1. - S wie Startaufstellung

651 ist die Zahl des Samstags in Silverstone. Denn so viele Tage musste Fernando Alonso warten, bis er endlich wieder einmal den Blick von Startplatz eins feierte. Dabei konnte es der Spanier selbst am wenigsten glauben, wenngleich sein F2012 im Regen keine schlechten Leistungen zeigte. "Eine Runde in diesen Bedingungen ohne großen Fehler zu fahren, war nicht einfach", erklärte der Spanier.

Mit den nassen, rutschigen und problematischen Bedingungen hatte aber nicht nur der 30-Jährige seine liebe Müh und Not, musste das Qualifying doch aufgrund heftiger Regenfälle knapp 90 Minuten unterbrochen werden. Die darauf folgende Rutschpartie endete in einem heißen Duell um die Spitze, in dem Mark Webber die Pole um nur 47 Tausendstel entglitt. "In einer derartigen Session kommt es zum Großteil auf den Fahrer an, der sich im Auto wohl fühlen muss. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Fernando um die Pole", war Webber dennoch zufrieden.

Dahinter der Strahlemann des Tages: Michael Schumacher. In nassen Bedingungen zeigte der Altmeister sein Können und steuerte den Mercedes in die zweite Startreihe. Dabei hätte es sogar noch weiter nach vorne gehen können. "Wir hatten sogar die Aussicht für ganz vorne, aber das ist eine gute Ausgangsposition für morgen", machte der siebenfache Weltmeister Hoffnung auf mehr.

Diese Hoffnung hatten auch die McLaren-Piloten - geworden ist daraus aber relativ wenig. Hamilton musste vor seinem Heimpublikum eingestehen, dass mehr als Rang acht einfach nicht möglich war, während Jenson Button sogar in Q1 die Segel streichen musste.

2. - S wie Start

Die wohl wichtigste Frage stellt sich schon vor dem eigentlichen Start: Safety Car oder kein Safety Car? Die Antwort darauf ist maßgeblich für das Geschehen in den ersten Runden. Für die Top-Leute würde ein Start bei schwierigen Bedingungen Risiko bedeuten, für den Rest dahinter hingegen eine Chance. Lewis Hamilton kann das Wetter zwar nicht beeinflussen, hat aber einen Favoriten. "Ich bevorzuge immer einen stehenden Start", meinte der Silverstone-Sieger von 2008. "Ich denke nicht, dass wir Fahrer darauf einen Einfluss haben, die FIA trifft die Entscheidung. Bei einem fliegenden Start ist es etwas sicherer, aber ich mag stehende Starts. Die Sicht ist hier in der Gischt unglaublich schlecht. Ich weiß nicht, warum es hier schlechter ist als auf anderen Strecken, aber man sieht überhaupt nichts."

Ein trockener Start ohne Safety Car scheint eher unwahrscheinlich, Foto: Sutton
Ein trockener Start ohne Safety Car scheint eher unwahrscheinlich, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen sah die Gischt-Thematik etwas entspannter als Hamilton: "Sie macht es einfach schwer, das stehende Wasser, die Bremspunkte oder die Kurven zu sehen. Es gibt aber auf jedem Kurs das Gischt-Problem und du siehst nicht viel - das ist nicht nur in Silverstone so." Ob der Start bei 52 potenziell chaotischen Regenrunden und einer Gesamtdistanz von 306,332 km überhaupt eine tragende Rolle spielt, daran hatte Sebastian Vettel seine Zweifel. "Morgen kann das Wetter genauso werden wie im Qualifying, deshalb kann es egal sein, ob man von P4, P8 oder P1 startet", sagte er bei Motorsport-Magazin.com.

