Romain Grosjean beendete seine erste Saison bei Lotus und zugleich seine erste volle Saison in der Formel 1 auf Rang acht der Gesamtwertung. Neben zwei Podestplätzen stehen für den Schweizer mit französischer Rennlizenz auch acht Ausfälle zu Buche. Dadurch sammelte er weniger als halb so viele Punkte wie sein erfahrener Teamkollege Kimi Räikkönen. Gegenüber Le Matin sprach Grosjean von einer Saison mit Höhen und Tiefen, "mit sehr guten Ergebnissen, die früher gekommen sind, als ich es gedacht hätte", und spielte damit unter anderem auf Platz drei im ersten Qualifying der Saison an. In seinem vierten Rennen stand er dann erstmals auf dem Podium.

Aus den negativen Vorfällen wie den zahlreichen Startcrashs habe er nun seine Lektionen gelernt. Er habe zumindest den Beginn einer Antwort auf seine Probleme gefunden, doch wollte er nicht verraten, um was es sich genau handelt, da dies privat sei. "Das Saisonende war in Bezug auf die Ergebnisse schwieriger, aber positiv, was den Grad an Beherrschung und den Lernprozess angeht", erklärte Grosjean.

Der Berg Formel 1

In der Formel 1 könne man dem Druck keinesfalls entkommen, betonte er. Dabei gebe es einen gesunden Druck und andere Formen. "Man muss sie unterscheiden, um ein Gleichgewicht zu finden." Des Weiteren musste Grosjean einräumen, dass die Formel-1-Welt deutlich verzwickter ist, als er sich das vorgestellt hatte. "Wenn man hineinkommt, dann muss man einen Berg erklimmen. Und wenn man das einmal angegangen ist, dann sagt man sich, dass er wirklich hoch ist", so Grosjean.

Dementsprechend räumte der Lotus-Pilot auch ein, dass die Formel 1 eine erbarmungslose Welt ist. "Aber das ist wie immer auf einem hohen Niveau. Das ist auch im privaten Banksektor und in der Uhrenindustrie so. Bei dem, was auf dem Spiel steht, gibt es keinen Platz für Erbarmen. Die Plätze in der Formel 1 sind dünn gesät, deshalb gibt es keine Geschenke", erläuterte Grosjean. Für die Saison 2013 hat sich Grosjean, auch wenn er bei Lotus nach wie vor nicht bestätigt ist, vorgenommen, so viel möglich aus dem zu lernen, was er gut oder weniger gut gemacht hat. Und letztendlich die Saison zu erzielen, zu der er sich in der Lage sieht.

Seit ihrer gemeinsamen Zeit bei Lotus verbindet Grosjean und Alonso eine Freundschaft., Foto: Sutton
Seit ihrer gemeinsamen Zeit bei Lotus verbindet Grosjean und Alonso eine Freundschaft., Foto: Sutton

Mit Alonso in den Urlaub?

Trotz des harten Konkurrenzkampfs in der Königklasse hält der 26-Jährige Freundschaften mit anderen Piloten durchaus für möglich. Er verstehe sich beispielsweise mit Fernando Alonso sehr gut. "Er ist jemand, den ich sehr gerne mag und mit dem ich viel über die Rennen diskutiert habe", meinte Grosjean. Offenbar hat der verheerende Startunfall in Spa-Francorchamps, bei dem Grosjean über den Ferrari hinwegschoss und Alonsos Kopf nur knapp verfehlte, keine Auswirkungen gehabt. Die Verbindung rühre aus der Zeit her, als er an der Seite des Spaniers 2009 für Renault fuhr, wo er Nelsinho Piquet ersetzte. Seitdem seien er und Alonso in Kontakt geblieben. Trotz aller Freundschaft räumte Grosjean jedoch ein, dass er nicht so weit gehen würde, mit Alonso oder einem anderen Fahrer gemeinsam Urlaub zu machen.

Seine Freizeit verbringt der Genfer gerne mit Kochen, was er ursprünglich erlernte, um schlanker zu werden, was für Formel-1-Piloten, vor allem die etwas größeren wie Grosjean, gefordert wird. Daraus sei dann eine Leidenschaft geworden. "2009, als ich die Formel 1 verlassen habe, habe ich sogar überlegt, in die Kochschule zu gehen, um Energie zu tanken, oder sogar die Branche zu wechseln", schilderte Grosjean. Neben der Laufbahn als Koch stand ihm auch eine Karriere als Skifahrer offen, denn von seinem Großvater Fernand, der 1950 Vizeweltmeister im Riesenslalom wurde, erbte er den geschickten Umgang mit den Skiern. Sein Vater habe damals sein Veto eingelegt, weil es Dopinggeschichten gegeben habe.

Auch zum umstrittenen Thema seiner Nationalität äußerte sich Grosjean im Interview mit Le Matin. Der gebürtige Schweizer fährt mit französischer Rennlizenz. "Ich bin Europäer und stolz, sowohl Schweizer als auch französisch zu sein", stellte er klar. Die Unterstützung seiner Karriere komme in Form von Renault und Total eben aus Frankreich. Deshalb sei es nur natürlich, dass er mit einer französischen Lizenz fahre. "Aber um kürzlich in die Vereinigten Staaten und nach Brasilien zu kommen, bin ich mit meinem Schweizer Pass gereist. Es ist für mich keine Schande, ihn beim Zoll hervorzuholen", trat er all jenen entgegen, die ihm vorwerfen, seine Schweizer Wurzeln zu verleugnen.