Am 25. November 2012 endet mit dem Großen Preis von Brasilien in Sao Paulo die Formel-1-Karriere des Michael Schumacher - zum zweiten Mal. Bereits sechs Jahre zuvor feierte der Rekordweltmeister an Ort und Stelle schon einmal seinen Abschied, nur um drei Jahre später viel umjubelt sein Comeback mit Mercedes bekanntzugeben - und im Anschluss daran letzten Endes hinter den so hohen sportlichen Erwartungen zurückzubleiben. Die oftmals zur Schau gestellte Gelassenheit in einer eigentlich schwierigen Periode - gespielt war sie nicht, beteuerte Schumacher, gleichsam darum bemüht, zu demonstrieren, dass ihn der Misserfolg aber trotzdem keineswegs kalt gelassen habe.

"Ich kann nur sagen, dass ich 2009 nicht zurückgekehrt bin, um ein bisschen im Kreis herumzufahren. Ich wollte meiner Passion nachgehen und logischerweise auch Erfolg haben", räumte der Silberpfeil-Pilot nun ein. Seine Beweggründe, damals den Wiedereinstieg in die Königsklasse zu wagen? "Die Basis war gut: Ein Team, das gerade Weltmeister geworden war. Dazu der große Name Mercedes und ich - das sah alles ganz gut aus", fand Schumacher. "Wir dachten: Wenn wir eins und eins zusammenzählen, fahren wir vorn. Am Ende ist es nicht gelungen, das wissen wir", so der mittlerweile 43-Jährige in der Welt am Sonntag.

Team bat um einen Dreijahresplan

Schumacher gab auch zu, die Herkulesaufgabe bei den Stuttgartern wohl ein bisschen unterschätzt zu haben. "Eigentlich wollte ich 2009 nur für zwei Jahre zurückkehren. Ich habe gedacht, dass diese Zeit ausreicht, um den Titel holen zu können", verriet der Rekordchampion. Dass er sich letztendlich doch für drei Jahre verpflichtete, habe daran gelegen, dass man ihn im Team darum gebeten habe. "Ich hatte allerdings jederzeit meine Optionen, hätte jederzeit aussteigen können. Aber ich habe es eben durchgezogen", erklärte Schumacher rückblickend. Die viele Kritik, die er und seine Mannen in dieser Zeit einstecken mussten - für ihn laut eigener Aussage nicht wirklich schmerzhaft.

Am Ende kam Schumacher doch ohne Blindenstock zur Abschiedsverkündung, Foto: Sutton
Am Ende kam Schumacher doch ohne Blindenstock zur Abschiedsverkündung, Foto: Sutton

"Man lernt damit umzugehen", fand der 91-fache Grand-Prix-Sieger, dem dieses Gefühl - zumindest in Sachen Erfolg - aus seiner ersten Karriere gänzlich unbekannt war. Doch er wollte das Geschehen um seine Person ins rechte Licht gerückt sehen. "Es gibt eben einige Leute, die versuchen, mit meinem Namen in die Schlagzeilen zu kommen. Wenn man das versteht, lässt sich das besser ignorieren", relativierte Schumacher und zeigte sich parallel auch gleich noch von seiner lustigen Seite. "Zu der Pressekonferenz in Suzuka, auf der ich meinen Rücktritt bekannt gegeben habe, wollte ich eigentlich mit so einem Blindenstock kommen. Als Anspielung auf all die Fragen, ob ich eine Brille brauche", lachte der Wahl-Schweizer.

Seine Augen würden jedenfalls tadellos funktionieren, versicherte Schumacher und fügte dann mit vollem Durchblick an: "Die Ergebnisse sind trotzdem ausgeblieben." Die viele verbale Prügel, der er mit dem Team deshalb habe einstecken müssen, habe einen prägenden Charakter entwickelt. So wollte Optimist Schumacher selbst daraus etwas Positives ziehen: "Es hilft, einen weiteren Blick auf die Dinge zu entwickeln. In meinen Augen hilft es, wenn man darüber stehen und darüber nachdenken kann." Das bringe einen generell weiter. "Mir hat es auch bei der Entwicklung meiner Persönlichkeit sehr geholfen", war sich der Familienvater sicher.

Der Blick in den Spiegel muss stimmen

Reibungslos verlief Schumachers Silberzeit nicht gerade, Foto: Sutton
Reibungslos verlief Schumachers Silberzeit nicht gerade, Foto: Sutton

Sein Image als erfolgreichster Pilot der Formel-1-Geschichte, wollte Schumacher ob der weitestgehend erfolglosen letzten drei Jahre aber nicht gefährdet sehen. "Wer ein so kleines Blickfenster haben möchte - bitteschön. Man muss das nicht so sehen", fand der siebenfache Weltmeister. Er erklärte: "Wir sind als Rennfahrer abhängig von unserem Auto. Dass das bei uns nicht wie geplant funktioniert, ist genauso meine Schuld, wie es die Schuld vom Team ist." Am Ende des Tages sei ungeachtet aller Schuldfragen aber nur eines wichtig: "Ich muss in den Spiegel blicken und sagen können, dass ich alles gegeben habe. Und das kann ich."

Mit sich im Reinen, sei es nun auch gar nicht so schwer, den Helm erneut an den Nagel zu hängen - diesmal für immer. Die Vorfreude auf die Zeit 'danach' sei heuer größer als beim ersten Abschied 2006. "Meine Mission ist beendet, insofern kann ich zufrieden in die Phase meines Lebens zurückkehren, die ich schon nach meinem ersten Rücktritt sehr genossen habe. Ich habe ein sehr intensives Leben mit vielleicht mehr Höhen als Tiefen", so Schumacher, der mit einem Grinsen hinzufügte: "Ich glaube, dass man als Sportler nur eine gewisse Zeit hat, um auf höchstem Niveau zu agieren. Ich habe diese Zeit ohnehin schon länger ausgedehnt als die meisten anderen."

Dass ihn die Lust auf das Bewegen eines Fahrzeugs am Limit schon bald wieder packen könnte, so wie eben auch nach seinem Ferrari-Abschied, glaubte er nicht. Diesmal sei alles anders. "Ich habe nach meinem Ende bei Ferrari relativ schnell gespürt, dass sich meine Akkus wieder aufladen. Seit ich wieder dabei bin, verschwindet die Energie aber sukzessive wieder." Zwar sei immer noch genug da gewesen, um einhundert Prozent Leistung zu bringen. "Aber ich habe mich eben gefragt, ob es für ein oder zwei weitere Jahre reichen wird", so Schumacher, der seine persönliche Antwort schnell gefunden hatte. Daher wollte er klarstellen: "Ich gehe ziemlich sicher davon aus, dass dieser Rücktritt für immer ist." Ein zweites Comeback werde es nicht geben, stelle der zweite Rücktritt für ihn nach eigener Aussage doch vor allem eines dar: Einen Schritt in die Freiheit.