1. - S wie Startaufstellung

Es dauerte nach dem Ende des Qualifyings in Japan einige Zeit, bis die endgültige Startaufstellung für das Rennen am Sonntag feststand, denn insgesamt mussten vier Strafversetzungen berücksichtigt werden. Michael Schumacher bekam bereits beim Grand Prix in Singapur mitgeteilt, dass er nach seiner Kollision mit Jean-Eric Vergne zehn Plätze weiter hinten starten muss. Jenson Button und Nico Hülkenberg mussten wegen eines Getriebewechsels jeweils fünf Plätze nach hinten rücken. Während Button bereits in der vergangenen Woche erfuhr, dass sein Getriebe ähnliche Symptome zeigte wie jenes, das in Singapur zum Ausfall seines Teamkollegen Lewis Hamilton geführt hatte, kam die Hiobsbotschaft für Hülkenberg nach seinem Crash im dritten Freien Training.

Michael Schumacher hat in Suzuka 22 Boliden vor sich., Foto: Sutton
Michael Schumacher hat in Suzuka 22 Boliden vor sich., Foto: Sutton

Last but not least im Bunde der Büßer ist Jean-Eric Vergne. Der Franzose in Toro-Rosso-Diensten hatte nach Ansicht der Stewards Bruno Senna im Qualifying in Kurve 16 aufgehalten, weshalb sie ihn um drei Plätze nach hinten versetzten. Kurzzeitig in Gefahr war auch Sebastian Vettels Pole Position, da Fernando Alonso ihn an selber Stelle des Blockierens bezichtigte. Der Red-Bull-Pilot kam jedoch mit einer Verwarnung der Stewards davon.

Trotz der zahlreichen Verschiebungen in der Startaufstellung gab es vier Piloten, die ihre im Qualifying herausgefahrene Position behielten. Das Red-Bull-Duo Sebastian Vettel und Mark Webber startet nach wie vor mit freier Sicht nach vorn, Lewis Hamilton verbleibt auf Rang neun und Narain Karthikeyan bildet weiterhin das Schlusslicht.

2. - S wie Start

Da Suzuka nicht unbedingt als Überhol-Strecke gilt, hat nach dem Qualifying der Start besondere Bedeutung. Denn abgesehen von einer überlegenen Strategie lässt sich ansonsten nur schwer Boden gutmachen und Siege wie jener von Kimi Räikkönen 2005, als er nach dem Start von Position 17 in der letzten Runde noch Giancarlo Fisichella überholte, sind eher die Ausnahme. Dementsprechend werden die 545 Meter bis zur ersten Kurve am Sonntag eine wichtige Rolle beim Rennausgang spielen, sollte nicht irgendwo die große Reifenkrise ausbrechen oder wieder einmal Lichtmaschinen und Getriebe den Geist aufgeben.

Riskant ist klarerweise, dass die erste Kurve für das Feld wieder relativ eng werden könnte und dadurch das Potential von Auffahr-Unfällen recht groß ist. Da die 545 Meter bis Kurve eins recht lang sind, werden die Autos bis dahin sehr schnell und der Ziehharmonika-Effekt relativ groß sein. Das heißt, wenn es kracht, dann möglicherweise richtig.

Wohl dem, der möglichst weit vorne steht und nach Möglichkeit noch auf der ungeraden Seite der Startaufstellung losfahren kann. Denn dort ist die Strecke sauberer und damit der Grip auch besser, was es für Sebastian Vettel und Kamui Kobayashi noch ein wenig einfacher machen sollte, ganz weit vorne in die erste Biegung zu gehen. "Wir starten in Japan von der bestmöglichen Position. Das ist ein tolles Ergebnis. Sebastian ist in einer Top-Verfassung", freute sich deswegen auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner.

3. - S wie Strategie

Wer den Japan Grand Prix 2011 noch im Kopf hat, der weiß, wie wichtig die passende Strategie in Suzuka sein kann. Damals konnte Jenson Button Sebastian Vettel zu Anfang des Rennens auf den Fersen bleiben und sich dank des geringeren Reifenabbaus an den Boxen an ihm vorbeiarbeiten. Und auch in diesem Jahr wird wohl wieder die Strategie über Sieg und Niederlage entscheiden, da Überholmanöver primär an der Box oder mit großen Reifen-Unterschieden möglich sind.

Als wahrscheinlichste Stopp-Option galt am Samstag die Zwei-Stopp-Strategie, wobei es ein paar Teams geben könnte, die möglicherweise auch einen dritten Stopp brauchen. Sollte es ein Safety Car geben, was in Suzuka durchaus wahrscheinlich ist, wären die Fahrer mit zwei Stopps wesentlich flexibler. "Wir haben jetzt schon eine spannende Mischung an Strategien gesehen, das könnte morgen zu einem sehr schnellen und taktischen Rennen führen", sagte Pirelli Motorsport Direktor Paul Hembery nach dem Qualifying.

