Andrew, kannst du uns die wichtigsten Faktoren der Entwicklung des VJM06 darlegen?
Die Regularien sind verglichen mit dem Vorjahr relativ stabil geblieben. Das Verbot des Doppel-DRS hat uns nicht betroffen. Der Übergang fiel also leichter als in den vergangenen Jahren. Gegen Mitte der letzten Saison haben wir aufgehört, Entwicklungen an die Strecke zu bringen, damit die Jungs in der Garage eine Chance hatten, bestehende Teile besser zu verstehen und nicht bei jedem Rennen mit Neuerungen klarkommen zu müssen. Wenn du eine stabile Basis hast, kannst du etwas verfeinern und ins Detail gehen. Wir haben uns darauf konzentriert, zu verstehen, was das Auto macht, wo es anders reagiert als unsere Modelle und wie es mit den Reifen arbeitet. Wir nutzten unser Zusatzwissen für das diesjährige Auto und das hat uns sehr geholfen.

Wenn man sich die starken Leistungen der letzten Rennen ansieht, ist diese Philosophie aufgegangen?
Wir denken schon. Wir haben das Auto im letzten Drittel der Saison quasi nicht mehr angegriffen und konnten immer noch Leistung aus dem rausholen, was wir hatten. Das war besser, als das Draufpacken von weiteren Aero-Updates.

Wie sehr unterscheidet sich der VJM06 von seinem Vorgänger?
Es ist von Grund auf ein brandneues Auto - alles ist neu. Wir haben lange debattiert, große Teile vom letztjährigen Boliden zu übernehmen, unter anderem das Chassis, haben uns aber dagegen entschieden. Dennoch ist das Auto aufgrund der Regeln mehr eine Evolution denn eine Revolution.

Was sind die sichtbarsten Änderungen?
Die Sache, die sicherlich jedem als erste auffällt, ist die Blende, die die Stufennase verdeckt. Diese wirkt sich nicht auf die Leistung des Autos aus, aber bereinigt den Luftstrom über dem Chassis. Es ist aber nur eine kleine Sache.

Wie sieht es unter der Verkleidung des Autos aus?
Da gab es einige teils gravierende Änderungen. Da wir uns im Vorjahr sehr auf die Reifen fokussiert hatten, gaben wir uns ein paar zusätzliche Optionen bezüglich des Setups, um mit den Reifen sowohl im Qualifying als auch im Rennen richtig umzugehen. Da ist etwas, worauf wir bei den Wintertests besonderes Augenmerk legen werden. Wir werden uns die Möglichkeiten ansehen und versuchen, sie zu verstehen. Das wird bei den kalten Temperaturen zwar eine Herausforderung, aber sollte den Ingenieuren zusätzliche Pfeile in ihre Köcher geben. Die Aufhängung wurde angepasst, basierend auf unsere Erfahrungen mit den Reifen aus dem letzten Jahr. Die Konfiguration ist anders und sollte mit den Reifen besser zusammenpassen. Die Hinterrad-Aufhängung wurde aus aerodynamischen Gründen verändert. Das Ganze wurde angehoben, um den Luftstrom unter den unteren Querlenker am Heck zu bekommen.

Pirelli hat die Reifen für 2013 angepasst. Welchen Einfluss könnte das haben?
Wir durften sie in Brasilien kurz ausprobieren. Jetzt haben wir aber all die neuen Teile am Auto für die Wintertests. Wir konnten damals einige Daten sammeln und haben das Auto etwas danach angepasst. Die Reifen sind allgemein etwas weicher, deshalb muss das Auto etwas höher liegen, um am Ende der Geraden die gewünschte Bodenfreiheit zu haben. Auch die Temperaturen der Arbeitsfenster haben sich verändert - das ist wahrscheinlich der größte Teil des Lernprozesses während der Wintertests. Wir müssen sicherstellen, dass wir verstehen, wo jede Mischung am besten arbeitet und wo dieser Punkt auf jeder der verschiedenen Strecken liegt.

DRS kann im Qualifying nur mehr in den freigegebenen Zonen aktiviert werden. Welchen Einfluss hat das?
Es war eine sehr späte Änderung der FIA, aber wir kommen damit zurecht. Es hat einen leichten Einfluss darauf, wie du das Setup des Autos anlegst, das Abtriebsniveau, die Einstellung des Frontflügels - solche Dinge. Man sollte meinen, dass dadurch das Setup des Qualifyings und das Setup des Rennens ineinander übergehen, aber du musst immer noch einen Kompromiss eingehen. Im Durchschnitt wird diese Maßnahme pro Qualifying aber vier bis fünf Zehntel kosten.