Seit langer Zeit wurde mit Romain Grosjean wieder ein Fahrer für ein Rennen gesperrt. War das richtig?
Johnny Herbert: Es war leider die richtige Entscheidung, ihn zu sperren. Er war noch in einige andere Zwischenfälle involviert, die allerdings nicht alle seine Schuld waren. Aber Spa ging einfach etwas zu weit. Dabei geht es nicht nur um die Formel 1, sondern auch um die GP2, die GP3, selbst den Kartsport - den jungen Fahrern fehlt etwas Respekt vor den anderen Fahrern. Wenn sie in die erste Kurve fahren, scheinen sie sich zu sagen: Das will ich unbedingt haben! Das scheint ihre Mentalität zu sein.

Selbst bei Lewis [Hamilton] ist es so. Etwa gegen Maldonado in Valencia. Das war dumm. Fernando Alonso macht das nicht, er denkt darüber nach, wer wo liegt. Auch Jenson [Button], Sebastian [Vettel] und Mark [Weber] sind ähnlich. Sie scheinen zu wissen, was los ist. Romain ist hingegen recht aggressiv, am Start ist er eindeutig zu aggressiv. Er müsste manchmal nur ein bisschen zurückstecken, das macht wahrscheinlich keinen Unterschied bei der Leistung, aber er baut dann keinen Unfall.

Wird er aus der Strafe lernen?
Johnny Herbert: Ich hoffe, dass er daraus lernt. Aber auch einige andere Fahrer. Wenn ich mir die GP2 anschaue, dann verstehe ich einfach nicht, was sie da manchmal machen. Ich weiß, dass sie jünger sind und ich versuche, mich daran zu erinnern, wie es bei mir in Kartzeiten war. Wenn damals jemand auf mich aufholte, wusste ich, dass ich ihm etwas Platz lassen musste, denn wenn ich das nicht machte, kam es zum Unfall und ich war auch draußen. Wenn ich draußen bin, bekomme ich keine Punkte. Das ist es, was ich nicht verstehe.

Dabei scheint das doch ganz logisch zu sein...
Johnny Herbert: Was ich nicht sehen will, ist, dass sie aufhören gegeneinander Rennen zu fahren. Wir wollen Racing sehen. Vielleicht können wir die Situationen anders unterschieden - zwischen einem Unfall und einem Zwischenfall. Für einen Unfall gibt es dann eine Strafe. Romain in Spa ist eine rote Karte; Lewis und Pastor Maldonado in Valencia war eine gelbe Karte. Wenn wir das Racing zerstören, dann machen wir kaputt, worum es im Motorsport geht.

Romain Grosjean muss in Monza zuschauen. Herbert hofft, dass er daraus lernt, Foto: Sutton
Romain Grosjean muss in Monza zuschauen. Herbert hofft, dass er daraus lernt, Foto: Sutton

Dabei gab es zuletzt in Spa so tolle Überholmanöver, so großartiges Racing. Etwa zwischen Michael Schumacher und Kimi Räikkönen in Eau Rouge!
Johnny Herbert: Absolut, das war klasse. Kimi zeigt tolle Manöver, auch Michael. Okay, Michael macht manchmal eben Dinge, die nur Michael tut. Aber Kimi ist immer so. Er ist sehr gut darin, er baut nicht viele Unfälle. Der Respekt ist vorhanden, er ist sich der Situation bewusst. Er weiß, ich kann dort nicht hinfahren, also muss ich es woanders versuchen. Solche Fahrer denken darüber nach, die Jungen nicht. Sie kennen ihre Geschwindigkeit, ihr Auto und sie wollen das Maximum aus dem Rennen herausholen.

Sie wissen, ob es am Start das Risiko wert ist oder nicht. Sie wissen, wenn Pastor hinter ihnen ist, dass sie auf ihn achten müssen. Sie haben Rückspiegel. Klar, oft klagen sie, dass sie nichts sehen können. Aber du siehst genug. Ansonsten bräuchten wir ja keine Spiegel. Man muss nicht das ganze Auto sehen, es reicht, ein bisschen davon zu sehen. Nur um zu wissen, dass es da ist. Man muss nicht extra darauf achten. Wenn man sich Grosjean in Spa ansieht, da war niemand vor oder hinter ihm. Deswegen ist Fernando sehr gut, Mark und Kimi genauso.

Liegt es am Alter und der Erfahrung?
Johnny Herbert: Sie sind älter. Aber ich denke nicht, dass das Alter eine Entschuldigung ist. Es geht um gesunden Menschenverstand. Wenn du dort fährst, kann ich dort nicht hinfahren. Es gibt nur eine Möglichkeit, diesen Platz zu bekommen - dich wegzudrücken. [Johnny veranschaulicht dies deutlich und spürbar mit einem Rammstoß] So lange du nicht nachgibst, gibt es keinen anderen Weg.