Nächste Saison hat Mark Webber es wohl endlich geschafft - dann ist er, zu Beginn seiner zwölften Saison, aller Wahrscheinlichkeit nach der große alte Mann der Königsklasse. Mit 36 Jahren wird Webber der älteste Pilot im Starterfeld sein - Michael Schumacher hat seine Karriere mit 43 beendet und das erneute Antreten des 41-Jährigen Pedro de la Rosa, dessen HRT-Team derzeit vor dem finanziellen Ruin steht, scheint mehr als fraglich. In Sachen Sicherheit, Sportlichkeit und Fahrerbelange war Webber schon immer einer der wortführenden Vorreiter im Paddock und seit jeher erwachsen. Dafür genießt er die Anerkennung des Großteils seiner Kollegen und so wundert es auch nur wenige, dass er weiterhin im wohl begehrtesten Cockpit der Szene Platz nehmen darf.

Zwar lieferte sich der Australier im Sommer einen heißen Flirt mit Ferrari - letztendlich entschied er sich aber doch zum Verbleib bei Red Bull. Darf man Webber glauben, ging es dabei nicht nur um die Zusicherung der internen Unterstützung im WM-Kampf der abgelaufenen Saison, befand er sich zum Zeitpunkt seiner Vertragsverlängerung doch noch inmitten des Titelduells - auch die Zukunftsperspektive habe, vor dem Hintergrund der hervorragenden Boliden, die die Feder Adrian Neweys mittlerweile nahezu alljährlich auswirft, eine große Rolle gespielt. Dass er mit Sebastian Vettel dafür einen der härtesten Teamkollegen der F1 zu schlucken hat, liegt in der Natur der Sache und lässt sich bei einem, wenn nicht dem Top-Team der Serie kaum vermeiden.

Harte Nuss Vettel ist knackbar

Im Teamverbund gemeinsam stark: Drei Konstrukteurstitel sind der Beleg, Foto: Red Bull
Im Teamverbund gemeinsam stark: Drei Konstrukteurstitel sind der Beleg, Foto: Red Bull

Davor, dass Red Bull seine Ressourcen jedoch zu stark auf den Deutschen fokussiert und alle Kräfte für das Gut des Titelverteidigers bündelt, hat er keine Angst. Auf die Frage, ob er sich im Team als gleichberechtigt fühle, musste ein zunächst ungewöhnlich lange schweigender Webber zwar lange überlegen - letztendlich fiel seine Antwort jedoch positiv aus. "Doch, ich glaube das schon. Wir hatten bislang als Team einen unglaublichen Lauf und mit beiden Fahrern Erfolg, wenngleich Sebastian mit seinen WM-Titeln natürlich mehr hatte. Man muss allerdings hinzufügen, dass es 2010 sehr knapp war und so oder so hätte ausgehen können." In einem spannenden Titelfinale, das vom Vierkampf zwischen Vettel, Alonso, Außenseiter Hamilton und ihm geprägt war, vepasste Mitaspirant Webber seine große Chance jedoch.

2011 erlebte er anschließend eine Seuchensaison. Während sein Stallgefährte vorne dominant Championat Nummer zwei einfuhr, hatte Webber vor allem Probleme mit der Umgewöhnung auf die neuen Pirelli-Pneus. Als Ausrede wollte der Routinier das jedoch nie gelten lassen. "Ich denke, es hängt viel vom jeweiligen Schwung ab und bei jedem Team läuft es ganz einfach so, dass der Fahrer mit seiner Leistung sicherstellen muss, dass das Team ihn auch weiterhin beschäftigen möchte." Bei Red Bull hat er das heuer erneut geschafft. "Ich fühle mich mit dem Team wohl. Und ich wäre ganz sicher nicht auch nächste Saison bei ihnen geblieben, wenn ich nicht glauben würde, dass ich hier eine faire Chance erhalte."

Finger-Verbot für den Teamkollegen?

