Besonders groß waren die Abstände zwischen dem Zweitplatzierten Sebastian Vettel und dem Schnellsten Lewis Hamilton am Freitag zwar nicht - dennoch traf die erste Wasserstandsmeldung in Interlagos eine Aussage zugunsten des Briten. Dass Vettel ihm im Nacken säße, sei ihm bewusst, betonte Hamilton, wies aber auch auf einen anderen Grund für seinen geringen Vorsprung hin. "Die Runden sind hier mit 1:14er-Zeiten natürlich sehr schnell und kurz." Das Autodromo Carlos Pace in Sao Paulo - für Hamilton in vielerlei Hinsicht Schicksalsstätte. 2007 verlor er hier in seinem Debütjahr in der Königsklasse einen fast schon sicher geglaubten WM-Titel. Im Jahr darauf gelang die Wiedergutmachung.

"2008 habe ich hier die Weltmeisterschaft gewonnen. Ich mag es hier, es ist ein schönes Land, das Wetter ist fantastisch, nur...", geriet der McLaren-Pilot ins Stocken. "Die Strecke war eben nicht immer nur gut zu mir. Aber ich denke, dieses Wochenende kann sie das ja ändern", grinste der 27-Jährige, dem in Interlagos in seiner bisherigen Karriere noch keine einzige Führungsrunde gelang. Zum Abschied von McLaren müsse sich das ändern, fand Hamilton und hoffte dabei auch auf die Anfeuerungen des Publikums, dass am Sonntag eher pro Ferrari, Massa und Alonso eingestellt sein dürfte als für Vettel.

Immer mehr Unterstützung der Fans

Wie ist Sao Paulo dieses Jahr zu Hamilton - gut oder schlecht?, Foto: Sutton
Wie ist Sao Paulo dieses Jahr zu Hamilton - gut oder schlecht?, Foto: Sutton

Mit der Unterstützung seitens der brasilianischen Fans sei es auch für ihn immer so eine Sache gewesen, verriet der Mercedes-Abgänger. "Früher bin ich ja gegen Felipe gefahren, da war das nicht immer ganz einfach", meinte er mit einem Augenzwinkern in Bezug auf sein WM-Duell gegen Massa in Interlagos 2008. Mittlerweile habe sich die Lage aber gebessert. "Und von Mal zu Mal habe ich das Gefühl, dass ich immer mehr Fans habe, wenn ich hierher komme." Mit einer Siegesfahrt am Sonntag würde er gerne noch weitere hinzugewinnen - so laute zumindest das Ziel. Klar sei aber auch, dass es noch zu früh für derartige Prognosen sei. Mit Blick auf die Aussagekraft seiner Trainingsbestzeiten sagte Hamilton: "Es kommt auf die Spritzuladung an, mit der die Konkurrenz heute unterwegs war."

"Aber wir sind definitiv wieder stark, wie auch bei den letzten drei, vier Rennen. Ich hoffe, wir können auch morgen mit Red Bull kämpfen", so Hamilton, der schon fast pathetisch anfügte: "Es wäre mit Sicherheit der beste Samstag, um die Pole zu holen." Spätestens am Sonntag soll dann auch das Wetter eine entscheidende Rolle spielen. Der McLaren-Pilot hätte jedenfalls nichts dagegen, würde das kühle Nass doch auch gleich seine noch bestehenden Reifensorgen davonspülen. "Im Regen wäre das kein Problem, denn dann ist für alle alles anders." Doch auch im Trockenen habe McLaren nichts zu befürchten. "Bei diesen Bedingungen haben wir genauso gute Chancen." Nur die Hitze sei ein großer Faktor. "Ich hatte heute leichte Probleme auf den harten Reifen", räumte der Ex-Champ ein.

"Auf den weichen war ich aber schneller als alle anderen." Am Ende der Session seien die Gegner zwar noch einmal rangekommen. "Aber Sebastian hatte viele Versuche und hat es trotzdem nicht vor uns geschafft - das ist positiv für uns, wenngleich wir abwarten müssen, was morgen passiert", fand Hamilton, der prognostizierte: "Die Long-Runs werden der schwierigste Teil, denn hier muss man besonders nach den Reifen schauen, da ist Red Bull immer gut. Dafür scheinen wir wiederum ein kleines bisschen schneller als sie zu sein - zumindest was Webber betrifft." Das allgemeine Abstimmungsrezept sei derweil ohnehin klar: "Auf dieser Strecke geht es nur um die Downforce - je mehr man haben kann, desto besser, denn sonst frisst einen der Mittelsektor in puncto Reifen wirklich auf."