3. - S wie Sonntags-Wetter

Vielleicht ist dieser Plan nicht verkehrt. "Ich rechne mit gar nichts. Ich geh schlafen, dann stehe ich morgen auf und dann sehen wir eh, wie das Wetter spielt", antwortete Alex Wurz bei Motorsport-Magazin.com auf die Frage nach dem Wetter am Sonntag. Klar ist: Alles andere als Regen wäre eine Überraschung in Silverstone. Die Frage ist nur, wie stark es beim neunten Rennen der Saison regnen wird. Einheimische Reporter glauben, dass es zwar nass wird, allerdings nicht mit einer Überflutung zu rechnen ist.

Während sich der eine oder andere Fahrer - Michael Schumacher etwa - über ein Regenrennen freuen würde, betet McLaren geradezu nach konstanten Bedingungen; ob konstant nass oder trocken, spielt dabei keine Rolle. "Da unser Auto sowohl auf Slicks als auch auf Regenreifen sehr wettbewerbsfähig ist, dafür weniger auf den Intermediates, würden wir ein komplett trockenes oder durchgängig nasses Rennen bevorzugen", sagte Martin Whitmarsh. "Da es wohl eher unwahrscheinlich ist, dass es ganz trocken bleibt, hoffen wir auf ein Regen-Rennen!"

Lokalmatador Button gewährte einen Einblick in die Gemütslage der Briten, die bislang keinen wirklich schönen Sommer erlebten: "Es ist knifflig, das liegt vor allem daran, dass es in den letzten 300 Jahren so viel hier geregnet hat. Der verregnete Sommer ist hier ein Thema. Denn wenn es regnet, versickert das Wasser nicht, es bleibt an der Oberfläche stehen. Die Bäche entstehen sehr schnell, selbst wenn die Strecke nicht so nass ist. Insbesondere nach Becketts und vor der Hangar-Straight ist es sehr nass."

4. - S wie Strecke

Der Silverstone-Circuit zählt zu den spektakulärsten und schnellsten der Formel-1-Saison. "Diese Strecke ist einfach phänomenal", jubelte unlängst Hamilton. Allerdings auch nicht ohne, wie er in Bezug auf die Corpse-Kurve schilderte. "Es ist eine der Kurven im Kalender, bei der du wirklich überprüfen musst, ob deine Eier intakt sind und du bereit bist."

Die britischen Fans halten so einiges aus, Foto: Sutton
Die britischen Fans halten so einiges aus, Foto: Sutton

Wenn der Regen dazukommt, werden die Dinge allerdings kompliziert, denn der Boden rund um den Kurs ist ohnehin schon mit Wasser vollgesogen und kann den neuerlichen Regen kaum mehr aufnehmen. Das macht den Großbritannien GP zu einem munteren Plantschen im Wasser.

Das mussten auch die Fans, die zu tausenden an die Strecke 'strömten' und stundenlang im Regen ausharrten. Dafür gab es Lob von den Fahrern und den Teamchefs. "Sie waren so fantastisch und unterstützend", machte Hamilton seinen Landsleuten ein Kompliment. Diese Anfeuerung wird allerdings nicht nur den Briten zuteil, erkannte Weltmeister Vettel an. "Die Fans hier sind so fair. Natürlich feuern sie ihre Landsleute an, aber sie erkennen auch, wenn ein anderer Pilot gute Leistungen zeigt und würdigen es."

5. - S wie Setup

Die bange Frage bei einem Grand Prix wie Silverstone ist das Wetter. Daher gilt es vorher einzuschätzen, wie es sich entwickelt, um das Setup richtig zu wählen. Force-India-Pilot Paul di Resta wagte jedenfalls einen mutigen Schritt, in der Hoffnung, das Wetter in seiner Heimat Großbritannien wird sich zum besseren entwickeln - er setzte auf eine Abstimmung die eher in Richtung Trockenheit geht. "Ich denke, einige andere Autos wurden aggressiver auf Regen abgestimmt und daher hoffe ich, dass mein Poker morgen im Rennen aufgehen wird", zeigte sich der Schotte optimistisch.

