Mit großen Hoffnungen waren McLaren und Lewis Hamilton nach Hockenheim gereist. Mit einem umfangreichen Update-Paket im Gepäck sollte es auf der deutschen Strecke nach dem sang- und klanglosen Heimspiel-Debakel zuletzt in Silverstone endlich wieder bergauf gehen. Am Samstag noch machte einem das Wetter einen Strich durch die Rechnung, doch von der neugewonnenen Pace des MP4-27 war man dennoch überzeugt, wollte auf die guten Long-Run-Zeiten vom Freitag im Rennen aufbauen. Wenige Meter nach dem Start war es um dieses Vorhaben zumindest im Fall Hamilton schon geschehen - er wurde Opfer der Teile, die im Getümmel um Felipe Massas Startkollision auf die Fahrbahn geflogen waren.

Der Brasilianer hatte sich seinen Frontflügel abgefahren - Hamilton schlitzte sich an den Trümmern schon wenig später seinen rechten Hinterreifen auf, musste anschließend fast eine ganze Runde lang mit dem Schaden zurück an die Box hinken. Nach seinem Reifenwechsel lag er somit weit abgeschlagen im Hinterfeld. "Der Reifenschaden in der zweiten Runde war unglaublich unglücklich. Überall auf der Strecke lagen Trümmerteile herum - ich konnte gar nicht anders, als da hindurch zu fahren", ärgerte sich der Brite nach dem zehnten Saisonrennen. Dass er die Problemstelle als achtes Auto passierte, es dann aber ausgerechnet ihn erwischte, sei schwer zu verstehen und großes Pech.

Reifenschaden zerstörte Rennen

"Mir war dann direkt im Anschluss an den Reifenschaden klar, dass sich mein Auto nicht mehr normal anfühlte", beschrieb Hamilton die weitreichenden Auswirkungen der Anfangsmisere. Zwar habe er nach einigen Runden seinen Fahrstil dementsprechend anpassen und dann im mittleren Stint auch gute Rundenzeiten erzielen können - irgendwann habe sich der Schaden auf der Hinterachse aber wieder bemerkbar gemacht. "Um ehrlich zu sein, hatten wir damit wahrscheinlich noch Glück, überhaupt so weit gekommen zu sein", gestand der Ex-Champ nach dem Rennen ein.

Nach dem Vettel-Manöver ging es an die Jagd auf Alonso: Eine Runde Rückstand? Als ob einen Hamilton das interessieren würde..., Foto: Sutton
Nach dem Vettel-Manöver ging es an die Jagd auf Alonso: Eine Runde Rückstand? Als ob einen Hamilton das interessieren würde..., Foto: Sutton

Auch wenn er sich seinen einhundertsten Grand Prix mit Sicherheit ganz anders vorgestellt habe, gäbe es positive Aspekte, die man aus Hockenheim mitnehmen könnte. "Immerhin hatte ich auf der Strecke noch ein bisschen Spaß", grinste Hamilton mit Blick auf seine viel diskutierte Aktion gegen Sebastian Vettel. Der Deutsche lag auf P2, befand sich mit Alonso im Kampf um die Führung, während sich von hinten Hamiltons Teamkollege Button dem Spitzenduo näherte. Hamilton lag mit einer Runde Rückstand dann kurzzeitig direkt hinter Vettel.

Anschließend ereilte ihn ein Funkspruch seiner McLaren-Crew, er solle sicherstellen, den von hinten nahenden Button nicht zu behindern. Gesagt, getan - Hamilton drehte folglich auf, setzte auf Angriff als beste Verteidigung und rundete sich auf besseren Reifen in der Spitzkehre gegen Konkurrent Vettel frech zurück. Dem Deutschen, der seinem Unmut im Cockpit wild fuchtelnd Ausdruck verlieh, gefiel das wagemutige Manöver des Briten logischerweise gar nicht, kostete es ihn doch nicht nur Zeit auf Alonso sondern spielte auch Button in die Karten. Hamilton ließ sich davon aber nicht beirren. Verboten ist das Zurückrunden in der Formel 1 selbstverständlich nicht.

Lob von Coulthard

Rückendeckung erhielt Hamilton auch von Ex-McLaren-Pilot und Landsmann David Coulthard. Mit Blick auf die Szene gegen Vettel erklärte der Schotte gegenüber Motorsport-Magazin.com: "Die Regeln erlauben es einem, das zu tun. Lewis hatte zu diesem Zeitpunkt frischere Reifen und eine bessere Pace als Sebastian." Zwar sei der Zeitpunkt für Vettel mit Sicherheit etwas unglücklich gewesen und habe ihn die ein oder andere Zehntelsekunde auf der Strecke gekostet. "Aber so ist das eben: Wenn jemand schneller ist, kann er das Auto davor auch überholen und nichts anderes hat Lewis gemacht", lobte Coulthard.

Somit konnte der 27-Jährige doch noch mit ein paar positiven Eindrücken aus Hockenheim abreisen. "Meine Pace war im Mittelstint gut genug, um mit den Führenden mitzuhalten", wollte Hamilton auf einen der großen Aufreger des Tages gar nicht besonders eingehen und bedankte sich lieber bei seinen Ingenieuren in der Fabrik für das verbesserte Paket. "Für mich ist das ermutigend, denn an sich war unser Auto dieses Wochenende schnell. Da hilft wirklich jede Kleinigkeit und wir haben auch noch mehr auf Lager", so der McLaren-Fahrer, der anfügte: "Wir nehmen diese Eindrücke jetzt mit nach Ungarn. Schon in fünf Tagen sitze ich dort wieder im Auto - nach einem Tag wie heute, sind das die besten Neuigkeiten."