Es war einer der großen Aufreger im Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring. Obwohl Lewis Hamilton bereits eine Runde Rückstand hatte, rundete er sich mit einem frechen Manöver gegen Sebastian Vettel im Mittelstint des Rennens einfach zurück. Dabei kostete er den Red-Bull-Piloten nicht nur Zeit auf den Führenden Fernando Alonso, er sorgte auch noch dafür, dass von hinten ausgerechnet sein Teamkollege Jenson Button aufschließen und Vettel bei der zweiten Runde Boxenstopps schnappen konnte. Vom Deutschen musste sich Hamilton nach der Zieldurchfahrt daher einiges anhören.

Das Zurückrunden bewertete Vettel vor den versammelten Pressevertretern als dumm und unnötig. "Das war nicht nett von Lewis. Ich sehe nicht ein, warum er da so Rennen gegen uns fahren muss", ärgerte sich Vettel mit Blick auf die umstrittene Aktion. Das Regelbuch lässt an der Auslegung des Manövers jedoch überhaupt keine Zweifel zu - ein Verbot sich zurückzurunden, so man schneller und in der Lage dazu ist, gibt es freilich nicht, könnte jeder überrundete Pilot das Rennfahren sonst doch gleich einstellen. Vettel wollte das aber nicht so einfach hinnehmen. "Wenn er schnell fahren will, soll er sich zurückfallen lassen und dort eine Lücke mit freier Fahrt finden. So war es aber einfach nur blöd."

Die Regeln sind klar

Als Hamilton wieder vor Vettel war wurde dieser sauer, Foto: Sutton
Als Hamilton wieder vor Vettel war wurde dieser sauer, Foto: Sutton

Diese beleidigenden Äußerungen seines Konkurrenten ließ Hamilton natürlich nicht lange auf sich sitzen. Er betonte, dass sein Zurückrunden nicht dem kurz zuvor vorhergegangenen Funkspruch geschuldet sei, er solle sicherstellen, den von hinten nahenden Button nicht aufzuhalten. Auch habe er seinem Stallgefährten damit keinen Vorteil verschaffen wollen - der Grund für seinen Angriff sei lediglich gewesen, dass er mit frischeren Reifen schneller fahren konnte, als das Fahrzeug vor ihm. Ob dieses nun Vettel, Alonso oder sonst irgendjemand gewesen sei, hätte dabei keine Rolle gespielt. Die Aussagen des Red-Bull-Piloten ordnete er auf besondere Art und Weise ein.

"Eigentlich interessiert es mich nicht wirklich, was er sagt", so Hamilton, der anfügte: "Ich denke, das alles zeigt, wie erwachsen er ist." Ein eigenes Fehlverhalten konnte der McLaren-Pilot, im Einklang mit dem Regelwerk, nicht feststellen. "Ich glaube nicht, dass ich während des Rennens irgendwelche lächerlichen Entscheidungen getroffen habe. Außer meinem Teamkollegen nicht im Weg zu stehen, hatte ich sowieso nichts mehr sicherzustellen oder zu gewinnen." Klar sei aber auch: "Ich gebe niemals auf - deswegen werde ich auch sicher nicht Gas wegnehmen und alle vorbeilassen, wenn ich die Pace habe, um den Vordermann zu überholen."

Horner zeigt Verständnis

Was Vettel, abgesehen von Hamiltons Konter, wenig schmecken dürfte: Rückendeckung erhielt der Brite nach dem Rennen ausgerechnet von Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Er gab zu, dass an Hamiltons Manöver nichts auszusetzen sei. "Wenn man sich einmal die Regeln ansieht, erkennt man, dass man gegen eine Zurückrundung nichts sagen kann", erklärte Horner. Der Teamchef fügte mit Blick auf Hamilton hinzu: "Es ist frustrierend, dass es uns eine Sekunde gekostet hat und lief unglücklich ab, da er sich gegen Fernando nicht auch noch zurückgerundet hat. Wenn er Fernando auch noch eine Sekunde gekostet hätte, hätte sich der Nachteil wieder aufgehoben."

"Aber es war ihm erlaubt, das so zu machen", stellte Horner zerknirscht fest. Dass sich Vettel wegen des Vorfalls aufrege, müsse man allerdings ebenso verstehen. "Wenn man um Hundertstel und Tausendstel kämpft, dann läuft es eben manchmal so." Deshalb könnten die Emotionen im Anschluss an ein Rennen schon einmal überkochen. "Normalerweise ist das auch eine unübliche Situation, denn wenn man ein Auto überrundet hat, kommt es zumeist nicht mehr heran. Aber Lewis hatte eben frische Reifen", so der Red-Bull-Teamboss. "Sebastians Meinung nach, hat das sein Rennen beeinflusst und das hat es ja auch. Aber Hamilton hat nichts Falsches gemacht, sich innerhalb der Regeln bewegt... dabei nur eben etwas seinem Teamkollegen geholfen."