Bereits bei der ersten Runde Boxenstopps schielte Fernando Alonso beim Großen Preis von Kanada auf die Spitze - kurzzeitig konnte der Spanier, der von Platz drei aus ins Rennen gestartet war und seine Position zunächst hielt, die Führung erobern, da er vor dem ersten Reifenwechsel länger als seine direkten Konkurrenten Sebastian Vettel und Lewis Hamilton auf der Strecke geblieben war. Der Brite schnappte sich den Ferrari-Piloten mit bereits aufgeheizten Reifen und dem DRS-Vorteil jedoch schon auf dessen Outlap wieder.

Anschließend wehrte Alonso dahinter alle Attacken von Sebastian Vettel ab und fuhr sich rund drei Sekunden Vorsprung auf seinen Red-Bull-Verfolger heraus. Als Hamilton 20 Runden vor dem Ende zum zweiten Boxenstopp herein kam, übernahm der Asturier abermals die Spitze - Ferrari entschied sich schließlich dazu, keinen weiteren Stopp mehr einzulegen und versuchte die Führung gegen den von hinten heranstürmenden Hamilton über die Zeit zu bringen. Zu groß war jedoch der Abbau der Reifen und sechs Runden vor dem Ziel musste sich Alonso seinem McLaren-Widersacher geschlagen geben.

Ein hohes Risiko

Zu Rennmitte lag Alonso auf P2, Foto: Sutton
Zu Rennmitte lag Alonso auf P2, Foto: Sutton

Anschließend brachen beim Doppelweltmeister die Rundenzeiten auf den bereits stark abgefahrenen, härteren Pneus dramatisch ein. So musste er kurze Zeit später auch Romain Grosjean und Sergio Perez passieren lassen, die auf frischeren, superweichen Reifen unterwegs waren. Selbst Vettel, der sich zunächst auch an der Ferrari-Strategie orientiert hatte, dann auf Grund des großen Verschleißes aber doch noch zu einem späten zweiten Stopp gezwungen war, fing Alonso noch ab. Auf Rang fünf rettete dieser sich schlussendlich nur vier Zehntel vor Nico Rosberg über die Ziellinie. Anschließend haderte er mit der taktischen Entscheidung im letzten Stint.

"Ich weiß auch nicht - im Nachhinein muss man zugeben, dass es die falsche Strategie war", gestand der 30-Jährige ein. Allerdings müsse man auch verstehen, dass sich das Risiko durchaus hätte auszahlen können. "Wenn wir so wie Hamilton gefahren wären, wären wir Zweiter geblieben und dann auch auf dieser Position ins Ziel gekommen. Wir wollten aber den Sieg und waren mit Platz zwei nicht zufrieden", erklärte Alonso das hohe Risiko. Enttäuscht musste er feststellen: "Wir haben unser Bestes versucht, aber es hat nicht geklappt."

Reifenabbau am Ende zu stark

"18 Runden vor Schluss weiß man noch nicht, wie es mit den Reifen weitergeht, wie sie sich verhalten und wie schnell sie dann abbauen werden. Also wartet man ab und sieht was passiert", rechtfertigte der Spanier Ferraris Entscheidung. Er gab aber auch zu: "Es war die falsche Strategie." Entschieden habe man sich für das hohe Risiko ungefähr zehn Runden vor dem Ende. "Als Hamilton stoppte, haben wir gesagt, wir bleiben noch etwas länger draußen, um zu sehen, was Vettel macht", analysierte Alonso. "Hätte Vettel gestoppt, hätten wir das wohl auch gemacht und wären mit zwei Stopps gefahren. Zehn Runden vor Schluss dachten wir dann aber, dass sich ein Stopp nicht mehr lohnt, da dieser rund 15 Sekunden gekostet hätte - also haben wir versucht durchzufahren", klärte der Ferrari-Star auf.

Per se wollte er die Einstoppstrategie aber nicht verteufeln. "Nur so, wie wir sie gemacht haben. Grosjean hat mit einem Stopp fast das Rennen gewonnen, also war die Einstoppstrategie ansich sehr wohl die richtige Strategie. Wenn ich den Abbau von Grosejan gehabt hätte, hätte ich das Rennen gewonnen, Vettel wäre damit Zweiter geworden, Grosjean Dritter und Hamilton Vierter", so der Scuderia-Pilot. Insgesamt sei er aber trotzdem sehr zufrieden mit der reinen Performance seines Ferrari. "Wäre unser Umgang mit den Reifen besser gewesen, hätten wir das Rennen vielleicht gewinnen können. Es hat zwar heute nicht geklappt, aber mit dem Fortschritt bin ich trotzdem glücklich und auch mit den gewonnen Punkten."

In Sachen WM ein gutes Ergebnis

"Klar haben wir gegenüber Hamilton Punkte verloren und auch zwei an Vettel - aber auf alle anderen Konkurrenten haben wir noch mehr gutgemacht und mehr geholt als Webber, Räikkönen und Button", so Alonso, der in der WM nur zwei Zähler hinter Spitzenreiter Hamilton liegt. "In Sachen Weltmeisterschaft war es also durchaus ein produktives Wochenende." Aber auch die erfolgreichen Außenseiter, Lotus und Sauber, habe man in Kanada nicht unterschätzt. "Das Problem war wenn überhaupt ja unsere Pace und nicht die der Anderen."

"Bis zehn Runden vor Schluss hatten wir einen normalen Reifenverschleiß, nur danach brach diese Kurve ein und der Reifen zerfiel schneller", sagte Alonso und versicherte: "Höchstens das hat uns überrascht, nicht aber die Stärke der Anderen." Dass es im siebten Rennen mit Lewis Hamilton nun den siebten Sieger gäbe, sei interessant. "Sieben Sieger reichen jetzt aber auch", scherzte Alonso, der glaubte: "Viel mehr andere werden wir nicht mehr sehen, es gab ja schon genug unterschiedliche - nun wird wohl mehr Konstanz reinkommen und es wird in den nächsten Rennen die gleichen Sieger geben." Für ihn stand fest: "Für die WM braucht man mehr als einen Sieg."