Lewis Hamilton ist dieser Tage bei McLaren wenig glücklich - schon 37 Punkte hat er in der Weltmeisterschaft Rückstand auf Spitzenreiter Fernando Alonso, beim Heimspiel in Silverstone reichte es auf Grund eines eklatanten Mangels an Pace beim MP4-27 nur zu einem mageren achten Platz. Der Frust beim 27-Jährigen, der wie jedes Jahr mit hochambitionierten Zielen in die Saison gestartet war, wächst und wächst. Parallel dazu stehen für Hamilton derzeit Gespräche über seine Vertragssituation bei McLaren an. Ende des Jahres läuft der hochdotierte Kontrakt des Briten beim Traditionsrennstall aus - der Status, wie es derzeit um eine Verlängerung bestellt ist, ändert sich dabei scheinbar fast täglich.

Aus England dringen nun die neusten Gerüchte hervor: Hamilton soll einen Sensationswechsel zu Lotus erwägen. Über einen möglichen Abgang in Richtung Red Bull, Mercedes oder gar Ferrari war in der Vergangenheit viel spekuliert worden. Bei der Weltmeistertruppe ist die Tür seit der Vertragsverlängerung von Mark Webber definitv erst einmal zu. Die Problematik bei den anderen beiden Teams: Hamilton ist zum Warten verdammt, denn noch sind keine Entscheidungen gefallen, ob und wie es mit Michael Schumacher und Felipe Massa in ihren Rennställen weitergeht. Der Vorteil bei Lotus wäre demnach, glaubt man den britischen Gerüchteköchen, dass Hamilton dort unabhängig von derlei äußeren Einflüssen selbst handeln und schon in näherer Zukunft zu einem Vertragsabschluss gelangen könnte, entscheidet er sich tatsächlich dazu, McLaren zu verlassen.

Harte Verhandlungen mit Dennis

Müssen Martin Whitmarsh & Eric Boullier bald über die Personalie Hamilton reden?, Foto: Sutton
Müssen Martin Whitmarsh & Eric Boullier bald über die Personalie Hamilton reden?, Foto: Sutton

In der Daily Mail ist die Rede davon, dass Hamilton nun einverstanden sei, Verhandlungen mit Lotus aufzunehmen und Gesprächsbereitschaft mit dem Team aus Enstone signalisiert habe. Drängen die Leiden des konzeptionell höchst diffizilen MP4-27 den McLaren-Piloten wirklich in die Arme von Lotus Boulliers Truppe? Fakt ist: Am Dienstag findet bei seinem Noch-Arbeitgeber im Technical Centre in Woking eine eilig einberufene Krisensitzung ob der prekären Lage vergangenes Wochenende in Silverstone statt. Dabei erwartet sich nicht nur Hamilton sondern auch Teamkollege Jenson Button eine Menge Antworten. Button prophezeite bereits im Vorfeld, dass bei dem Treffen wohl eher eine gedrückte Stimmung vorherrschen würde.

"Verzweifelt bin ich nicht, aber durchaus besorgt", musste zuletzt auch Martin Whitmarsh eingestehen, als er auf die aktuelle Situation in seinem Team angesprochen wurde. Button wiederum hob hervor, dass Whitmarsh und die Ingenieure etwas unternehmen müssten, um ihr anspruchsvolles Fahrerduo schleunigst zufriedenzustellen. "Mich würde einmal interessieren, was passieren würde, wenn sie andere Fahrer in dieses Auto setzen", konterte Button nach der Misere der letzten Rennen Fragen nach der Performance. "Ich denke, sie wären ganz schön geschockt", trotze der sonst für seine temperierte Art bekannte Weltmeister von 2009.

Kimi Räikkönens Tage bei Lotus könnten ob seines hohen Salärs gezählt sein, Foto: Sutton
Kimi Räikkönens Tage bei Lotus könnten ob seines hohen Salärs gezählt sein, Foto: Sutton

Dass sein Teamkollege nun die Flucht zu einem anderen Team antreten könnte, soll aber noch ganz andere Gründe haben. Mitunter scheint dabei auch immer mehr das Geld eine Rolle zu spielen - während Hamilton sich natürlich auch finanziell verbessern will, ist McLaren der Ex-Champ jetzt schon zu teuer. McLaren-Boss Ron Dennis hatte erst kürzlich erklärt: "Lewis befindet sich am Ende einer Vertragslaufzeit - am Ende eines Vertrages, den er zu einer Zeit unterzeichnet hat, als die wirtschaftliche Gesamtsituation eine ganz andere war." Nun forderte er von seinem sportlichen Ziehsohn Vernunft - gemeinsam müsse man eine gesunde Balance finden, sonst stünde es nicht gut um die Chancen auf eine weitere Zusammenarbeit.

Dass Hamilton sich am Verhandlungstisch auf einen Kampf mit harten Bandagen gefasst machen muss, daraus machte auch er selbst keinen Hehl. "Ron ist ein sehr harter Verhandlungspartner", war sich Hamilton bewusst. "Er war sehr hart, als wir den aktuellen Vertrag verhandelt haben, und ich erwarte das Gleiche, wenn wir uns wieder zusammensetzen." Welche Rolle Hamiltons Management rund um den berühmt-berüchtigten Promi-Berater Simon Fuller bei den anstehenden Gesprächen spielen könnte, ist derweil noch unklar. Sicher ist aber, dass Hamilton seinen nächsten Schritt im Alter von 27 wohlüberlegt angehen muss. Die besten Jahre seiner Karriere, sowohl in finanzieller als auch sportlicher Sicht, sollen die kommenden sein.

Lotus in bestechender Form

Dass nun Lotus als interessante Option erscheint, liegt in erster Linie daran, dass das Team sich heuer in einer Form befindet, die es zuletzt bei den beiden Titelgewinnen von Fernando Alonso 2005 und 2006 demonstrieren konnte. Wer seinen Platz für Hamilton räumen müsste, soll auch schon feststehen. Während der junge Romain Grosjean in letzter Zeit immer stärkere Leistungen zeigt und vor allem auch in Sachen Pace oft näher am ersten Rennsieg für Lotus erscheint, könnte Kimi Räikkönen trotz eines eigentlich guten Comebacks nach nur einem Jahr wieder aufs Abstellgleis verfrachtet werden. Abermals spielt auch hier das Finanzielle eine Rolle.

Grosjean verdient im Vergleich zum Finnen Peanuts. Will man Hamiltons Vorstellungen nachkommen, bräuchte man alle verfügbaren Ressourcen - dann aber könnte man die kolportierten 15 Millionen Pfund Gehalt, die der McLaren-Zugang verdienen will, stemmen. Einer, der sich vorstellen kann, dass Lotus Räikkönen bei besseren Alternativen ersetzten könnte, ist Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve. Er verkündete jüngst: "Dass Kimi in Sachen reiner Performance regelmäßig hinter Grosjean fällt, verleitet mich zu der Annahme, dass Lotus ihn fallen lassen könnte." Anhand seiner Beobachtungen an der Strecke habe er festgestellt, dass auch der E20 ein Auto sei - ähnlich zur Lage bei Williams - in dem mehr Potenzial stecke, als die Fahrer es bisher zutage zu fördern imstande sind. Hamilton käme da gerade recht...