Dass mit der Strategie noch einiges möglich ist, hoffte Jenson Button, der im Qualifying zwar Dritter war, wegen eines Getriebewechsels aber fünf Positionen verlor. "Ich glaube, die Strategie wird morgen einiges durchmischen - das könnte uns auch nach vorne spülen", sagte er. "Wenn es ein geordnetes Rennen wird, wird es schwierig, aber daran glaube ich nicht - wenn nicht, haben wir Chancen, gerade auch deswegen, weil an vielen Stellen neu asphaltiert wurde und einige Leute mit ihren Pirellis in Schwierigkeiten geraten werden."

4. - S wie Setup

Den größten Fehlgriff in Sachen Setup leistete sich McLaren-Pilot Lewis Hamilton. "Wir hatten im Training auf einmal massives Untersteuern. Wir haben das dann geändert, aber scheinbar zu viel, denn herauskam ebenso massives Übersteuern. Wir sind dann mehr oder weniger auf die gestrige Abstimmung zurück, aber das hat auch nicht funktioniert", klagte er. "Es ist komisch - ich habe mich das ganze Wochenende über gut im Auto gefühlt. Dann machen wir ein paar Setup-Änderungen und nichts geht mehr. Wir waren schlichtweg nicht schnell genug. Ich war nicht schnell genug...", stellte er frustriert fest und sprach von einem "absoluten Desaster".

Doch nicht nur Hamilton setzte in Sachen Abstimmung aufs falsche Pferd. Auch Pastor Maldonado war nach dem Qualifying auf dem Suzuka International Racing Course unzufrieden mit seinem Boliden. "Das Problem waren nicht die Reifen, sondern das Auto. Dass wir die Reifen nicht auf Temperatur bekommen haben, lag daran, wie wir das Auto abgestimmt haben", berichtete er. "Pastor hatte Probleme mit der Balance des Autos, was sein Potenzial einschränkte", bestätigte Williams-Chefingenieur Mark Gillan. Auch bei Sauber-Pilot Sergio Perez gab es trotz Startplatz fünf Stirnrunzeln. "Um ehrlich zu sein, kämpfte ich das Qualifying über mit der Balance und konnte die Pace nicht ausschöpfen", gestand der Mexikaner.

Richtig glücklich in Bezug auf das Setup waren dagegen die beiden Red-Bull-Piloten, die dem Samstag in Suzuka ihren Stempel aufdrückten. "Mit wenig Sprit den Hügel rauf zu rasen macht irrsinnigen Spaß. Und heute kam einfach alles zusammen. Mit immer mehr Gummi kam immer mehr Grip auf die Strecke, aber es hat an unserer Balance nichts verändert. Sie war einfach perfekt und ich liebe diese Strecke", schwärmte Polesetter Vettel. "Wir haben wie Hölle geschuftet, um das Auto in dieses Fenster zu bekommen, in dem wir es haben wollen", betonte Webber. "Jeder hat hart gearbeitet", stellte auch Teamchef Christian Horner klar. "Wir haben das eine oder andere Detail am Setup verändert, seitdem fühlen sich die Fahrer wohler. Das sieht man vor allem im ersten Sektor." Ob die Bullen auch in Sachen Rennsetup richtig liegen, zeigt sich jedoch erst am Sonntag.

5. - S wie Strecke

Der 5,807 Kilometer lange Suzuka International Racing Course bringt die Piloten als klassische Fahrerstrecke ins Schwärmen. "Ich mag diese Strecke mit ihren tollen Passagen, die dich als Fahrer wie nur wenige fordern", lautete Michael Schumachers Liebeserklärung an die Strecke, auf der er mit sechs Siegen der Rekordhalter ist. Markant sind sowohl die S-Kurven im ersten Sektor, die die Red-Bull-Piloten im Laufe des Wochenendes nahezu bis zur Perfektion meisterten, sowie die 130R, die schnellste Kurve der gesamten Saison, die mit etwa 310 km/h durchfahren wird.

Der Suzuka International Racing Course feiert 50-jähriges Bestehen., Foto: Sutton
Der Suzuka International Racing Course feiert 50-jähriges Bestehen., Foto: Sutton

Auch die berühmte Spoon zeigte dem ein oder anderen Fahrer die physikalischen Grenzen seines Boliden auf. Jüngstes Beispiel ist Kimi Räikkönen, der am Ende des Qualifyings abflog und damit faktisch für das Ende der Zeitenjagd sorgte. "Der Kurs lässt einem die Nackenhaare aufstellen. Er ist kompromisslos wie ein Straßenkurs. Man darf sich keinen Fehler erlauben, denn der Kurs bestraft dich sofort", erklärte Jenson Button.

