Wie hat sich dein Leben nach dem überraschenden Sieg in Barcelona verändert?
Pastor Maldonado: Schon ziemlich. Das ganze Land Venezuela hat sich so gefreut, die Leute haben einen unglaublichen Moment erlebt. Sie haben seit letztem Jahr darauf gewartet. Das ist ein bisschen das Problem in einem Land, das noch nicht so viel Erfahrung mit der Formel 1 hat, die Leute sind davon ausgegangen, dass ich dort von Anfang an genauso gewinnen kann und werde, wie das in der GP2 der Fall gewesen ist. Das ist nicht immer einfach, zu erklären, dass das ein großer Unterschied ist, dass es sehr schwierig ist, in der Formel 1 zu gewinnen, dass hier die Autos unterschiedlich sind, es eine ganz andere Welt ist. Aber alle sind unglaublich happy jetzt - das habe ich schon mitbekommen, obwohl ich seitdem noch gar nicht wieder in Venezuela war.

Pastor Maldonado: Immer am Limit, Foto: Sutton
Pastor Maldonado: Immer am Limit, Foto: Sutton

Also noch kein großes Treffen, keine große Feier mit deinem großen Förderer, Staatspräsident Hugo Chavez?
Pastor Maldonado: Nein, aber ich habe von ihm und einigen anderen Ministern direkt nach dem Rennen Anrufe erhalten.

Wie gut kennst du ihn eigentlich - es heißt ja immer wieder, er kümmere sich persönlich um deine Sponsorengelder der nationalen Ölgesellschaft PDVSA?
Pastor Maldonado: Nicht so besonders, wir haben uns nur immer wieder bei offiziellen Events getroffen, zusammen mit anderen Sportlern, mit dem Fußball- oder dem Baseball-Nationalteam zum Beispiel. Aber er ist ein sehr starker und beeindruckender Mann. Auch weil er hundertprozentig an uns glaubt, an unser Talent, und uns unterstützt. Nicht nur in der Formel 1, im Rennsport allgemein, sondern auch in allen anderen Sportarten. Es ist sehr wichtig für Venezuela, für dieses junge Land mit seiner jungen Bevölkerung, diese Unterstützung zu haben.

Karin Sturm interviewt den Williams-Piloten, Foto: Sutton
Karin Sturm interviewt den Williams-Piloten, Foto: Sutton

Sorgt diese Verbindung in die Politik auch dafür, dass du dich generell für die Politik, vor allem für die in deinem Land, mehr interessierst als das allgemein für einen Formel-1-Fahrer üblich ist?
Pastor Maldonado: Vor allem interessiere ich mich für die Entwicklung in Venezuela. Ich möchte das Beste für alle Menschen dort, auch für meine Familie. Ich habe eine politische Meinung, ich unterstütze gewisse Wege. Wir sind ein junges Land, es gibt noch viel zu tun, aber wir haben auch sehr viel Potenzial für die Zukunft. Wir haben viel Öl. Aber auch andere Bodenschätze, wir haben touristisches Potenzial, wir sind dabei, das Land zu entwickeln, und es scheint, dass da alle an einem Strang ziehen.

Außerhalb Venezuelas wirft man dir oft vor, du würdest dich von Chavez als Aushängeschild für Propaganda missbrauchen lassen...
Pastor Maldonado: Das stimmt doch nicht, ich habe mit politischen Kampagnen nichts zu tun. Er unterstützt mich einfach, das ist alles. Und PDVSA ist ein Staatsbetrieb, der gehört allen Leuten, nicht einem Einzelnen und ist nicht politisch. Sie haben mich einfach seit Beginn meiner Karriere unterstützt, sie haben immer an mich geglaubt - und ich fühle mich sehr wohl mit ihnen und muss ihnen jetzt auch etwas zurückgeben.

Immer mit dabei: Maldonados bessere Hälfte Gabriela, Foto: Sutton
Immer mit dabei: Maldonados bessere Hälfte Gabriela, Foto: Sutton

Ab wann hast du wirklich daran geglaubt, dass du es in die Formel 1 und zum Grand-Prix-Sieger schaffen könntest?
Pastor Maldonado: Ich war von Anfang an in allen Nachwuchsformeln sehr schnell, aber ich wusste, dass noch mehr dazu gehört, dass ich mich auch auf vielen anderen Gebieten verbessern muss, zum Beispiel, was das Verständnis des Autos angeht. Als es mir auch da gelungen ist, deutliche Schritte nach vorne zu erzielen, wusste ich, dass ich das Talent dazu habe. Die Unterstützung war auch vorhanden - und ich habe dann einfach mein Bestes gegeben.

