Mit seiner Kritik an Pirelli hat Michael Schumacher nach dem Großen Preis von Bahrain für viel Wirbel gesorgt. Der Mercedes-Fahrer beklagte, dass die Piloten wegen des starken Abbaus zu großen Teilen des Rennens zum Reifensparen verurteilt seien und deshalb nicht das Maximum aus dem Auto herausholen könnten. Pirellis Motorsportchef Paul Hembery stellte am Rande der Testfahrten in Mugello allerdings erneut klar, dass sein Unternehmen mit der Konzeption der Pneus nur den Vorgaben der Teams gefolgt sei.

"Wir haben das mit den Teamchefs abgestimmt", sagte der Brite. "Ross Brawn hat klargemacht, dass Kanada 2010 das Modell ist, mit dem wir arbeiten sollen." Der bisherige Saisonverlauf sei eine Bestätigung dafür, dass Pirelli das anvisierte Ziel erreicht habe. "Im letzten Jahr gab es ein dominantes Team und einen dominanten Fahrer", meinte Hembery. "In dieser Saison dagegen hatten wir in vier Rennen vier verschiedene Sieger. Das erste Mal seit 30 Jahren standen vier verschiedene Autos ganz oben auf dem Podium."

Für die Kritik Schumachers äußerte er sogar Verständnis. "Michael ist ein Sportsmann und will gewinnen, deshalb kann ich seine Frustration verstehen. Sein Teamkollege hat gewonnen, es gab schon zwei deutsche Sieger und Kimi fährt im vierten Rennen nach seinem Comeback auf Platz zwei - klar, dass ihm das nicht gefällt", meinte Hembery. "Aber wenn ein Fahrer nicht zufrieden ist, die anderen 23 aber schon, können wir nicht viel tun."

Allerdings widersprach der Pirelli-Direktor Schumacher in dem Punkt, dass die Fahrer mit den neuen Reifen nicht bis an die Grenzen gehen könnten. "Es ist ein Missverständnis, dass die Fahrer nicht pushen würden. Egal in welcher Klasse man im Motorsport fährt, man muss immer ans Limit seiner Möglichkeiten gehen", stellte Hembery klar. "Es gibt ein Limit, das die Piloten nicht überschreiten dürfen, aber innerhalb dieser Grenzen haben sie einen großen Einfluss auf das Resultat. Der Fahrer zählt, das ist wichtig."

Reifen gegenüber 2011 kaum verändert

Zudem sei die Veränderung der Reifen keineswegs so groß gewesen, wie von einigen Kritikern behauptet, unterstrich Hembery. "Wir haben das Profil und die Mischung der Pneus nur minimal verändert. Ansonsten ist es der Reifen, mit dem wir im letzten Jahr 18 Rennen gefahren sind. Und nicht nur das: Es ist der Reifen, der für einen Großteil der Stints benutzt wurde, nicht nur zu Beginn oder gegen Ende des Rennens", erklärte der Pirelli-Boss. "Demnach hat es nicht nur eine Veränderung bei den Reifen, sondern auch bei den Autos gegeben."

Die Herausforderung für Ingenieure und Fahrer bestehe nun darin, die Balance zwischen betankten Autos und der Qualifying-Pace zu finden, erläuterte Hembery. Er sei allerdings davon überzeugt, dass den Teams das eher früher als später gelingen werde. "In der Formel 1 arbeiten die besten Ingenieure der Welt. In Silverstone werden sie mir diese Fragen nicht mehr stellen", meinte der Pirelli-Mann.

Tipps, wie sie am besten mit den Reifen umgehen sollten, könne er den Fahrern allerdings keine geben, sagte er. "Es ist eine Kombination aus dem Fahrer und dem Auto. Ohne das richtige Setup finden die Fahrer keine Balance. Dann bekommen sie Probleme", erklärte Hembery. Die Motoreneinstellungen müssten jedoch für den jeweiligen Kurs neu spezifiziert werden. In Bahrain, einer Strecke mit langsamen kurven, sei beispielsweise die richtige die Traktion die entscheidende Variable gewesen: "Bei vielen Fahrern haben die Reifen überhitzt, als sie aus der Kurve gekommen sind."

Einigermaßen überrascht zeigte sich Hembery davon, dass die Top-Teams die bisherigen Rennen mit einer nahezu identischen Strategie angegangen seien. Einzig Red Bull sei hin und wieder etwas ausgeschert. "Gerade im vergangenen Jahr war eine mutige Strategie, wie die von Mark Webber in China, oft die Grundlage für ein gutes Ergebnis", erklärte der Motorsportdirektor des italienischen Reifenherstellers. "Um ein außergewöhnliches Ergebnis zu erzielen, ist es manchmal notwendig, einen anderen Weg zu gehen, das hat Paul di Resta in Bahrain unter Beweis gestellt."