Toro Rosso ist die Brutstätte von Red Bull und bildet seit Jahren Piloten für höhere Aufgaben aus - mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. In dieser Saison setzt Toro Rosso auf Jean-Eric Vergne und Daniel Ricciardo. Was auf die beiden in dieser Saison noch zukommt, erklärt Franz Tost folgendermaßen: "Ich habe beiden gesagt: 'Alles, was ihr bis jetzt gemacht habt, war Kindergarten. Jetzt beginnt für euch das Rennfahren.' Die Formel 1 ist noch komplexer und schwieriger, als das von außen aussieht."

Während die Talente in den Nachwuchsklassen lediglich einen Ingenieur an der Seite hätten, seien die F1-Rookies plötzlich umzingelt von Dateningenieuren, Motoringenieuren und Fahrwerksingenieuren. "Allein die Technik im Detail zu verstehen, ist bereits eine gewaltige Herausforderung", meint Tost. Trotzdem sei der Weg über die Nachwuchsserien - allem voran dem Kartsport - auf dem Weg in die Formel 1 unentbehrlich.

"Zwischen dem 7. und dem 16. Lebensjahr ist der Mensch, was die Entwicklung seiner Fertigkeiten betrifft, am aufnahmefähigsten", so Tost gegenüber der FAZ. "Er zehrt von dem, was er in dieser Phase lernt, eine ganze Karriere lang." Konkret meint Tost damit das Gefühl für die Geschwindigkeit, für das Bremsen, für den Speed vom Bremspunkt bis zum Scheitelpunkt der Kurve, für das Beschleunigen.

"Die Jungen beginnen, sich mit der Technik auseinanderzusetzen, stellen Spur und Sturz ein, tasten sich an das Limit der Reifen heran, spielen mit dem Reifendruck, lernen den Umgang mit verschiedenen Reifenkonstruktionen, die es im Kartsport ja schon gibt", erklärt Tost. Ohne diese Grundkenntnisse sei es schlichtweg nicht möglich, Weltmeister zu werden.

Dabei habe sich die Ausgangslage in den vergangenen Jahren geändert, wie Tost ergänzt. Vor rund dreißig Jahren hätten die Talente bis zu ihrem 18. Lebensjahr und dem Erwerb des Führerscheins warten müssen, bis sie Rennen fahren durften. "Dann kam die erste Kart-Generation mit Alain Prost und Ayrton Senna", blick Tost zurück. "Sie haben als Jugendliche im Sommer vielleicht zwanzig Rennen bestritten."

Der Ursprungs-Generation folgte dann die zweite. "Aus der zweiten Kart-Generation stammt Michael Schumacher, der schon an Wintercup-Rennen teilnahm, im Jahr auf vierzig, fünfzig Rennen kam", so Tost. Aus der dritten Generation entstammen laut dem STR-Teamchef Weltmeister wie Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. "Die haben den Kartsport noch professioneller betrieben", sagt Tost. "Dadurch haben sie früh ein besonderes Fertigkeitsniveau erreicht. Das ist wichtig, um ein Top-Rennfahrer werden zu können."

Ist der Weg in die Formel 1 dann erst einmal geschafft, geht die Entwicklung erst richtig los. Tost unterteilt den Einstieg in die Königsklasse in fünf Etappen. "Die erste, das hören die Fahrer nicht gerne, ist die Phase, in der das Auto mit ihnen fährt und nicht umgekehrt", meint Tost. Die Fahrer würden zwar die richtigen Rennlinien kennen, hätten im Grunde jedoch nichts unter Kontrolle. In der zweiten Phase lerne der Pilot dann die Unterschiede zwischen Über- und Untersteuern.

"In der dritten Phase beginnt er, die Mechanik zu verstehen, also die Arbeitsweise der Radaufhängung, die Wirkung von Federn, Dämpfern und den entsprechenden Zusammenhang mit den Fahreigenschaften", so Tost. Phase vier beinhalte das Verständnis der Aerodynamik, der Bodenhöhe sowie der diversen Flügeleinstellungen. In der fünften Phase sei es dann laut Tost soweit: "Er kann dann das gesamte Umfeld beobachten, seine Gegner, die Signale der Streckenposten, die Entwicklung des Rennens." Je talentierter ein Pilot sei, desto schneller durchlaufe er diese Phasen. Doch neben dem Talent sei auch Leidenschaft eine wichtige Voraussetzung. Tost: "Wer Erfolg haben will, für den darf es nur die Formel 1 geben. Das erkennt man an der Hingabe."