Der Große Preis von Indien war in der Hinsicht besonders, dass die Teams sich einmal nicht um den Reifenverschleiß Sorgen machen mussten oder gar ihre Strategie davon bestimmt war. Stattdessen konnten sie sich voll auf das Rennen konzentrieren, die Fahrer konnten während des ganzen Rennens angreifen und das Maximum herausholen. Auf der anderen Seite schränkte das jedoch auch die Gelegenheiten der Fahrer ein, auf strategische Art und Weise Plätze gutzumachen. Für Piloten, die außerhalb der Top-10 starteten, gab es folglich wenig Möglichkeiten, großartige Fortschritt in Richtung Punkte zu erzielen, so wie wir es schon öfters von Sergio Perez oder zuletzt in Korea auch von den Toro-Rosso-Fahrern gesehen haben.

Hembery: Zu konservativ?, Foto: Sutton
Hembery: Zu konservativ?, Foto: Sutton

Für die Entwicklungsrichtung dieses Rennens gab es vornehmlich zwei Gründe: Erstens haben die Teams nun bis zu einem gewissen Grad Einblick erhalten wie die Pirelli-Reifen 2012 funktionieren und wissen, wie sie nun viel mehr aus ihnen herausholen können als noch vor sechs Monaten. Der Hauptgrund war aber die Reifenwahl, die Pirelli für das Wochenende getroffen hatte - die weiche und die harte Mischung war eine zu konservative Entscheidung.

Nach dem Rennen räumte Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery ein, dass ein Einsatz der superweichen Pneus zu mindestens zwei Boxenstopps und einer Vielzahl an strategischen Optionen geführt hätte. Auf der anderen Seite unterstreicht das aber auch den Trend, den man in den letzten Rennen der Saison nun beobachten kann: Da die Meisterschaft auf die Entscheidung hinsteuert, ist Pirelli vorsichtiger geworden. Am Sonntag konnte in Indien daher fast jeder auf eine Ein-Stopp-Strategie setzen, da die Reifen auf der Strecke kaum Abnützungserscheinungen aufwiesen. Der Beweis dafür ist auch, dass die vier schnellsten Rennrunden alle im allerletzten Umlauf gefahren wurden - die Reifen hatten am Ende also durchaus noch eine Menge in sich.

Die Erwartungen vor dem Rennen

Das Wetter war in Neu Delhi das ganze Wochenende stabil, die Teams konnten also bereits am Freitag und Samstagvormittag ausgiebig fahren und hatten daher sehr bald ein allumfassendes Bild, wie sich die Reifen im Rennen wohl verhalten würden. Vor dem Rennen planten die Strategen daher mit einem Stopp um die 25. Runde herum, da sich die Einstoppstrategie in den Hochrechnungen zwischen fünf und 15 Sekunden schneller darstellte als ein Fahrer mit zwei Stopps. In puncto Pace sahen Red Bull, McLaren, Ferrari und Lotus nach dem Training noch relativ ähnlich aufgestellt aus.

Die McLarens konnten Alonso nicht halten, Foto: Sutton
Die McLarens konnten Alonso nicht halten, Foto: Sutton

Mit Blick auf die Startaufstellung lässt sich festhalten, dass beide McLarens in Reihe zwei versuchen mussten, die Red Bulls schon auf der ersten Runde zu überholen. Wenn sie erst einmal in die schnellen Kurven in den Sektoren zwei und drei gelangen würden, wären sie sofort außer Reichweite. Das Gleiche galt auch für Fernando Alonso, der von P5 aus losfuhr - er musste bereits am Start an den McLarens vorbei, wenn er eine Chance haben wollte, Vettel zu jagen.

Für ihn ging die Taktik in der Tat ganz gut auf, am Ende wurde er Zweiter - für McLaren lief es mit den Plätzen vier und fünf hingegen schon schlechter. Für die Fahrzeuge im Mittelfeld waren die Möglichkeiten, strategisch im größeren Stil Plätze gutzumachen bereits stark eingeschränkt. Chancen zu überholen gab es aber auf dem Buddh International Circuit allerdings trotzdem, zumal Fehler auf der staubigen Strecke relativ wahrscheinlich waren - in gewissem Rahmen gab es also Hoffnung, sich nach vorne zu arbeiten.

