1227,241 Rennkilometer sind in dieser Saison noch zurückzulegen, das entspricht den vier verbleibenden Rennen in Indien, Abu Dhabi, Texas und Brasilien. Und um in diesen vier Rennen auch wirklich alle Chancen zu haben, den Fahrertitel nach Maranello zu holen, hat Ferrari-Chefdesigner Nikolas Tombazis versprochen, dass aggressiv entwickelt werden wird. "Da wir aktuell keinen Vorteil haben, weder bei der Leistung des Autos noch bei den Punkten, können wir nicht verteidigen. Wir müssen angreifen und eine aggressive Herangehensweise bei der Entwicklung des Autos für diese vier Rennen wählen. Wir brauchen bei jedem Updates, um die Lücke zu schließen und um Siege zu kämpfen, was hoffentlich den Titel bringt", erklärt Tombazis.

Bislang kann der Chefdesigner mit der Entwicklungsarbeit in diesem Jahr nicht besonders zufrieden sein, da es einige Probleme gab. Auf der anderen Seite muss er festhalten, dass Ferrari noch um die WM kämpft, es also nicht so schlecht war. "Es gab eine Phase, als unsere Entwicklung besser war als bei der Konkurrenz, wodurch wir den sehr schlechten Saisonstart wettmachen konnten. Auch daraus können wir Zufriedenheit ziehen. In den letzten Rennen entsprach der Fortschritt aber nicht den Erwartungen und einige Teile, die das Auto schneller machen sollten, taten das nicht. Dadurch liegen wir hinter unseren Konkurrenten."

Nur ein Modell

Das heißt allerdings nicht, dass Ferrari nicht zugelegt hat, die Scuderia konnte nur nicht so viel zulegen wie erhofft. Eine Ursache dafür ist die mittlerweile oft erwähnte nicht passende Korrelation von Windkanal-Daten mit jenen an der Strecke. "Der Windkanal kann immer nur ein Modell dafür sein, wie die Dinge in der Realität aussehen, er kann nie absolut real sein. Die Daten, die wir im Windkanal sahen, passten nicht zu 100 Prozent zu den Daten, die wir von der Strecke bekamen. Wir erlebten mit einigen Updates bei den letzten Rennen unliebsame Überraschungen, also wollten wir das sofort lösen und verstehen, wo etwas schiefgelaufen war", erzählt Tombazis.

Einiges muss noch angepasst werden, Foto: Sutton
Einiges muss noch angepasst werden, Foto: Sutton

Und eben aus diesem Grund gab es den Aerodynamik-Test in Spanien vergangene Woche. Dabei erhielt das Team einige gute Antworten auf die Probleme mit den Updates und der Chefdesigner ist überzeugt, dass sich in Indien einiges lösen lassen wird, wodurch die Lücke nach vorne wieder schrumpfen sollte. Für die Schwierigkeiten mit dem Windkanal ortet Tombazis mehrere Gründe. "Es kann von einem Problem mit dem Maßstab kommen, denn das verwendete Modell ist viel kleiner als das echte Auto und es kann auch daher kommen, dass der Wind im Kanal anders ist, als wenn man das Auto in der freien Luft fährt. Die Art, wie die Luft über das Auto fließt, kann ebenfalls ein Faktor sein."

Ein Fehler ist leicht passiert

Im Prinzip läuft es auf das Problem hinaus, das Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo ein Dorn im Auge ist: die Aerodynamik an einem modernen Formel-1-Auto ist sehr kompliziert und hängt von der Interaktion vieler Teile ab, wobei kleine Details große Auswirkungen haben können. "Daher passiert leicht ein Fehler. Die Korrelation kann man nicht wie schwarz und weiß sehen und man darf nicht erwarten, dass ein Windkanal in allen Bereichen perfekte Ergebnisse bringt. Wir hatten in einigen Bereichen Probleme, doch das heißt nicht, dass unsere ganze Arbeit im Windkanal nutzlos war", sagt Tombazis.

Immerhin konnte Ferrari die Probleme genau festmachen und daher die entsprechenden Schritte ergreifen, für die Zukunft heißt das aber, dass der Windkanal komplett überholt und auf den modernsten Stand gebracht wird. "Im Vergleich zu unseren Konkurrenten ist unserer älter und läuft daher in ein paar Bereichen nicht auf dem höchsten Level. Die Arbeit beinhaltet, dass unser Windkanal in Maranello temporär geschlossen wird und während diesen paar Monaten werden wir einen externen Windkanal nutzen, damit unser Entwicklungs-Programm ohne Störung weiterlaufen kann, bis bei uns alles passend erneuert ist. In einer idealen Welt wird einem ein Windkanal alle Ergebnisse liefern, die man braucht, daher wäre es einfacher, einfach nur einen Windkanal zu nutzen statt zwei. In einem Fall wie bei uns, wo es Zweifel an den Daten gab, ist es aber nützlich, zu schauen, was wir in einem anderen Kanal herausfinden, um die Ergebnisse zu vergleichen."

Immer einen Schritt näher

Zunächst steht aber einmal die kurzfristige Zukunft im Vordergrund und dabei warten zwei Strecken für maximalen Abtrieb und zwei, die nur etwas weniger Abtrieb verlangen. "Darum wird es beim Aero-Setup nur geringe Unterschiede geben, daher sehe ich keine Probleme bei der Anpassung des Autos voraus. Unser Ziel ist es, in so kurzer Zeit wie möglich alle Entwicklungen ans Auto zu bringen, die wir im Windkanal getestet haben, um zu sehen, wie sie laufen, um ihre Leistung zu bestätigen, damit wir nicht wieder die gleichen Probleme wie zuvor haben. Dadurch erhoffen wir, in jedem Rennen den Autos vor uns näher zu kommen, damit wir um Siege kämpfen können", meint Tombazis.

Ein Großteil der Arbeit wird vor dem Wochenende erledigt, Foto: Sutton
Ein Großteil der Arbeit wird vor dem Wochenende erledigt, Foto: Sutton

Völliges Neuland erwartet ihn, Ferrari und den Rest der Formel 1 beim Rennen in Austin, dafür wurden anhand einer detaillierten Karte der Strecke alle Kurven berechnet und damit Simulationen erstellt. So konnte ein ungefähres Setup erstellt werden und im Simulator ließ sich testen, wie das Auto an den verschiedenen Ecken der Strecke reagiert. "Unsere Simulations-Werkzeuge sind recht gut, wodurch wir eine Basis für die Abtriebs-Level und das Setup erstellen konnten. Wenn wir an die Strecke kommen, wird es immer noch einiges zu entdecken geben und es wird etwas Feintuning brauchen, damit es perfekt ist. Der Großteil der Arbeit ist aber getan."

Noch viel Aero-Arbeit

Ein guter Teil am Auto für nächstes Jahr ist auch bereits getan, so sind die wichtigen, strukturellen Elemente wie Chassis, Getriebe, das mechanische Layout, das Fahrwerk und die Crash-Strukturen bereits in Produktion. Dank der Regelstabilität wird der Renner für 2013 auch von den Entwicklungen am aktuellen Auto profitieren, weswegen Tombazis und sein Team sich vermehrt darauf konzentrieren können, die Schwachpunkte auszumerzen. "Wenn es um das Aero-Paket geht, ist da noch viel Arbeit und sobald wir 2012 und diese letzten vier Rennen komplett hinter uns haben, werden wir uns zu 100 Prozent auf das nächste Auto konzentrieren."