Der Champagner nach dem Großen Preis von Großbritannien war gerade einmal getrocknet, da flatterte auch schon die Vertragsverlängerung Mark Webbers mit Red Bull ins Haus. Sportlich befindet sich der Silverstone-Triumphator aktuell im Höhenflug - eine ideale Ausgangslage also, um seine Unterschrift unter ein neues Arbeitspapier für 2013 zu setzen. Nach einer für ihn schwierigen Umstellungsphase auf die neuen Pirelli-Reifen und einer damit verbundenen schwachen Saison 2011, ist Webber heuer vielleicht besser denn je. Mit 13 Punkten Rückstand auf WM-Spitzenreiter Fernando Alonso befindet er sich mitten im Titelkampf.

Im teaminternen Duell mit Sebastian Vettel liegt er vorne, in Sachen Quali-Performance und Pace scheint er dieses Jahr mehr als nur auf Augenhöhe. Nun peilt der 35-Jährige aus Down Under den ganz großen Coup an: Die Weltmeisterschaft. 2010 war er seinem großen Ziel schon einmal ganz nahe - nach einer langen Saison voller Querelen mit Vettel und dem Team, seinem Horrorcrash in Valencia und einer bei einem Trainingssturz mit dem Fahrrad zugezogenen Schulterverletzung, die ihn in der entscheidenden Schlussphase der Meisterschaft behinderte, scheiterte er in Abu Dhabi nur denkbar knapp.

Zug doch noch nicht abgefahren

Dass die Zeit für den großen Wurf nach der künstlerischen Pause im Vorjahr, 2012 aber reif sein könnte, glaubt auch Ex-F1-Champion und Webber-Landsmann Alan Jones. "Ich denke, Mark hat sehr gut zurückgeschlagen", so der Titelträger von 1980. "Jeder dachte doch schon, dass er seine Chance vor zwei Jahren hatte, diese verpasst hat und der Zug abgefahren ist", gab der Australier unumwunden zu. Umso mehr freute er sich nun aber über den zweiten Frühling des Red-Bull-Stars. "Meiner Meinung nach hat er dieses Jahr wirklich eine Chance, denn es sieht so aus, wie wenn Red Bull und Ferrari die sind, die die größten Fortschritte erzielen und Red Bull dabei vielleicht sogar noch ein bisschen mehr als Ferrari."

Diese Erfolgs-Kombi hat Bestand: Webber hält Red Bull die Treue, Foto: Sutton
Diese Erfolgs-Kombi hat Bestand: Webber hält Red Bull die Treue, Foto: Sutton

Dass Webber zuletzt ausgerechnet mit einem Wechsel zur direkten Konkurrenz in Verbindung gebracht wurde - durchaus eine Option, die auch Jones öffentlich unterstützt hatte - sei nun, im Lichte von Webbers Red-Bull-Verbleib, schon wieder ganz anders zu beurteilen. Der Australier hatte zugegeben, bereits ernsthaft mit Ferrari verhandelt zu haben, sich dann aber doch für ein Bleiben bei seinem aktuellen Arbeitgeber entschieden zu haben, um vornehmlich auch einfach von der Konstanz der letzten Jahre profitierten zu können, die in der F1 bekanntermaßen der Schlüssel zum Erfolg ist. Was Webber nicht betont hat, aber sicher eine Rolle gespielt haben dürfte, ist das damit gleichbedeutende Zusichern der internen Unterstützung in diesem Jahr.

Webber mit der Nummer eins auf dem Auto am Ende des Jahres in Richtung Maranello abwandern zu sehen, hätte der Red-Bull-Leitung sicherlich den ein oder anderen Albtraum beschert - auf Grund dessen im WM-Fight verstärkt auf Vettel zu setzen, wäre eine logische Schlussfolgerung gewesen, die Webber ausschließen wollte, weiß er doch, dass er dieses Jahr alle Voraussetzungen mitbringt, um es wirklich zu packen. "Vor ein paar Monaten, auch abhängig von seinem persönlichen Fortschritt, hätte ich gesagt, dass er vielleicht zu Ferrari gehen sollte, um dort einen Neustart zu bekommen", beurteilte Jones die Situation.

Eine kluge Entscheidung

"Gerade wenn man eher am Ende als am Anfang der Karriere steht, ist es besonders schön, in seinem Lebenslauf stehen zu haben, dass man für Ferrari gefahren ist", huldigte der Ex-Champ dem Mythos der Scuderia. Die Lage habe sich durch Webbers Formanstieg nun aber gedreht. "Ich glaube, Red Bull hat ganz schön aufgeholt. Sie sind nun schon wieder auf dem Weg dorthin, wo sie in Sachen Dominanz letztes Jahr waren." Einen Platz im womöglich besten Auto würde wohl kein Pilot der Welt freiwillig hergeben. "Und auch Red Bull selbst wäre dumm gewesen, ihn gehen zu lassen - genauso wie er klug genug war, dort zu bleiben, wo er ist", verriet Jones zufrieden.

"Sie wollen gemeinsam weitere Fortschritte folgen lassen und er hat ein viel besseres Verständnis des Autos, der Reifen und holt nun bedeutend mehr aus dem Wagen raus", lobte der ehemalige Williams-Fahrer. "Gerade nach dem vergangenen Wochenende, hat er sich in eine hervorragende Ausgangsposition gebracht", meinte er mit Blick auf Webbers Titelambitionen. Dass sein Landsmann nicht mehr der Jüngste sei und bald aufhören könnte, wollte er nicht überbewerten. "Wie alt ist Schumacher jetzt?", entgegnete Jones. "Mark ist genauso fit, wenn nicht fitter als jeder andere Fahrer da draußen auch. Außerdem ist es sowieso Kopfsache. Solange er die Spritzigkeit und den Hunger hat, gibt es keinen Grund, warum er nicht noch lange weitermachen kann."