Die Scuderia Toro Rosso ist wohl das einzige F1-Team, bei dem sich Vertragsentscheidungen in einem anderen Rennstall ebenso signifikant auf die eigene Fahrerpaarung auswirken. Durch Mark Webbers Vertragsverlängerung bei Red Bull am Montag nach dem Sieg beim Großen Preis von Großbritannien in Silverstone, steht für das italienische Schwesterteam der Weltmeistertruppe fest: Aufsteigen kann zumindest in der nächsten Saison noch keiner der aktuellen Piloten. Vor dieser Saison hatte man sich von Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari getrennt und dabei immer wieder betont, in erster Linie ein Ausbildungsteam zu sein. Davon profitieren heuer Daniel Ricciardo & Jean-Eric Vergne.

Durch den Webber-Verbleib steht auch für die Nachwuchskräfte fest: Erst einmal Zeit gewonnen, um sich weiter zu empfehlen. Teamchef Franz Tost attestiert derweil ohnehin eine entspannte Lage. Mit den Leistungen des Halb-Rookies Ricciardo, der für HRT erst Mitte 2011 debütierte und von Neuling Vergne, der 2012 seine erste F1-Saison bestreitet, sei er mehr als zufrieden. Bis dato kommen die jungen Fahrer auf zwei respektive vier WM-Punkte. Im Vordergrund stehe bei Toro Rosso aber heuer noch nicht das Zählbare sondern das Sichtbare auf der Piste. "Bislang muss ich sagen, dass beide sehr gute Fähigkeiten und bisher gute Leistungen gezeigt haben", lobte Tost.

Auch das Team muss liefern

Von Alguersuari und Buemi war Franz Tost irgendwann nicht mehr überzeugt, Foto: Red Bull/GEPA
Von Alguersuari und Buemi war Franz Tost irgendwann nicht mehr überzeugt, Foto: Red Bull/GEPA

"Daniel hat in seinem ersten Rennen für uns in Melbourne schon Punkte eingefahren und ist dort Neunter geworden - Jean-Eric in Sepang sogar Achter. Das zeigt, dass auch er großes Potenzial besitzt", erklärte der Österreicher, der beteuerte, beide Piloten würden im F1-Alltag vielversprechende Fortschritte erzielen. "Soweit sind wir ziemlich zufrieden." Das gelte auch für die Geschwindigkeit, mit der beide sich nun entwickeln würden. "Sie haben jetzt ein bisschen mehr Erfahrung, kennen das Team, Auto und die Abläufe am Wochenende besser", sagte Tost. Nun läge der nächste Schritt am Team, den aufstrebenden Talenten auch dementsprechend gutes Material in Form eines schnellen Autos zur Verfügung zu stellen.

"Wenn das der Fall ist, dann bin ich auch überzeugt, dass wir eine erfolgreiche zweite Saisonhälfte haben können", meinte der Teamchef. Dass man den beiden letzten Zöglingen Buemi und Alguersuari eventuell zu viel Druck gemacht habe und das sich hemmend ausgewirkt haben könnte, glaubte er nicht. "Sagen wir es einmal so: Ein Fahrer hat natürlich keine einfache Zeit mit mir, wenn er nicht fokussiert ist und nicht in die richtige Spur findet. Aber so einfach ist es dann auch schon. Wir greifen sehr hart an und geben unser Bestes", so Tost, der sich ärgerte: "Manchmal kommen junge Fahrer in die Formel 1 und denken, sie haben es bereits geschafft - aber das ist Bullshit."

"In Wirklichkeit heißt in die Formel 1 zu kommen, dass man Willens ist, nun anzufangen, sehr hart zu arbeiten. Alles was man davor gemacht hat, ist quasi Kindergarten", lachte der Österreicher. Die Formel 1 sei nun einmal ein Privileg und als eben dieses müsse man sie auch begreifen. "Dafür muss man 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag leben", unterstrich er. "Wenn ich also das Gefühl habe, dass jemand das nicht so sieht oder praktiziert, dann bekommt er Ärger - dafür sorge ich, denn entweder man ist professionell oder eben nicht", erklärte Tost und fügte an: "Eigentlich doch eine ganz einfache Gleichung."