Immer einen Scherz auf den Lippen. Daniel Ricciardo weiß, wie viel er in seiner Karriere schon geschafft hat. Doch sein Weg ist noch lange nicht zu Ende, der Australier hat noch viel vor. Dem Motorsport-Magazin verriet er seine große Sehnsucht und geheime Ratschläge.

Daniel, vor einem guten Jahr hat uns dein Teamchef Franz Tost verraten, dass er sich sehr darauf freue, eines Tages mit dir und Jean-Eric Vergne zusammenzuarbeiten - das ist nun eingetroffen. Ist die Zeit seit deinem GP-Debüt wie im Flug vergangen?
Daniel Ricciardo: Die Zeit ist nur so verflogen. Selbst in diesem Jahr geht alles noch ganz schnell. Meine halbe Saison mit HRT war im Nu vorbei und ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt bei Toro Rosso fahren darf. Damit habe ich mein erstes Ziel erreicht.

Daniel Ricciardo stand Motorsport-Magazin.com Rede und Antwort, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo stand Motorsport-Magazin.com Rede und Antwort, Foto: Sutton

Franz Tost suchte damals nach dem nächsten Superstar - könntest du das sein?
Daniel Ricciardo: Oh, sagen wir so, ich wäre es gerne. Wir haben einige gute Resultate erzielt, aber das reicht noch nicht, wir müssen noch nachlegen, um das Interesse aufrechtzuerhalten. Ich bin mit meiner Saison zufrieden. Klar, es könnten gerne mehr Punkte auf meinem Konto sein, aber ich bin mit meinen Fortschritten glücklich. Das Ergebnis mag vielleicht bei jedem Rennen ähnlich aussehen, aber ich eigne mir immer mehr Wissen und Erfahrung an.

Was war der beste Ratschlag, den du in deiner Formel-1-Zeit bislang erhalten hast?
Daniel Ricciardo: Werde Weltmeister und trete dann zurück.

Das wäre unter Umständen eine kurze Karriere...
Daniel Ricciardo: Franz Tost und Giorgio Ascanelli haben mir vor Saisonbeginn gesagt, dass viel Druck auf mir lasten würde und viele von mir erwarten würden, besser abzuschneiden als Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari im letzten Jahr. Das Wichtigste ist jedoch, Spaß zu haben und das Fahren zu genießen - wenn dir das gelingt, kommen der Speed und die Rundenzeit zwangsläufig, so lange du das nötige Talent dazu hast. Es klingt sehr einfach, aber es ist die Wahrheit.

Dein Teamchef glaubt an vier Attribute, die ein junger Fahrer benötigt, um in der Formel 1 erfolgreich zu sein: Talent, Disziplin, Leidenschaft und Innovation. Kannst du dich darin wiedererkennen?
Daniel Ricciardo: Diese vier Punkte helfen dir in deiner Weiterentwicklung garantiert sehr. Ich glaube auch, dass ich diese Eigenschaften besitze, aber ich ziehe es vor, lieber nicht zu viel über mich selbst zu sprechen. Die Formel 1 gehört zu meinen Leidenschaften und jeder hier muss sehr diszipliniert sein, um hart zu trainieren und "Nein" zu gewissen Dingen wie Partys sagen zu können. Es gehört zu unserem Job als Rennfahrer, am Samstagabend zu trainieren und nicht in einer Bar zu sitzen. Diese Disziplin hat mich in meiner Karriere weitergebracht.

Die fünfte Eigenschaft sollte also "Spaß" lauten...
Daniel Ricciardo: Genau, Spaß und ein bisschen Aggressivität. Ich weiß, dass ich diese habe, auch wenn ich sie nicht immer zeige.

Hat es dich zu Beginn deiner Karriere überrascht, wie schnell die Formel-1-Laufbahn eines Fahrers vorbei sein kann?
Daniel Ricciardo: Sicher, aber ich habe rasch verstanden, wie es funktioniert. Es gibt immer Fahrer, die nachrücken wollen und vielleicht sogar schneller sind als du. Es ist sehr schwierig, in die Formel 1 zu gelangen, aber dort zu bleiben, ist wahrscheinlich noch härter. Wenn du die Erwartungen nicht erfüllst, kann es schnell vorbei sein - das ist Teil der Formel 1. Andererseits ist es in allen Sportarten so, egal ob Fußball oder Cricket - selbst der Kapitän wird manchmal ausgewechselt, weil er nicht gut gespielt hat.

Du gibst dich wie du bist, sagst, was du denkst - ist das eine typische, australische Eigenschaft? Nicht alle Formel-1-Fahrer sind bei Interviews so offen und redselig wie du - und wir sprechen hier nicht über Kimi...
Daniel Ricciardo: Wirklich? [lacht] Ich glaube schon, dass es typisch australisch ist. Wir sind ehrliche Menschen, sagen meistens, was wir denken. Es macht in meinen Augen keinen Sinn, mich anders zu geben, als ich tatsächlich bin. In so einer Rolle würde ich mich nicht wohl fühlen. So lange es nichts Kontroverses ist, sage ich zu 99,9% auch das, was ich denke. Die Leute sollen mich kennen, wie ich bin.

