Eau Rouge, Rivage, Blanchimont oder la Source - Kurvennamen, die jedem Formel-1-Fan ein wohliges Schauern über den Rücken jagen. Spa-Francorchamps ist eine der traditionellsten Strecken im Kalender der Formel 1 - und die Lieblingsstrecke unzähliger Piloten. Seit 1950 gastiert die Königsklasse auf der Ardennen-Achterbahn, die seither kaum in ihrem Charakter verändert wurde.

Die Eau Rouge war früher als Mutprobe verschrien, Foto: Sutton
Die Eau Rouge war früher als Mutprobe verschrien, Foto: Sutton

Mit 7,004 Kilometern Länge ist der Circuit de Spa-Francorchamps die längste Strecke des Jahres und wird mit Vorfreude erwartet. "Die Strecke ist seit langer Zeit größtenteils unverändert und besitzt viel Charakter", freut sich Mark Webber auf das zwölfte Saisonrennen. Besonders im Fokus steht natürlich die Bergauf-Passage Eau Rouge, die mittlerweile in trockenen Bedingungen voll gefahren wird.

2011 zeigte eben in dieser sagenumwobenen Kurve Webber ein spektakuläres Überholmanöver gegen Fernando Alonso. "Das ist ein sehr spezieller Teil der Strecke und die Zuschauer lieben es, die Autos dort zu verfolgen. Ich würde jedem raten, sich das einmal in seinem Leben live anzusehen - es ist atemberaubend", schwärmt der Australier von dieser Passage.

Diese Kurve ist nur ein Beispiel für das ständige Auf und Ab auf dem belgischen Kurs, der Höhenunterschiede von teilweise 100 Metern aufweist. Daher spricht Sebastian Vettel in diesem Fall von einer Herausforderung, die durch die verschiedensten Kurven noch vervielfacht wird. "Spa bietet alle erdenklichen Kurventypen: ultraschnelle, mittelschnelle und langsame Schikanen, die sich mit schnellen Geraden abwechseln", erklärt der Weltmeister.

Top-Speed und Haarnadel-Kurven

In Eau Rouge oder Raidillon wirken vertikale g-Kräfte auf die Boliden. Speziell in Zweitgenannter entsteht für den Piloten bei der Fahrt über die Kuppe der Eindruck, als würde sich sein Magen in Richtung Gehirn bewegen. Hinzu kommen noch seitliche Fliehkräfte. Unmittelbar danach folgt die Kemmel Straight, an deren Ende die Piloten eine Geschwindigkeit von 330 km/h erreichen. Die schnellste Kurve des Kurses befindet sich gegenüber dieser Geraden. Blanchimont. Hier rasen die Fahrer mit 297 km/h durch eine langgezogene Linkskurve, bevor es in die 2007 umgebaute Busstop-Schikane geht. Der langsamste Punkt der Strecke folgt nur kurz danach mit La Source. Die Haarnadel-Kurve nach Start/Ziel sorgte schon für viel Aufregung, da sich blind angefahren werden muss.

Neben den Herausforderungen der Strecke selbst, sorgt das belgische Wetter in den Ardennen für zusätzliche Spannung. Aufgrund der Länge und der Höhenunterschiede des Kurses, kann es häufig passieren, dass auf den unterschiedlichen Streckenteilen verschiedene Wettersituationen vorherrschen. Diese Problematik und die grundsätzliche Länge des Kurses lassen Strategieentscheidungen in den Vordergrund rücken. Sollte ein Pilot sich auf der Start-Ziel-Geraden befinden, wenn es gerade zu regnen beginnt, stehen ihm mehr als sieben Kilometer bevor, die er vor einem Reifenwechsel noch zu absolvieren hat. Das schreckt die Fahrer aber nicht ab - im Gegenteil: "Der Höhenunterschied und das unvorhersehbare Wetter machen die Strecke zu einer wirklichen Herausforderung, jeder liebt es, hier zu fahren", strahlte der Vorjahressieger Vettel.

Sein McLaren-Kontrahent Jenson Button spricht sogar von der Mutterstrecke schlechthin und einem der größten Grand-Prix-Kurse aller Zeiten. Der Deutsche Nico Hülkenberg kann dem Weltmeister von 2009 nur zustimmen. "Kurvenkombinationen wie Eau Rouge sind toll, zudem ist es wunderbar, dass die Strecke einfach in die Natur gebaut ist - sie ist ziemlich einzigartig, genauso wie Monaco."