Trotzdem: in der Formel 1 hat dir das kaum jemand zugetraut, du warst bei vielen als "Paydriver" verschrien, der nur wegen seiner Sponsorengelder seinen Platz bekommen hat. Wie wichtig war der Sieg, um diese Kritiker zum Schweigen zu bringen?
Pastor Maldonado: Das war schon wichtig und auch ein schönes Gefühl, das muss ich zugeben. Obwohl ich in erster Linie für mich selbst fahre, für mein Land, für die Leute, die an mich glauben. Aber es war schon toll, mein Potenzial für alle unter Beweis stellen zu können. In den letzten acht Jahren sind viele große Fahrer bei Williams gewesen und keiner von ihnen hat gewonnen. Mir ist es nach 20 Rennen in der Formel 1 gelungen. Wir sind zusammen nach vorne gekommen, ich glaube, ich konnte dem Team auch einiges geben, es herrscht jetzt eine ganz andere Stimmung als zu Beginn des letzten Jahres, als ich kam. Jetzt läuft alles super.

Bruchpilot oder Vollblut- Racer? An Maldonado scheiden sich die Geister, Foto: Sutton
Bruchpilot oder Vollblut- Racer? An Maldonado scheiden sich die Geister, Foto: Sutton

Glaubst du, dass du mit deinem Sieg auch ein bisschen etwas für das Renommee vieler anderer junger Fahrer getan hast, denen das Paydriver-Etikett anhängt, die aber bei genauerem Hinsehen auch immer wieder gute Leistungen zeigen?
Pastor Maldonado: Ja, das glaube ich schon. Das war eine Demonstration, dass wir vieles auch können, was die Etablierten können, wenn alles zusammenpasst - und dass wir auch mithelfen können, es eben passend zu machen.

Wo kann diese Erfolgsspur mit Williams in diesem Jahr noch hinführen?
Pastor Maldonado: Wir müssen uns weiter verbessern, das Auto, auch unseren Fahrstil, müssen noch konstanter werden, um ständig in der Spitzengruppe mit zu fahren, um dann auch wieder zu gewinnen. Das ist nicht leicht, weil alles so eng zusammen liegt, aber es ist möglich.

Der Fokus stimmt: Maldonado hat die Spitzengruppe im Visier, Foto: Sutton
Der Fokus stimmt: Maldonado hat die Spitzengruppe im Visier, Foto: Sutton

Apropos Fahrstil: Du hast, auch zusammen mit Alex Wurz, viel daran gearbeitet, ihr habt versucht, ihn etwas ruhiger, softer zu machen. Hat Wurz dir da viel geholfen?
Pastor Maldonado: Ein bisschen auf jeden Fall, aber ich habe auch selbst schon versucht, mich eben in allen Bereichen zu verbessern. Jede Kleinigkeit kann helfen. Ich habe versucht, meinen Fahrstil an das Auto anzupassen und gleichzeitig das Auto an meinen Fahrstil. Auch meine Ingenieure haben sehr hart gearbeitet, mir genau das Auto hinzustellen, das ich brauche. Aber wie gesagt, ich versuche immer und überall, dazu zu lernen, in den verschiedensten Bereichen, nutze dazu zum Beispiel auch sehr intensiv das Internet.

Wozu speziell zum Beispiel?
Pastor Maldonado: Zum Beispiel im Bereich Aerodynamik, Mechanik. Das ist etwas, was mich schon immer interessiert hat, auch weil meine Familie als Händler in der Automobilbranche aktiv ist, für Chevrolet, Ford... Ich informiere mich eben auch über Dinge wie Trainingslehre oder Ernährung, alles, was mich in meiner sportlichen Karriere weiterbringen kann.

Auch Fernando Alonso konnte Maldonado den Barcelona-Sieg nicht mehr abjagen, Foto: Sutton
Auch Fernando Alonso konnte Maldonado den Barcelona-Sieg nicht mehr abjagen, Foto: Sutton

Manche haben dich - auch dank deines Managers Nicolas Todt - schon als zukünftigen Ferrari-Piloten gesehen. Wie stellst du dir denn deine Zukunft vor?
Pastor Maldonado: Ich möchte weiter mit Williams gewinnen, bevor ich hier weggehe, aber später möchte ich dann auch mal für andere Teams fahren. Aber es ist mein großer Traum, mit Williams einmal Weltmeister zu werden, bevor ich wechsle. Denn ich war früher, in meiner Kindheit, einmal ein großer Fan dieses Teams, deshalb wäre das sehr schön, mit ihnen so einen ganz besonderen Erfolgsmoment zu erleben.

Hattest du unter den Fahrern auch spezielle Idole?
Pastor Maldonado: Klar, das war immer Ayrton Senna.

War es für dich ein besonderes Gefühl, als du gehört hast, dass Bruno dein Teamkollege wird?
Pastor Maldonado: Ach, vor allem habe ich mit Bruno zusammen immer eine Menge Spaß. Und ich glaube, wir geben dem Team zusammen eine Menge Schwung, wir sind nun mal zwei Latinos. Das passt alles sehr gut zusammen.

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