Euer Saisonstart verlief gut, doch in den weiteren Rennen schien es, als ob ihr einen Schritt zurück gemacht habt. Stimmst du dem zu?
Daniel Ricciardo: Ich würde nicht von einem Rückschritt sprechen. Es war vielmehr so, dass wir nur einen kleinen Schritt nach vorne gemacht haben, während die anderen Teams große Fortschritte erzielten. Wir haben das Auto verbessert - ein neuer Unterboden, ein neuer Auspuff. Damit fühlte es sich besser an, jedoch haben die anderen Rennställe in diesen Bereichen größere Schritte gemacht. Die großen Teams werden immer etwas schneller entwickeln und dadurch gegen Saisonende den Abstand ein bisschen vergrößern. Im Vergleich zu ihnen haben wir einige Positionen, aber nicht allzu viel Zeit verloren. Hoffentlich können wir mit den nächsten Updates wieder näher an die Top-10 heranrücken und ein paar Punkte mitnehmen - so lange die anderen Teams nicht selbst mehr nachlegen. Drücken wir die Daumen, dass sie schon am Limit angekommen sind. [lacht]

Das ist besonders in dieser Saison entscheidend, wo zwei Zehntel einen enormen Unterschied ausmachen können...
Daniel Ricciardo: Es ist schön, wenn es so eng zugeht. Wenn man eine perfekte Runde hinlegt und ein, zwei andere Fahrer kleine Fehler machen, kannst du leicht einige Plätze gutmachen. Gleichzeitig setzt es uns unter Druck, immer das Beste aus unserem Paket herauszuholen - nur dann können wir ein gutes Resultat erzielen.

Daniel Ricciardo wird 2013 wieder mit Toro Rosso an den Start gehen, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo wird 2013 wieder mit Toro Rosso an den Start gehen, Foto: Sutton

Wie sieht dein nächster Karriereschritt aus: 2013 wieder Toro Rosso und 2014 dann vielleicht Red Bull?
Daniel Ricciardo: Das ist noch ein sehr langer Weg bis dahin. Selbst das nächste Jahr ist noch weit weg und ich schaue nicht gerne zu weit nach vorne. Dann meint man, dass die Zeit noch schneller vergeht und man vergisst, das Hier und Jetzt zu leben. Natürlich wäre es großartig, ein weiteres Jahr bei Toro Rosso zu fahren und mich weiter zu steigern. Alles, was danach kommt, hängt von meinen Resultaten ab - das ist noch viel zu weit weg.

Ähnlich weit weg ist deine Heimat in Australien. Du bist erst der 17. Formel-1-Fahrer aus deinem Land, nur drei davon haben Grands Prix gewonnen, zwei wurden Weltmeister. Wie schwierig ist es, Familie und Freunde aufzugeben und nach Europa zu kommen?
Daniel Ricciardo: Das ist definitiv der größte Schritt und ich glaube auch der Knackpunkt, an dem viele australische sowie nord- oder südamerikanische Talente zerbrechen. Entweder sie setzen sich durch oder sie scheitern daran. Ich habe das bei einigen Fahrern aus nichteuropäischen Ländern miterlebt. Sie bekommen Heimweh oder denken, dass sie auf eigene Faust, fern von zuhause, tun und lassen können, was sie wollen. Partys sind okay, aber eben nicht ständig. Das führt uns wieder zur Disziplin. In dieser Zeit hat es mir sehr geholfen, dass ich hart zu mir selbst gewesen bin und mich nicht von den schönen Dingen des Lebens habe ablenken lassen. Stattdessen sagte ich mir: Vielleicht kann ich in fünf Jahren dann noch schönere Dinge erleben. Wenn man seinen Job genügend mag, fällt einem das recht leicht. Ich liebe das Rennfahren und am Ende war es für mich keine schwierige Entscheidung, mich zwischen Partys und Racing zu entscheiden. Ihr könnt jeden Formel-1-Fahrer im Paddock fragen - jeder von ihnen hat diese Disziplin und Stärke, sich selbst Regeln aufzuerlegen. Das bedeutet nicht, dass man keinen Spaß haben darf, man hat ihn vielleicht nur etwas später... [lacht]

Genau, nachdem du dann Weltmeister geworden und zurückgetreten bist...
Daniel Ricciardo: Richtig, dann kann man machen, was man will.

Am liebsten wahrscheinlich in deiner Heimat. Du hast zuletzt bei twitter geschrieben, dass du den Sommer vermisst...
Daniel Ricciardo: Oh ja, ich habe dieses Foto im Dezember gemacht, als ich in Australien war. Wir waren am Strand fischen und sind Quad gefahren... Wenn man wie ich in England lebt und nur einen Sommertag im Jahr hat, ist das nicht besonders schön. [lacht] Aber ich freue mich wirklich sehr darauf, an Weihnachten wieder zuhause zu sein. Mehr als vier, fünf Wochen kann ich im Jahr nicht dort sein. Das ist für mich die beste Zeit des Jahres.

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