Der Kampf um die Weltmeisterschaft spitzt sich allem Anschein nach zu einem Zweikampf zwischen Fernando Alonso und Sebastian Vettel zu. Während Vettel in Japan gewann, schied Alonso nach Belgien zum zweiten Mal binnen weniger Wochen ohne eigenes Verschulden aus und weist nun nur mehr vier Punkte Vorsprung auf den Deutschen auf. Mit einem Sieg könnte Vettel bereits beim nächsten Rennen in Südkorea die Spitze übernehmen. Motorsport-Magazin.com liefert Argumente für und gegen eine Wachablöse.

Pro: Ein Vettel auf Betriebstemperatur lässt sich nicht stoppen

von Philipp Schajer

Red Bull ließ in der ersten Saisonhälfte jene technische Überlegenheit vermissen, die den österreichischen Rennstall in den letzten Jahren auszeichnete und nahezu unschlagbar machte. Aufgrund des Verbots des angeblasenen Diffusors musste Adrian Newey im Winter umdenken, weswegen man laut dem Briten mehr Performance als die Konkurrenz verloren habe. Mittlerweile befindet sich der RB8 aber technisch wieder auf der Höhe, was nicht zuletzt dem in Japan erstmals eingesetzten Doppel-DRS geschuldet ist, auch wenn Teamchef Christian Horner die Bedeutung dieser Einrichtung herunterspielte. Läuft die Red-Bull-Maschinerie einmal auf Hochtouren, kann die Konkurrenz nicht mithalten - das gilt auch für Ferrari.

Vettel gewann im Vorjahr in Südkorea, Foto: Pirelli
Vettel gewann im Vorjahr in Südkorea, Foto: Pirelli

"The trend is your friend." Dieser Spruch ist zwar in erster Linie auf dem Börsenparkett gebräuchlich, lässt sich jedoch auch auf den Sport übertragen. Vettel gewann als erster Pilot in dieser Saison zwei Rennen in Serie und scheint damit endlich auf Betriebstemperatur gekommen zu sein. Während sich Alonso vor allem durch seine beständigen Zielankünfte auszeichnen konnte, verließ ihn zuletzt das Glück und er schied zwei Mal bereits in der ersten Kurve aus. Da mittlerweile auch das leidige Problem mit der Lichtmaschine behoben sein sollte, spricht wenig gegen einen dritten Erfolg Vettels. Startet er ein weiteres Mal von der Pole Position, hält sich auch die Gefahr eines Startunfalls in Grenzen

Für Vettel ist die Jägerrolle in der heißen Phase der Weltmeisterschaft nicht neu. Vor zwei Jahren lag er schon nahezu aussichtlos zurück, ehe er in den letzten Rennen mit einer Siegesserie eine beispiellose Aufholjagd startete und schlussendlich Alonso noch abfing. Mit dem Wissen und den Erfahrungen von 2010 sollte der Heppenheimer in der Lage sein, den Spanier bereits in Yeongam abzuschütteln und damit die Grundlage für seinen dritten Titel zu legen.

Contra: In Korea greift der Alonso-Faktor

von Olaf Mehlhose

Der Abgesang, den einige Medien derzeit auf Fernando Alonso veranstalten, kommt zu früh - und ist darüber hinaus auch noch falsch. Der Spanier ist 2012 der mit Abstand kontanteste Fahrer und würde die WM souverän anführen, wäre er nicht in zwei der letzten vier Rennen in Kurve eins abgeschossen worden. Mit dem Ausscheiden in Japan sollte er sein Pech aber erst einmal aufgebraucht haben, sodass in Yeongam wieder die fahrerische Klasse den Ausschlag gibt: Vorteil Alonso.

Alonso hat sein Pech aufgebraucht, Foto: Sutton
Alonso hat sein Pech aufgebraucht, Foto: Sutton

Zudem ist der Ferrari nicht so schlecht wie er nach dem Rennen in Suzuka gemacht wurde. Dass der F2012 sich im Rennen vor keinem anderen Auto verstecken muss, bewies Felipe Massa mit Rang zwei. Im Qualifying war Ferrari in den letzten Rennen zwar nicht auf Top-Niveau, doch gerade das unbefriedigende Abschneiden in Japan sollte dafür sorgen, dass die von Alonso und Luca di Montezemolo geforderten Verbesserungen in Südkorea zum Tragen kommen. Und: In punkto Zuverlässigkeit ist der Ferrari im Vergleich zum Red Bull ohnehin das bessere Auto.

Wer Ferrari schon abschreibt, macht einen Fehler. Für alle Top-Teams ist 2012 ein ständiges Auf und Ab. Vor dem Rennen in Japan galt McLaren noch als das Maß aller Dinge, jetzt soll es Red Bull sein. Doch beim Blick auf den bisherigen Saisonverlauf erscheint es allerdings nicht gerade plausibel, dass das Weltmeisterteam in den verbleibenden fünf Rennen vorneweg fährt. Viel wahrscheinlicher wäre es, wenn die aktuelle Hackordnung in Korea wieder durcheinander gewürfelt wird.