In Silverstone warst du in den letzten drei Jahren stets als Steward tätig, seit man bei jedem Grand Prix einen ehemaligen Formel-1-Piloten als vierten Rennkommissar einsetzt. Eine Streitfrage ist die Verwarnung für Pastor Maldonado, der Sergio Perez abgeschossen hat. Einigen Fans und Experten ist diese Strafe zu milde - was sagst du dazu?
Nigel Mansell: Er erhielt eine Verwarnung und eine Geldstrafe - du musst aber bedenken: Jetzt hat er bereits zwei Verwarnungen, wenn er noch eine weitere Verwarnung dazu bekommt, dann erhält er eine Rückversetzung um zehn Startplätze. Ich denke, dass er jetzt wirklich aufpassen muss. Das ist sehr wichtig für ihn. Die Tatsache, dass er bestraft wurde dafür, dass er eine Kollision ausgelöst hat - da erscheint es mir vor allem sehr wichtig, dass er daraus lernt.

Hast du mit Pastor persönlich darüber gesprochen? Von Fahrer zu Fahrer?
Nigel Mansell: Nein, von Steward zu Fahrer.

Ist das ein großer Unterschied, ob man als Fahrer zu einem anderen Fahrer oder als Steward mit einem Piloten spricht?
Nigel Mansell: Wir versuchen, als Mitmenschen mit ihm zu sprechen. Als frühere Formel-1-Fahrer versuchen wir, den jungen Piloten zu helfen und unter die Arme zu greifen. Wir haben mit ihm gesprochen, es waren ja noch drei weitere Stewards anwesend - doch unglücklicherweise hat sich eben herausgestellt, dass er der Auslöser der Kollision war.

Die Reifen sind in diesem Jahr das große Thema. Manche sind der Meinung, die Reifen seien zu unberechenbar - wie ist deine Meinung dazu?
Nigel Mansell: Zunächst muss man einmal sagen, dass es für alle die gleichen Voraussetzungen gibt. Natürlich wird damit manchmal das Leben der Teams und der Fahrer schwerer gemacht - doch nichtsdestotrotz hatten wir einen der aufregendsten Saisonstarts in der Geschichte des Formel-1-Rennsports. Dass sieben verschiedene Piloten die ersten sieben Läufe gewinnen, das gab es noch nie in der Geschichte der Formel 1. Aus dieser Perspektive betrachtet finde ich es sehr gut.

Als Pilot erfolgreich: Mansell 1987 beim Sieg in Österreich, Foto: Sutton
Als Pilot erfolgreich: Mansell 1987 beim Sieg in Österreich, Foto: Sutton

Eine weitere Streitfrage ist das Drag Reduction System (DRS): Die einen sind begeistert, weil es so viele Überholmanöver gibt, wie noch nie - die anderen finden die DRS-Manöver zu künstlich…
Nigel Mansell: Meiner Meinung nach ist das Überholen mit DRS manchmal zu einfach. Das DRS einzusetzen, bedeutet, dass der hinterherfahrende Wagen um 18 km/h schneller ist. Der Vordermann darf das DRS natürlich nicht einsetzen. Das ist einfach zu leicht.

Aber gibt das DRS nicht zurück, was früher der Windschatten war und später von der ausgeklügelten Aerodynamik weggenommen wurde?
Nigel Mansell: Nein, das sehe ich nicht so. Wir hatten damals kein DRS, wir hatten nur den Windschatten.

Die Kritiker sagen, die Formel 1 sei nun eine Lotterie - bist du auch dieser Meinung?
Nigel Mansell: Nein, denn du musst sehr hart arbeiten. Du musst eine Strategie planen. Du musst wissen, wann du welchen Reifen einsetzen möchtest. Du musst vor dem Rennen entscheiden, ob du einen, zwei oder drei Boxenstopps absolvieren möchtest. Wenn du dich dann für die falsche Strategie entscheidest, dann hast du womöglich das Rennen schon vor dem Start verloren.

Am Samstag wirst du hier bei der Ennstal-Classic, beim Grand Prix von Gröbming einen Porsche 917 pilotieren - die österreichischen Fans lieben dich. Unvergessen ist auch jener Moment, als du auf dem Österreichring das Rennen gewonnen hast, jubelnd auf einem LKW gestanden bist, doch bei der Boxeneinfahrt kam eine Brücke…
Nigel Mansell: (lacht) Oh ja, das war 1987. Unter der Brücke. Und Bang! Ich habe mir den Kopf angeschlagen, ein harter Schlag. Aber es war interessant, nicht wahr? So etwas sieht man ganz sicher nicht alle Tage.

Allerdings - und die Freude über den Sieg ging durch den harten Schlag ja auch nicht verloren, oder?
Nigel Mansell: Nein, überhaupt nicht, es war fantastisch. Ich habe es immer geliebt, auf dem Österreichring zu fahren. Die schnelle Bosch-Kurve - und wenn du dann in das Infield gekommen bist, das waren fantastische Kurven, wirklich großartig. Das war eine meiner Lieblingsstrecken, weltweit. Und ich hatte immer sehr viel Spaß in Österreich.

Der Ring wurde wieder aufgebaut, heißt jetzt Red Bull Ring, das Outfit der Strecke blieb gleich, die Infrastruktur wurde stark modernisiert.
Nigel Mansell: Ich war dort schon seit vielen Jahren nicht mehr - vielleicht schaue ich dort einmal auf einen Besuch vorbei.