercedes wäre, dann hätte ich den Nico als Fahrer verpflichtet." Es ist nicht nur der Speed, den Kaufmann am Menschen Hülkenberg schätzt - es ist auch seine Einstellung zum Sport, der er schon in jungen Jahren an den Tag legte. "Nico hat viel bei uns in der Teamfabrik gearbeitet", so Kaufmann. "Das ist einer, der selbst mit anpackt und technisch sehr versiert ist. Er wollte das so. Manch andere wollten nur ihren Spaß haben und Rennen gewinnen, aber die bringen es nicht weit."

Hülkenberg sei von einem anderen Schlag gewesen. Einer, der sämtliches Wissen aufsaugte und sich nicht zu schade war, sich auch einmal die Hände schmutzig zu machen. "Wenn die Autos an den Rennwochenenden ausgeladen wurden, war er immer sofort dabei", erzählt Kaufmann. "Er hat beim Ausladen geholfen und sich gekümmert. Andere lassen alles liegen, aber die wirklich Guten identifizieren sich mit ihrem Auto. Es ist wichtig, dass man weiß, wie so ein Auto funktioniert."

Hülkenberg fuhr 2006 in der Formel 3 für Kaufmann Racing, Foto: Speed Academy
Hülkenberg fuhr 2006 in der Formel 3 für Kaufmann Racing, Foto: Speed Academy

Seit den gemeinsamen Formel BMW- und Formel-3-Zeiten von 2005 bis 2006 sind einige Jahre vergangen, doch Kaufmann beobachtet Hülkenbergs Karriere immer noch genau. Vor allem jetzt bei Sauber, denn hier kennt Kaufmann die komplette Fahrertruppe.

Hülkenbergs Teamkollege Esteban Gutierrez fuhr ebenfalls für Kaufmann Racing, 2008 gewann er für das Team auf Anhieb die Meisterschaft in der neu gegründeten Formel BMW. "Esteban war schon immer ein sehr schneller Fahrer", so Kaufmann. "Aber er war auch ein Heißsporn, Südländer eben. Die haben sich nicht immer ganz unter Kontrolle." Auch Sauber-Ersatzmann Robin Frijns kennt Kaufmann bestens, drei Jahre lang fuhr der talentierte Niederländer für Kaufmann Racing. 2011 holte er mit JK Racing den Titel in der Formel Renault 2.0, bevor er sich seinen Weg in die Formel 1 bahnte. Kaufmann: "Robin ist nicht ganz auf Nicos Niveau, aber er hat auch alles gewonnen, was er angefasst hat - ein extrem guter Fahrer."