Welch Glück für Romain Grosjean, dass die Pause zwischen dem Belgien GP und dem Großen Preis von Italien nur eine Woche beträgt. Andernfalls würde sich der junge Franzose wohl komplette 14 Tage in den Schlagzeilen befinden, und das, aus den für ihn denkbar unangenehmsten Gründen. Fast kann einem der Lotus-Pilot schon Leid tun, hat er in den letzten Tagen medial doch eine Menge Prügel einstecken müssen und wurde mehr oder weniger zum Alleinschuldigen für die Startkarambolage von Spa auserkoren. Dass zu einer Kollision immer zwei dazugehören und Grosjean beim Zusammenstoß mit Lewis Hamilton viel Pech hatte, weiß derweil auch Fernando Alonso. Der erfahrene Doppelweltmeister macht dem Jungspund keine allzu großen Vorwürfe.

"Bei mir hat er sich in einer SMS entschuldigt", zeigte sich der Ferrari-Star versöhnlich. "Ich habe ihm dann geantwortet, dass es in Ordnung ist und wir uns in Singapur sehen." Ganz richtig dürfte Alonso damit allerdings nicht liegen, denn obwohl Grosjean von der FIA im Anschluss an seinen Unfall für den Monza-Lauf kommendes Wochenende gesperrt wurde, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit an der norditalienischen Strecke weilen, um seinem Team und vor allem Ersatzmann Jerome d'Ambrosio über die Schulter zu blicken und weiter zu lernen. Parallel die Wogen zu glätten, darum war auch sein Teamchef Eric Boullier bemüht. Er versicherte, dass sich Grosjean auch mit Hamilton und Sergio Perez ausgesöhnt hätte.

Häkkinen findet Strafe gerecht

"Sie haben gesprochen und sich Nachrichten geschrieben, die sehr positiv und aufrichtig waren", lobte der Franzose. "Zwischen ihnen bestehen keinerlei Animositäten mehr", freute sich der Lotus-Boss, der angab, sich mit seinem Schützling Anfang der Woche im Werk in Enstone selbst zu einem Gespräch getroffen zu haben. "Ich wollte wissen, warum er sich in diesen stressigen Momenten, die so ein F1-Start nun einmal mitbringt, so verhält und wie er seine Emotionen da besser zügeln kann", so Boullier. Für Grosjean war es im zwölften Rennen 2012 bereits der siebte Zwischenfall in Runde eins.

Beinahe eine Katastrophe in La Source: Grosjean nimmt Perez unter die Räder, Foto: Sutton
Beinahe eine Katastrophe in La Source: Grosjean nimmt Perez unter die Räder, Foto: Sutton

Eine Vielzahl der Fahrerlager-Experten zeigte sich vor diesem Hintergrund in den letzten Tagen zufrieden mit dem 'Denkzettel', den die FIA nun gegen Grosjean verhängte. Ex-Weltmeister Mika Häkkinen fand die Strafe zum Beispiel gerecht. "Alonso ist in Spa nur um ein Haar einer Tragödie entgangen. Ich finde die Strafe gegen Grosjean deshalb völlig gerechtfertigt und denke, dass er nun einmal die Zeit hat, über seine Fahrweise nachzudenken." Rückendeckung erhielt Grosjean derweil von seinem Teamkollegen und Häkkinens Landsmann Kimi Räikkönen. "Er ist ein guter Teamkollege. Wir sprechen oft und arbeiten gut zusammen, auch wenn wir abseits der Strecke nicht so viel miteinander unternehmen", meinte der WM-Vierte.

Aktionismus ist Quatsch

Grosjeans Unfallgegner Alonso plagen derweil ganz andere Sorgen - aber nicht, wie man meinen könnte, bezüglich seines durch den Spa-Crash stark dezimierten Vorsprungs in der Fahrerwertung: Verwundert reagierte der Asturier auf die diversen Verbesserungsvorschläge und den teilweise übereifrigen Aktionismus, der durch den Horror-Crash entflammt ist. Eine Veränderung, über die nun laut nachgedacht wird, sind fliegende Starts, ganz gleich dem Vorbild der US-amerikanischen IndyCar-Serie. Das Feld könnte damit in der heiklen Anfangsphase auf natürliche Weise entzerrt werden.

Ein zeitgleiches Zurasen mehrerer Autos auf ein und dieselbe Stelle in Kurve eins, sowie eklatante Geschwindigkeitsunterschiede, wenn ein hinterherfahrendes Fahrzeug kapital seinen Bremspunkt verpasst, können somit eingedämmt und das gefährliche Aufsteigen der Boliden über den Vordermann eventuell besser vermieden werden. Alonso hält von dieser Idee allerdings überhaupt nichts und gibt sich als F1-Purist. "Das macht doch gerade den Reiz dieses Wettbewerbs aus", zeigte er sich bestürzt über die revolutionären Vorschläge. "Ich finde die Jagd hin zur ersten Kurve großartig - dabei muss man Risiken abwägen und sehr schnell Entscheidungen treffen."

"Gemeinsam mit dem Team wird sehr viel in die Vorbereitung eben dieser Starts gesteckt", zitiert ihn die spanische Nachrichtenagentur EFE. "Das ist ein Element der Formel 1, das viel zu wichtig ist, um es zu verlieren", meinte der Doppelchamp von 2005 und 2006. Auch betonte er, dass es elementar sei, dass die Formel-1-Boliden auch weiterhin die schnellsten Formelfahrzeuge bleiben würden, um dem Status der Serie gerecht zu werden. "Daher bin ich auch überrascht und etwas verärgert über einige Vorschläge für die Zukunft, wie etwa elektrische Rennautos und dergleichen."