Nach P8 in Silverstone und einem gegen die Top-Teams mehr oder weniger aussichtslosen Kampf auf der Strecke, wächst bei Mclaren-Pilot Lewis Hamilton der Frust über sein Arbeitsgerät. Der MP4-27 konnte ausgerechnet beim großen Heimspiel für Fahrer und Team nicht den Erwartungen gerecht werden. Nachdem Hamilton vor nur zwei Rennen in Kanada noch den Ton angab und sein erstes und bisher einziges Saisonrennen gewann, scheint die Truppe aus Woking in den vergangenen vier Wochen im Wettrüsten an der Spitze nicht nur massiv zurückgefallen sondern regelrecht ins Hintertreffen geraten zu sein.

Für Hamilton war der Schock ob des eklatanten Mangels an Pace beim Großen Preis von Großbritannien so groß, dass er umgehend umfangreiche Veränderungen an seinem Boliden einforderte, damit man auch weiterhin ein Wörtchen im Titelkampf mitreden könne. Unterstützung erhielt er dabei auch von Teamkollege Jenson Button, der es in England als Zehnter nur mit knapper Not in die Punkte schaffte. Er stellte fest: "Es ist ja nicht nur so, dass Red Bull und Ferrari schneller sind als wir - es sind eine Menge Autos."

Selbst Sauber & Williams schneller

"Der Sauber scheint beispielsweise in den richtig schnellen Kurven besser zu sein als wir, in den langsamen Kurven ist dafür wiederum der Williams schneller als unser Auto", tadelte Button den MP4-27 und fügte nach einem Rennen auf einer Strecke, von der McLaren ursprünglich dachte, dass sie dem Auto liegen sollte, voller Ernüchterung an: "Im Moment scheinen wir nirgends besonders stark zu sein." Hamilton ging ob der prekären Lage sogar noch ein Stück weiter.

Hamilton ist frustriert: Er fordert ein massives Umrüsten am MP4-27, Foto: Sutton
Hamilton ist frustriert: Er fordert ein massives Umrüsten am MP4-27, Foto: Sutton

Auf die Frage, ob der aktuelle McLaren nicht vielleicht ein von Grund auf fehlerhaftes Konzept aufweise, antwortete er: "Diese Worte werde ich zwar nicht benützen, aber es stimmt schon, dass man sich die Autos einmal im Detail ansehen muss. Und wenn man das tut, muss ich feststellen, dass unser Auto anders aussieht, als all die anderen." Gemeint ist damit ganz klar die beim McLaren nicht vorhandene Stufennase. Als einziges Team neben Nachzügler Marussia hatten die Briten auf Grund eines ohnehin tieferliegenden Chassis bereits im Winter auf das neue Design verzichtet, waren anschließend von der Fachpresse und den Fans dafür gefeiert worden - neun Rennen später sieht die Situation deutlich anders aus.

Rückendeckung kommt nur vom Gegner

Das weiß auch Hamilton, der seine Techniker darauf hinwies: "Das ist einfach ein einschneidender Unterschied. Ich bin mit Sicherheit kein Aerodynamiker, aber an irgendetwas in diesem Bereich muss es ja liegen." Nun müsse man sich anschauen, wie man den Wagen modifizieren könne. "Nicht nur mit Blick auf heute sondern auch mit Sicht auf nächste Saison", so der Brite, der sich nicht sicher war, ob so ein grundlegendes Umdesignen unter der Saison überhaupt möglich sei. "Wahrscheinlich ist das aber eine zu große Veränderung am Konzept."

Weniger dramatisch sehen wollte man die Situation bei der Konkurrenz. Ferrari-Teamchef Domenicali stärke McLaren gewissermaßen den Rücken und erklärte, das Traditionsteam niemals abzuschreiben. "Sie werden zurückschlagen", war sich der Italiener sicher. Doch wie schnell das beim ehemals für seine besondere Entwicklungsstärke bekannten Team möglich sei, wusste nicht einmal McLaren-Teamboss Martin Whitmarsh. "Ich verstehe ein Problem gerne in mathematischem Sinne. Aber in diesem Fall scheint diese Denke einfach überhaupt nicht zu helfen", rätselte er ob des Rückstands der Chrompfeile.