An der Rennstrecke und bei Deiner Arbeit zeigst Du großen Ehrgeiz. Hat Dich die Welt des Sports geprägt und wenn ja, welche Eigenschaften hast Du für Dich daraus gewonnen?
Bernd Mayländer: Ich glaube, dass jede Arbeit einen Menschen prägt. Gerade im Motorsport sind alle Akteure im Fokus der Öffentlichkeit. Man lernt schnell, dass man sich voll auf seine Arbeit fokussieren muss. Als junger Rennfahrer reist Du um die Welt, ohne viel Wert auf die Landschaft oder Kultur zu legen. Über die Jahre bekommst Du allerdings ein anderes Bild. Du wirst routinierter, was Deinen Job angeht. Wenn Du Deine Augen öffnest, erkennst Du nicht nur die Unterschiedlichkeiten in den Kulturen, sondern nimmst auch die verschiedenen sozialen Verhältnisse in der Gesellschaft wahr.

Auch in Sachen Ehrgeiz prägt einen der Sport extrem. Weiter in seinem Sport zu arbeiten, erfolgreich zu sein und seine Position zu behaupten, sind zwar sportliche Aspekte, sie prägen Dich jedoch fürs Leben. Gerade als Safety-Car-Fahrer liegt mein persönlicher Ehrgeiz zum Beispiel darin, in jeder Situation Sicherheit zu schaffen.

Welche Werte wurden Dir in Deiner Kindheit vermittelt, welche Werte siehst Du aus heutiger Sicht als bedeutungsvoll für das gesellschaftliche Miteinander an?
Bernd Mayländer: Grundsätzlich nie über Menschen zu urteilen, die man nicht oder nur durch die Medien kennt. Ich mache mir sehr gerne ein persönliches Bild, wenn ich die Möglichkeit dazu habe. Ich denke, dass die Menschen sich viel stärker gegenseitig so akzeptieren sollten, wie sie nun einmal sind. Meine Eltern haben mir beigebracht, dass man allen Religionen und Kulturen offen entgegen treten soll, wir leben schließlich alle auf demselben Planeten.

Bescheidenheit ist auch sehr wichtig. Wenn man zum Beispiel die Formel 1 sieht, die durch die Medien sehr stark hochgespielt wird: da wird in Monaco die größte Jacht und das teuerste Auto gezeigt. Nicht alle fahren das dickste Auto und ich glaube, es ist ganz gut, dass man immer wieder zurück in die Realität kommt und weiß, wie es eigentlich ist. Mir macht es Spaß, die Kontraste zu sehen und meine Schlussfolgerung daraus ist, dass ich immer noch sehr gerne zuhause in Deutschland bin. Die Abwechslung macht es aus.

Aus Deiner Perspektive beobachtet, wie gehen die Menschen heutzutage miteinander um?
Bernd Mayländer: Das Internet führt dazu, dass viele gerade junge Menschen nur noch online leben. Ich halte das persönliche sich treffen und miteinander sprechen für sehr wichtig, statt nur im Internet zu chatten. Aber gerade durch die Medienwelt ist alles viel oberflächlicher und schneller geworden. Man wird mit einer Flut von Informationen konfrontiert, die man gar nicht gebrauchen kann und nach denen man auch gar nicht gefragt hat.

Ich glaube, in der Formel 1 gibt es eine gesunde Mischung. Man ist viel unterwegs und sieht viel. Vor Jahren, wenn man Glück hatte, konnte man nur telefonieren. Irgendwann gab es dann Mobiltelefone. Heute steht man schnell und einfach über das Internet mit seiner Familie und den Freunden zu Hause in Kontakt. Das ist der Vorteil unserer heutigen modernen Zeit und deren technischer Entwicklungen. Aber Technik sollte immer Hilfsmittel bleiben und der Mensch im Mittelpunkt.

Sich sozial zu engagieren ist für Dich eine Selbstverständlichkeit. Welche Themen oder Projekte liegen Dir am Herzen?
Bernd Mayländer: Mir liegen viele Projekte am Herzen, die ich gern unterstütze. Gerade in der Weihnachtszeit wird man auf viele Projekte in Deutschland aufmerksam, die es alle verdient hätten, eine Unterstützung zu erhalten. Ich finde es toll, wenn es viele Menschen gibt, die sich für das Miteinander einsetzen und dadurch etwas bewegt wird. Ich selbst engagiere mich in einigen Projekten. Das ist einmal die Kampagne 46664, ein hundertprozentiges Projekt der Nelson Mandela Foundation, das sich für die Aids-Aufklärung in Südafrika und der Welt einsetzt. Außerdem engagierte ich mich durch meine Partner bei individuellen Aktionen, wie z. B. 2010, als ich mit der Allianz Schulen in den Favelas in Sao Paulo besuchte. Ich bin stolz darauf, aktiv meinen Teil dazu beitragen zu können, speziell auch bei der Nelson Mandela Foundation.