Überholmöglichkeiten gibt es auf dem Kurs unweit der Millionenstadt Nagoya nur wenige. Die wichtigsten sind die Schikane und die DRS-Zone. Ob in Letzterer tatsächlich zahlreiche Positionskämpfe stattfinden werden, bezweifelt Button jedoch. "Ich weiß nicht, warum man die DRS-Zone hier verkürzt hat. Das wird noch eine böse Überraschung, denn jetzt wird es nicht einfach", warnte der letztjährige Sieger. "Dort war es letztes Jahr schon schwierig zu überholen - nun hat man noch weniger Zeit. Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, warum man das gemacht hat."

6. - S wie Sorgenkinder

Fast jedes Team würde sich wahrscheinlich um die Probleme von Ferrari reißen. Doch dass es sich um Luxusprobleme handelt, macht die Lage für die Scuderia nicht weniger gefährlich. Im Titelkampf geraten die Roten im Vergleich mit den anderen Top-Teams ins Hintertreffen. Nach McLaren ist inzwischen auch Red Bull ereilt, spätestens das Qualifying in Suzuka führte das nachdrücklich vor Augen. Fernando Alonso scheint von der Leistungsfähigkeit seines Autos nicht unbedingt überzeugt. "Mein Teamkollege war in 15 Rennen gerade fünfmal in Q3, es ist wirklich ein kleines Wunder, dass wir in der Meisterschaft führen", sagte der Ferrari-Star. "Wenn es trocken ist, sind wir eine Sekunde zu langsam." Nicht gerade die besten Voraussetzungen für das Rennen, zumal für Sonntag kein Regen angesagt ist. Von seinem dritten Suzuka-Sieg hat sich der Spanier in Gedanken offenbar schon verabschiedet. "Es geht darum, so viele Punkte wie möglich mitzunehmen. P3 oder P4 wäre ein realistisches Ziel."

Die Mercedes-Piloten würden die Probleme von Ferrari wahrscheinlich als Jammern auf hohem Niveau bezeichnen. Michael Schumacher und Nico Rosberg landeten auf den Plätzen 13 und 15. "Platz 15 im Qualifying ist nicht das, was wir wollen. Es ist enttäuschend, dass wir es nicht bis ins Q3 geschafft haben", meinte Rosberg. Schumacher, der wegen seines Unfalls in Singapur zehn Plätze zurückversetzt wird und von P23 startet, erwartet auch im Rennen keine großen Sprünge. "Angesichts unserer Performance im Qualifying sieht es nicht sehr vielversprechend aus", sagte der siebenmalige Weltmeister. "Man kann sich vorstellen, dass das Rennen von meinem Startplatz schwierig wird. Wenn sich die Bedingungen im Rennen im Vergleich zu heute nicht ändern - und das sehe ich jetzt ehrlich gesagt nicht - dann wird es ein harter Kampf."

Kimi Räikkönen hat in Japan zahlreiche Fans, die ihn im Kampf um die WM-Krone anfeuern werden., Foto: Sutton
Kimi Räikkönen hat in Japan zahlreiche Fans, die ihn im Kampf um die WM-Krone anfeuern werden., Foto: Sutton

7. - S wie Spannung

Die meiste Spannung verspricht im 15. von 20 Saisonrennen natürlich der Titelkampf. Kann Sebastian Vettel die Pole Position auch in einen Sieg ummünzen? Und wenn ja, wie viele Punkte kann er seinem großen Rivalen Fernando Alonso abknüpfen? Oder zeigt der Ferrari-Pilot in Japan mal wieder eine grandiose Aufholjagd? Sicher scheint zumindest, dass er bis zur letzten Runde wie ein Löwe kämpfen wird, um so viel wie möglich von seinem Vorsprung zu behalten. Für Vettel geht es hingegen darum, den richtigen Kompromiss zwischen Attacke und kontrolliertem Fahren hinzubekommen. "Natürlich hat man die Meisterschaft im Hinterkopf, trotzdem müssen wir bei jedem Rennen voll angreifen", erläuterte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Wir müssen Fernando schließlich in den letzten Rennen viele Punkte abnehmen."

Vettel selbst hat sich zunächst einmal als Ziel gesetzt, vor dem spanischen WM-Leader zu landen. "Wir liegen in der WM hinten. Um das zu ändern, müssen wir besser abschneiden als die Konkurrenz", sagte der Red-Bull-Star, der allerdings davor warnte, sich nur auf Alonso zu konzentrieren. "Wir fahren gegen alle Autos und nicht bloß gegen eines." Rein rechnerisch hat Vettel natürlich Recht. Für Kimi Räikkönen, Lewis Hamilton und Mark Webber ist der Japan Grand Prix aber fast schon die letzte Chance, wenn sie den Traum vom Titel nicht vorzeitig ad acta legen wollen. Die Frage, welcher Pilot sich nach den 53 Runden auf dem Suzuka International Racing Course endgültig aus dem Titelrennen verabschieden muss, verspricht also ebenfalls Spannung.