Hoher Besuch in Jerez: Charlie Whiting ließ es sich nicht nehmen, am Mittwoch den ersten Testfahrten dieses Jahres beizuwohnen und sich ein eigenes Bild der neuen Formel-1-Boliden zu verschaffen. Im Fokus: die Abgas-Systeme der einzelnen Teams. Eigentlich wurde die Verwendung der austretenden Abgase zu aerodynamischen Zwecken in diesem Jahr von der FIA strikt verboten, doch im Fahrerlager munkelt man, dass die eine oder andere Truppe einen Weg gefunden haben könnte, das Reglement zu umgehen.

Nach Whitings erster Visite gab es offenbar nichts zu bemängeln an den unterschiedlichen Abgas-Lösungen, die gar nicht einmal so verschieden sein sollen. Auch in Sachen Frontflügel hat die FIA durchgegriffen - Szenen, wie zum vergangenen Jahresende bei Ferrari, als der Flügel auffällig haarscharf über dem Boden flatterte, soll es in dieser Saison nicht mehr geben. "Diese Regeländerung kam ziemlich spät", war Adrian Newey nicht gerade begeistert. Der Star-Designer von Red Bull hatte das Konzept des Flatterflügels in der vergangenen Saison verfeinert und erfolgreich an den Start gebracht.

In der anstehenden Saison hat es sich offenbar ausgeflattert. "Das Resultat ist, dass der Flügel einiges an Gewicht zugelegt hat", erklärte Newey. "Das macht es schwieriger, die optimale Gewichtsverteilung zu erzielen." Der Brite konnte sich vorstellen, dass die neuen Regularien bezüglich des Frontflügels wahrscheinlich etwas mit Ferraris diskussionswürdiger Lösung aus der vergangenen Saison zu tun haben. Laut Medienberichten soll Newey außerdem angezweifelt haben, dass Ferraris Auspufflösung regelkonform sei.

Angeblich habe die Scuderia zu Whitings Besuch Löcher in die Verkleidung des neuen F2012 geschnitten, um den nach oben hin austretenden Auspuff sichtbar zu machen. "Ehrlich gesagt, habe ich nichts Außergewöhnliches gesehen", antwortete unterdessen Nicolas Tombazis auf die Frage nach technischen Neuheiten der Rivalen. "Wir haben analysiert, was die anderen machen und ich erkenne keine Innovation, die wir nicht auch schon studiert haben."

Viele Beobachter gehen allerdings davon aus, dass sich im Laufe der kommenden Testfahrten noch einiges ändern wird, was die Technik der neuen Boliden für 2012 angeht. Renault-Streckenchef Remi Taffin glaubt sogar, dass die Teams einen Weg finden, das Verbot des Anblasens zu umgehen. "Sie werden immer noch in der Lage sein, die Abgase in diesem Jahr aerodynamisch zu nutzen", glaubt er. "In diesem Bereich werden wir bei den Tests in Barcelona und wahrscheinlich auch in Melbourne noch Änderungen sehen."