Die Woche begann mit einem Paukenschlag, als Mercedes mit Toto Wolff den Quasi-Nachfolger von Norbert Haug präsentierte. Doch damit nicht genug: Gleichzeitig machten Gerüchte die Runde, dass Paddy Lowe von McLaren zu den Silberpfeilen wechseln soll. Und als ob das noch nicht ausreichend wäre, wartete Eddie Jordan mit der Geschichte auf, dass Ross Brawn im Gegenzug Mercedes verlassen könnte. Turbulente Zeiten in Brackley. Motorsport-Magazin.com gibt einen Überblick über die jüngsten Geschehnisse rund um Mercedes.

1. - Was ist dran an der Geschichte mit Paddy Lowe?

Am Montag kamen erste Spekulationen auf, dass sich Mercedes für die neue Saison mit Paddy Lowe verstärken will. Zunächst war unklar, welchen Posten der langjährige Technische Direktor von McLaren bekleiden soll, bis Eddie Jordan sein Wort erhob und meinte, dass Lowe für Brawn einspringen könne. Demnach würde der McLaren-Mann Brawn jedoch nicht eins zu eins ersetzen, sondern als eine Doppelspitze gemeinsam mit Toto Wolff fungieren. Bei Mercedes hält man sich bislang zu den Gerüchten bedeckt und Wolff meinte nach seinem Amtsantritt lediglich, dass er sich zunächst einmal einen Überblick bei Mercedes verschaffen müsse.

"Es wäre dumm, darüber zu reden, irgendwen zu ersetzen", sagte der Österreicher lediglich. Britische Medien meldeten anschließend, dass McLaren-Boss Ron Dennis um Lowe kämpfen wolle und dem Briten eine Gehaltserhöhung in Aussicht stelle, um ihn zum Bleiben zu bewegen. Die Angelegenheit hatte an Fahrt aufgenommen, als es hieß, dass Wolff Lowe eigentlich bei Williams - seinem ehemaligen Team - als Teamchef installieren wollte, bis eben der Wechsel zu Mercedes dazwischenkam. Lowe unterhielt sich kürzlich mit Brawn und gilt zudem als langjähriger Vertrauter von Neuzugang Lewis Hamilton. Damit sind die Gerüchte um ihn und Mercedes zumindest nicht völlig aus der Luft gegriffen.

2. - Welche Gerüchte gibt es um Ross Brawn?

Wenn Lowe kommt, könnte er gemeinsam mit Wolff ein starkes Duo bei Mercedes bilden. Lowe wäre dann für den technischen und rennsportlichen Bereich zuständig, Geschäftsmann Wolff würde sich vermehrt um die kommerzielle Seite kümmern. In diesem Konstrukt wäre kein Platz mehr für Brawn, beziehungsweise würde das Superhirn der F1 wohl nicht den Handlanger für Lowe spielen. Brawn selbst gestand zwar ein, mit Lowe gesprochen zu haben, doch von einer Wachablösung wollte er nichts wissen. Vielmehr ging es um eine Langzeitlösung und Brawn will sich offenbar noch genaue Gedanken im Hinblick auf seine weitere Zukunft machen. Von einer schnellen Lösung war zumindest nicht die Rede.

"Ich kenne alle Pläne des Teams für die Zukunft und hoffe, dass ich noch lange Zeit Teil des Ganzen bin", sagte Brawn am Donnerstag. "Eines ist bei allen Menschen gleich: Wenn wir etwas tun, was uns Spaß macht, tun wir es weiterhin. Und das ist, was ich tun möchte." Brawn versicherte zudem, dass er sich durch Wolffs Verpflichtung nicht in seinen Aktivitäten beschnitten fühle. Ganz im Gegenteil, der Österreicher kümmert sich um andere Aspekte. "Ich bin der Teamchef. Ich kümmere mich um die sportlichen, technischen und Renn-Belange", erklärte Brawn. "Aber es gibt auch eine andere Seite dieses Geschäfts, in die ich nicht involviert sein möchte - die kommerziellen Aktivitäten und die Unterstützung, die wir Daimler Tag für Tag geben. Es gibt viele Dinge für Toto, die ergänzend zu meiner Tätigkeit anfallen."

3. - Welchen Posten bekleidet Toto Wolff?