Das Rennen

Im ersten Stint konnte Vettel sehr hart attackieren und so eine Lücke herausfahren, die es ihm ermöglichte, das Rennen zu kontrollieren. Auf den härteren Reifen wurde es für ihn dann aber schon schwieriger. Ferrari war auf beiden Reifenmischungen konstant schnell, wohingegen McLaren auf der weichen Komponente langsamer war, dafür aber stärker auf der härteren. In Vettels zweitem Stint ging seine Pace ungefähr um sieben Zehntel zurück und er verlor deshalb eine Sekunde pro Runde, was aber auch daran lag, dass er mit einer magereren Motoreneinstellung fuhr und versuchte, den Abstand zu Alonso zu verwalten, sobald dieser Webber überholt hatte.

Vettel verwaltete seinen Vorsprung, Foto: Sutton
Vettel verwaltete seinen Vorsprung, Foto: Sutton

Vier Fahrer begannen das Rennen auf den harten Reifen: Grosjean auf Platz elf, Ricciardo auf Rang 15, Kobayashi als 17. und Schumacher, der von P14 aus startete. Bis auf Schumacher, der ausfiel, machten alle zwei oder drei Plätze gut. In den meisten Fällen war das aber noch nicht genug, um in die Punkte zu kommen - lediglich Grosjean schaffte es, zwei Zähler für den neunten Rang abzustauben.

Alle hinter Nico Rosberg, die auf einem Stopp waren, hatten zunächst Probleme an ihm vorbeizugehen - bis auf Grosjean, dessen Strategie, im ersten Stint länger zu fahren, gut aufging. Grosjean fuhr einen langen ersten Stint auf den harten Reifen, kam in Runde 36 als letzter aller Piloten an die Box, und ließ die weichen Pneus aufziehen. Sein Plan, länger auf den harten Reifen zu fahren war besser als die Taktik der Piloten, die schon früher mit ihren harten Reifen an die Box gekommen waren..

Ein besseres Resultat Grosjeans verhinderte Hulkenberg, Foto: Sutton
Ein besseres Resultat Grosjeans verhinderte Hulkenberg, Foto: Sutton

Etwas eingeschränkt wurde seine Aufholjagd allerdings dadurch, dass er hinter Nico Hülkenberg herauskam. Dass er die Position jedoch ergattert hätte, wenn er ein oder zwei Runden früher gestoppt hätte, kann man dennoch nicht sagen, da er in den drei Runden vor dem Stopp zusammengerechnet auf Hülkenberg nur 1,7 Sekunden verlor. Für Lotus war es schade, dass sie ihre volle Pace am Sonntag nicht ausschöpfen konnten.

Im Training am Freitag waren sie noch so schnell wie die führenden Fahrzeuge, aber Grosjeans schlechte Startposition und der Fakt, dass Kimi Räikkönen hinter Massa festhing, bedeutete, dass sie nicht die Resultate einfahren konnten, die die Geschwindigkeit des Autos zugelassen hätten. .

Das Duell Massa vs. Räikkönen zog sich durchs ganze Rennen, Foto: Sutton
Das Duell Massa vs. Räikkönen zog sich durchs ganze Rennen, Foto: Sutton

Massa war am Ende 35 Sekunden hinter Alonso - bezieht man mit ein, dass Ferrari ihn mit weniger Sprit losgeschickt hatte als seinen Teamkollegen, war er pro Runde also über eine halbe Sekunde langsamer als dieser. Da ihnen die Vergleichswerte bei der Rennsimulation fehlten und er auf der Geraden länger Vollgas fahren musste (ohne DRS), bekamen sie mit ihrer Benzinmenge am Ende Schwierigkeiten.