Wie er Vettel schlagen könne - dafür habe er noch kein Patentrezept, so Webber, der die Stärke seines Konkurrenten scherzhaft auch an dessen mittlerweile bekannter Jubelgeste festmachte. Besonders im englischsprachigen Raum eher ungern gesehen und als arrogant empfunden, wurde der so genannte Vettel-Finger in den letzten Jahren zum Symbol des Höhenflugs des Mannes aus Heppenheim. "Ich habe ihm schon gesagt, er solle diese Geste bitte unterlassen", scherzte Webber und fügte mit einem Grinsen an: "Mal sehen, wie oft wir ihn noch zu sehen bekommen." Sollte er selbst nie eine Weltmeisterschaft einfahren, würde er seine Karriere aber trotzdem nicht als unvollendet empfinden. "Hauptsache ich bleibe den Leuten als jemand in Erinnerung, der hart, konstant und fair Rennen gefahren ist", fand Webber.

Der Red-Bull-Pilot hat in seiner langen Karriere schon so einiges erlebt. Als Mercedes-Junior flog er 1999 in Le Mans durch die Luft, elf Jahre später musste er eine ähnliche Schrecksekunde beim F1-Rennen in Valencia erneut durchleben. 2010 wäre er dennoch fast Weltmeister geworden, obwohl er sich nur zwei Jahre zuvor bei einem schlimmen Mountainbikeunfall mit einem entgegenkommenden Auto das Bein brach. Kümmert sich der Australier nicht trotzdem gerade passioniert um seine Tasmania Challange, bei der sich auch sein Crash zutrug, chauffiert er zwischen den Asien-Grand-Prix der Königsklasse schon mal andere Sportgrößen wie Usain Bolt im Eiltempo über die Straßen Tokios.

Der erste Sieg: Webber begoss ihn standesgemäß, Foto: Red Bull
Der erste Sieg: Webber begoss ihn standesgemäß, Foto: Red Bull

Doch für Webber sind all diese bunten Ereignisse nur Nebenkriegsschauplätze - die Karriere definieren, das würden letztendlich andere Sachen. "Ich denke, am meisten erinnert man sich an uns für unsere Siege. Ich hatte das Glück gleich einige ganz besondere herausfahren zu können und das macht das Ganze hier doch sehr lohnenswert für mich", resümierte der Mann aus Queanbeyan mit Blick auf seine mannigfaltige Laufbahn. Die Frage nach seinem besten Sieg konnte er trotzdem nicht eindeutig beantworten. "Wahrscheinlich war es mein allererster, 2009 auf dem Nürburgring. Es war ein großer Moment, den Job endlich einmal ganz gebacken zu kriegen - besonders, da ich auch noch eine Durchfahrtsstrafe kassiert hatte."

Nürburgring & Monaco stechen heraus

Speziell sei an seinem Premierentriumph vor allem die Art und Weise gewesen: An jenem kühlen Tag im Juli hatte Webber Vettel mehr als nur klar im Griff - und das ausgerechnet vorm Heimpublikum des Deutschen. "Ich hätte damals mit großem Vorsprung gewinnen können. Ich erinnere mich sogar noch, wie ich das Team anfunkte, um mich zu erkundigen, ob Sebastian im Verkehr steckte, weil ich die Lücke so groß halten konnte. Sie antworteten nur: 'Nein, er hat freie Fahrt.' Das war ein tolles Gefühl...", so Webber, der daraus schlussfolgerte: "Wenn man den Kerl auf Platz zwei so unter Kontrolle hat, weiß man, dass es gut läuft."

Doch nicht nur der erste süße Geschmack des Siegerchampagners im Schatten der Nürburg hat sich fest in Webbers Erinnerung eingebrannt. Auch seine Monaco-Triumphe 2010 und 2012 haben für ihn durchaus einen exponierten Stellenwert. "Vor allem Monaco dieses Jahr sticht heraus - wir hatten dort eindeutig nicht das stärkste Auto, aber ich war schon im Qualifying zufrieden mit meiner Runde." Am Sonntag habe er es im Fürstentum dann krachen lassen. "Für mich war das ein sehr spezieller Sieg, denn wir hatten bei weitem nicht das Material zur Verfügung, das wir noch in den beiden Vorjahren gehabt hatten."