In der Formel-1-Geschichte gibt es viele Beispiele dafür, wie schief es gehen kann, wenn ein Team zwei Alphatiere in seine Autos setzt. 1986 und 1987 ergab sich ein Lehrbeispiel dafür bei Williams, als Nelson Piquet und Nigel Mansell gemeinsam für den britischen Rennstall fuhren. Die Beiden kamen damals nicht besonders gut miteinander aus, mittlerweile hat sich das aber gelegt und sie können gemeinsam darüber erzählen, was damals vor sich gegangen ist. Im brasilianischen Fernsehen blickten Piquet und Mansell zurück, wobei sie bedauern mussten, dass ihre Zwistigkeiten 1986 den Titel wohl Alain Prost zugespielt haben.

Wer hatte mehr verdient?

Piquet stieß 1986 zu Williams. "Wir hatten ein gutes Jahr zusammen", meinte er. "Manchmal blieb sein Auto liegen, manchmal blieb meines liegen. Ich denke aber, ich verdiene mehr Siege 1986 und er verdient mehr Siege 1987. 1986 blieb mein Auto zwei Mal stehen, mit Motorschaden und anderen Dingen. Und 1987 hatte ich dann diesen Unfall in Imola." Dieser Crash hatte mehr Auswirkungen als Piquet es damals sofort zugeben wollte. Er verlor danach viel von seiner Tiefenwahrnehmung, wollte aber klarerweise nichts sagen, da er sonst aus dem Auto verbannt worden wäre.

Da er aber oft hinter anderen Autos herfuhr, war die Sache nicht so schlimm. Als sich Mansell schließlich am vorletzten Rennwochenende verletzte, war Piquet der Titel nicht mehr zu nehmen. "Ich sprach dann am Ende des Jahres", berichtete er. "Alle zwei Wochen fuhr ich in Mailand ins Krankenhaus. Und es wurde besser und besser, aber in den ersten Monaten verlor ich mehr als 80 Prozent der Tiefenwahrnehmung. Ich musste auf die Entfernungstafeln schauen, um zu bremsen. Ich war sehr gut, wenn ich hinter jemandem fuhr, aber ich konnte nicht vorne fahren. Und das war 1987. 1986 war aber wie gesagt alles gut. Ich hätte 1986 gewinnen sollen und Nigel hätte 1987 gewinnen sollen."

Nur wegen des Geldes

So war es aber nicht, Mansell ging in den beiden Jahren titeltechnisch leer aus. Piquet gab zu, sich von den Folgen des Imola-Unfalls nie ganz erholt zu haben, obwohl er noch bis 1991 weiterfuhr. "Für mich war der Motorsport [nach Williams] aber zu Ende. Danach fuhr ich nur wegen des Geldes." Mansell selbst konnte sich noch gut daran erinnern, dass es in den 1980ern etwas anderes war, in einem Team die Nummer 2 zu sein. Als Piquet zu Williams kam, war der Brasilianer schon zweifacher Weltmeister. Als Mansell mit Keke Rosberg fuhr, war der Finne Weltmeister und mit Alain Prost war es nicht anders.

Es gab in den 1980ern einige Rivalitäten, Foto: Sutton
Es gab in den 1980ern einige Rivalitäten, Foto: Sutton

"Und in jenen Tagen gab es einen großen Unterschied zwischen einem Nummer-1- und einem Nummer-2-Fahrer. Das war niemandes Fehler, die Technologie war einfach noch nicht so weit, die Computer waren noch nicht so weit entwickelt. Daher war die Zuverlässigkeit bei den Autos etwas unterschiedlich." Doch nicht nur bei der Zuverlässigkeit waren die Zeiten anders, auch im Handling verhielten sich die Autos völlig anders. Mansell glaubt sogar, dass einige der aktuellen Fahrer mit einem alten Boliden gar nicht richtig zurechtkämen.

Synchronisation war gefragt

So gab es keine Servolenkung und die Gänge mussten noch mit einem Ganghebel gewechselt werden. "Es gab drei Pedale, man musste diese drei Pedale synchronisieren und wenn man beim Runterschalten den falschen Gang erwischte, war der Motor kaputt. Es gab viel mehr Input, man musste das Auto viel mehr managen. Daher dürften einige heutige Fahrer - nur ein paar wenige - wohl nicht die physische Stärke der Fahrer von früher haben", sagte Mansell. Den Briten und Piquet hielt das aber nicht davon ab, sich das Leben gegenseitig schwer zu machen. Einmal fand der Brasilianer heraus, dass ein neues Differential von Williams einige Vorteile bot und das hielt er vor Mansell geheim, was ihm zum Sieg beim Ungarn Grand Prix 1986 verhalf.

Für Mansell war die Enttäuschung gegenüber dem Team aber größer als gegenüber seinem Teamkollegen. "Manchmal gibt es mehr Hindernisse im Weg als notwendig. Nelson konnte als Fahrer tun was er wollte, aber die Ingenieure im Team sollten transparenter sein. Und manchmal gab es ein Problem, weil ein Ingenieur nicht die Wahrheit erzählte. Ich denke, das war einfach nicht sehr hilfreich. Ich meine, ich bin ein Racer. Wenn man sich meine Rennen ansieht, und ich werde jetzt hier keine Namen nennen - vor allem nicht Nelsons -, aber es gab andere große Rennfahrer, die Weltmeisterschaften damit gewannen, dass sie in Leute fuhren und so weiter", erklärte Mansell.

Als anderer Fahrer wären vier Titel drin gewesen

Das passierte bei Williams nie und auch Piquet war stolz darauf, dass er und sein ehemaliger Teamkollege in diesem Zusammenhang sauber blieben. Der Brite ist überzeugt, mit einer anderen Fahrweise hätte er mehr erreicht. "Ich denke, das ist wichtig, weil ich ein paar Weltmeisterschaften verloren habe. Ich war drei Mal Zweiter, ich hätte vier Mal Weltmeister sein können. Wäre ich in diesen Weltmeisterschaften ein anderer Fahrer gewesen, hätte ich mehr Weltmeisterschaften gewinnen können. Aber wenn ich gewonnen habe, dann auf sportliche Art und Weise und ich bin sehr zufrieden damit und begeistert davon. Deswegen habe ich diese weltweite Reputation und darauf bin ich sehr stolz", erklärte Mansell.

Als Piquet Ende 1987 Williams verließ, beendete das die kleine Fehde mit Mansell noch nicht. Der Brasilianer gab damals viel beachtete Interviews, in denen er meinte, Mansell sei dumm, seine Frau sei hässlich und Enzo Ferrari senil. Und auch heutzutage schreckt Piquet nicht vor Kontroversen zurück. So berichtete er, dass ihn vor kurzem ein Journalist fragte, wer der Bessere war, er oder Senna. Seine Antwort darauf: "Ich bin am Leben..."