Wie auch immer, gemacht ist gemacht, denn geändert werden darf nun für das Rennen nichts mehr. Das wird gerade McLaren gar nicht schmecken, denn sie bekommen das Setup einfach nicht richtig in den Griff. "Nach dem Restart und in Q3 merkten wir leider, dass unser Auto auf den Intermediate-Reifen nicht so konkurrenzfähig ist", erklärte Teamchef Martin Whitmarsh.

Das hängt damit zusammen, dass der MP4-27 den Reifen kein Feuer unter dem Gummi machen kann - sprich, sie kommen nicht auf Temperatur. Damit verbunden: wildes Herumrutschen und wenig Grip.

6. - S wie Schumacher

Erlebt die Formel 1 zur Mitte der Saison die große Auferstehung des Michael Schumacher? In Valencia fuhr der Mercedes-Pilot nach einer gefühlten Ewigkeit wieder einmal aufs Podium und mit P3 in Silverstone stehen die Chancen auf eine Wiederholung nicht schlecht. Der Rekord-Champion galt jahrelang nicht umsonst als "Regen-Gott" und mit einem trockenen Rennen ist am Sonntag nicht zu rechnen. Ross Brawn lobte seinen Schützling jedenfalls in den Himmel: "Michael hat gezeigt, dass er bei diesen Bedingungen außergewöhnlich gut ist und ein riesiges Talent besitzt, ein Rennauto zu fahren, besonders unter diesen Bedingungen."

In Q3 hatte Schumacher nicht die Gelegenheit, sich erst einmal mit den Intermediates vertraut zu machen - er musste seinen wichtigen Run gleich im ersten Versuch absolvieren. Das Ergebnis ist bekannt. "Ich habe bereits vor dem Qualifying gesagt, dass Regen eine gute Chance für uns ist, das hat sich heute bestätigt", so Schumacher. Norbert Haug wollte noch kein Ziel formulieren, sondern hielt es lieber etwas vage: "Von der dritten Position zu starten ist eine gute Basis für Michael und unser Team."

7. - S wie Spannung

Wenn es nach Fernando Alonso geht, sollte im Rennen davon nicht sehr viel zu sehen sein. Denn der Spanier wünscht sich so viel Langeweile wie nur möglich, um seine erste Startposition auch in den dritten Sieg der Saison umzuwandeln. Das spannende dabei wird sein, dass sicherlich einige Fahrer etwas dagegen haben dürften.

Wird am Ende ein ganz anderer Pilot vorne stehen? Romain Grosjean hätte nichts dagegen, Foto: Sutton
Wird am Ende ein ganz anderer Pilot vorne stehen? Romain Grosjean hätte nichts dagegen, Foto: Sutton

Die Anzahl der möglichen Siegkandidaten ist nämlich groß. Mark Webber will seinen zweiten Platz in der WM halten - und am besten natürlich den Führenden Alonso abfangen. Michael Schumacher hofft nach zweieinhalb Jahren auf seinen ersten Sieg in Silber und auch Sebastian Vettel will sich den Lichtmaschinen-Frust von Valencia abfahren.

Weiter hinten gibt es zudem noch Kandidaten, die bei einem unvorhersehbaren Verlauf ein Wörtchen mitsprechen könnten. Denkt man nur an das letzte Regenrennen in Malaysia, als sich Alonso und Sergio Perez um den Sieg duellierten. Ursprünglich waren sie von den Plätzen neun und zehn gestartet. Diese Hoffnung hat auch Romain Grosjean, der seinen ersten Sieg im Hinterkopf hat. "Die Startposition ist bei den wechselnden Bedingungen ohnehin nicht so wichtig", war er überzeugt.

Wer weiß, vielleicht werden die Letzten die Ersten sein und das Rennen von Überholmanövern geprägt. Wir werden es sehen, oder wenn es nach dem Polesetter geht, vielleicht auch eher nicht.