Der Österreicher wurde von Mercedes als Motorsportverantwortlicher verpflichtet und hat eine Absichtserklärung unterzeichnet, wonach sich Wolff mit einem wesentlichen Minderheitsanteil an der Daimler Tochtergesellschaft Mercedes-Benz Grand Prix Ltd. (MGP) beteiligen wird. Wolff wird sich der kaufmännischen Seite widmen, während er sich aus den technischen Agenden heraushalten möchte. "Wenn sie mir einen Schraubenschlüssel geben, werde ich nur Schaden anrichten", scherzte er.

4. - Wo liegen Wolffs Aufgaben bei Mercedes?

Wolff folgt auf Norbert Haug und zeichnet für den gesamten Motorsportbereich bei Mercedes verantwortlich. Dazu gehören neben der Formel 1 auch die DTM-Aktivitäten sowie der Nachwuchsbereich. "Mercedes ist eine der wichtigsten Größen im Motorsport weltweit. Ich bin nicht nur großer Fan sondern auch langjähriger Freund und Begleiter der Marke. Ich freue mich auf die Herausforderung und möchte neben den Vorbereitungen für eine erfolgreiche Renn-Saison insbesondere auch eine gezielte Nachwuchsförderung in Angriff nehmen", sagte der Österreicher, der zwar bei allen Formel-1-Grands-Prix vor Ort sein wird, jedoch nicht jedes DTM-Rennen besuchen will. Ist Wolff nicht zugegen, wird er von Mercedes-Pressechef Wolfgang Schattling vertreten.

Bevor Wolff ins aktive Geschehen eingreift, möchte er sich aber zunächst einen Überblick über den aktuellen Zustand der Stuttgarter verschaffen. "Ich muss mir die Strukturen anschauen, eine Meinung bilden und wenn nötig an der einen oder anderen Stelle schrauben", verriet er. Laut F1-Experte Christian Danner ist Wolff eine absolute Verstärkung für die Silberpfeile. "Toto war einer der Gründe, warum es bei Williams wieder bergauf gegangen ist", so Danner bei Motorsport-Magazin.com. "Für Williams ist es ein Verlust. Er ist ein extrem kompetenter Mann, der jung ist, aber trotzdem bereits über viel Erfahrung verfügt. Für Mercedes ist er die Idealbesetzung, für Williams sicherlich ein Verlust."

5. - Welche Rolle spielt Niki Lauda?

Der Anteil, den Niki Lauda an der aktuellen Entwicklung hat, ist nicht zu unterschätzen. Ins operative Geschäft des Formel-1-Teams mischt sich der Österreicher zwar nicht ein, untätig ist er deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil: Seitdem der dreimalige Weltmeister seinen Job als Aufsichtsratsvorsitzender bei Mercedes angetreten hat, blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Mit den Verpflichtungen von Wolff als neuem Executive Director und Ex-Champion Lewis Hamilton verpasste er dem deutschen Rennstall eine erhebliche Blutauffrischung.

Lewis Hamilton ist auch noch da..., Foto: Mercedes
Lewis Hamilton ist auch noch da..., Foto: Mercedes

Etwas untergegangen ist bei all den personellen Turbulenzen der Umstand, dass Lauda nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender, sondern nun ebenfalls Gesellschafter von Mercedes ist. Wolff unterschrieb bei seinem Amtsantritt eine Absichtserklärung, wonach er sich mit einem wesentlichen Minderheitsanteil an der Daimler Tochtergesellschaft Mercedes-Benz Grand Prix Ltd. beteiligen - so wie auch Lauda. Damit haben die beiden Österreicher eine Fülle an Macht im Hinblick auf die künftigen Belange der Silberpfeile.

6. - Was sagt Lewis Hamilton zu den Turbulenzen bei Mercedes?

Dank Wolff, Lowe und Brawn ist Hamiltons Amtsantritt bei Mercedes etwas untergegangen. Der frühere McLaren-Pilot stattete jüngst dem Mercedes-Museum in Stuttgart und den Werken in Brixworth und Brackley einen Besuch ab und stellte sich der Belegschaft vor. Dabei wurde der Brite natürlich auch zu den aktuellen Ereignissen rund um das Tohuwabohu in der Führungsetage befragt. "Soweit ich das weiß, gibt es keine Pläne, Paddy herzubringen", antwortete Hamilton auf die Lowe-Frage. "Mir wurde von Ross versichert, dass sein Engagement langfristig ist und er ist hier, um mit mir zu gewinnen." Brawn sei ein Grund gewesen, warum sich Hamilton für den Wechsel entschied.