Warum setzt Du Dich gerade für diese Projekte ein?
Bernd Mayländer: Wenn man die Hintergründe einer Initiative kennen gelernt hat und deren Engagement nachvollziehen kann, ist es einfach und nahe liegend, sich ebenfalls dafür einzusetzen. Im speziellen Fall der Kampagne 46664 wurde ich durch meine Agentur aufmerksam, die seit 2007 offizieller Repräsentant der Nelson Mandela Foundation in Deutschland, Österreich sowie der Schweiz ist. Es ist erstaunlich, was dort schon alles bewegt wurde und täglich wird. Nelson Mandela ist für mich ein Mensch, der in seinem eigenen Leben viel erlebt hat und dennoch durch seinen Umgang mit den Menschen weiterhin viel bewegt. Das ist unglaublich!

Was kannst Du durch Dein Engagement bewegen?
Bernd Mayländer: Ich kann Aufmerksamkeit schaffen. Es ist ganz wichtig, Themen anzusprechen, die teilweise in der öffentlichen Wahrnehmung wieder untergegangen sind. Wer spricht heutzutage beispielsweise noch über das Thema Aids? Solch wichtige Themen werden ein wenig unter den Teppich gekehrt. In Afrika fängt es an, aber auch in östlichen Ländern spielt das Thema eine gewichtige Rolle. Es ist schade, dass dort nicht noch mehr unternommen wird. Ich wünsche mir, dass diese relevanten Themen mehr Beachtung finden, auch im Fernsehen.

Welches war Dein emotionalstes Erlebnis, das Du durch Dein privates Engagement erfahren durftest?
Bernd Mayländer: Es gibt mehrere Eindrücke, die mich sehr bewegt haben. Im Mai 2009 hatte ich die Gelegenheit, bei der Euroleague Basketball im Final Four etwas von Nelson Mandela vortragen zu dürfen. Das war für mich sehr emotional, im Auftrag einer so bedeutenden Person als Botschafter vor so einem großen Publikum zu sprechen. 2010 war ich mit meinem Partner, der Allianz, in Sáo Paulo in den Favelas unterwegs, um Schulen zu besuchen und mich dort für das Sicherheitsdenken stark zu machen. Die Schüler haben vor uns gesessen, mit uns gespielt, an den Haaren gezogen und wollten wissen, wie dieses und jenes funktioniert.

Bernd Mayländer sammelte schon etliche Führungskilometer, Foto: Sutton
Bernd Mayländer sammelte schon etliche Führungskilometer, Foto: Sutton

Sie waren einfach stolz und glücklich, diesen schönen Moment durch uns erleben zu dürfen, in einem Auto zu sitzen und kleine Geschichten zu hören. Wenn du jemandem dabei helfen kannst, einen schönen Moment zu erleben, ist das etwas Außergewöhnliches. Dort erlebte ich, in welchen Verhältnissen Menschen leben können und dennoch nicht den Mut verlieren. Es war ein tolles Gefühl zu spüren, welche Freude wir den Kindern machten. Das sind für mich diese speziellen Momente.

In der Welt des Sports erlebt man viele Höhen und Tiefen. Was war für Dich Dein sportliches Highlight?
Bernd Mayländer: Im Jahr 2000 gewann ich das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring, das war ein besonderes Highlight. Ein anders Highlight war 2001, als ich das DTM-Abschlussrennen am Hockenheimring gewann, obwohl ich mir zuvor den Fuß bei einem Sportunfall zertrümmert hatte. Von ganz unten wieder ganz nach oben auf das Siegerpodest zu fahren - das war schon toll. Einzelne Dinge zu betrachten ist schön, aber wenn ich die Gesamtheit sehe, dann gibt es für mich viele Siege. Der wichtigste ist, in solch einem Umfeld dabei sein zu können.

Was war bislang der bitterste Moment im Sport für Dich?
Bernd Mayländer: Der bitterste Moment im Sport war für mich 1994, als ich in San Marino bei Ayrton Sennas tödlichem Unfall am 1. Mai vor Ort war. Zuvor auf dem Podest zu stehen und zweieinhalb Stunden später den schrecklichen Unfall zu sehen, mit dem der Motorsport seinen Helden verlor: das war für mich der härteste Moment. Meine schwere Fußverletzung 2001 war auch sehr hart für mich, aber daran war ich selbst schuld. Bei meinem jetzigen Job bin ich immer sehr froh, wenn die Fahrer und ihre Fahrzeuge die Rennen unbeschadet überstehen.

Gibt es für Dich einen Spruch, der für Dein Lebensmotto steht?
Bernd Mayländer: Ich habe so viele, denn ich bin ein positiv denkender Mensch. Einen speziellen Spruch habe ich nicht. Aber mein Lebensmotto ist es immer, dem Tag wohlgesonnen entgegenzutreten und mich abends schon auf den nächsten Tag zu freuen. Ich lebe nicht nur von Tag zu Tag, sondern schaue voraus. Ich habe grundsätzlich Freude an jedem Tag, auch wenn was Negatives passiert. Dann schaue ich nach vorn und sage mir selbst, 'Jetzt erst recht'.