Obwohl Bruno Senna bereits in seine dritte F1-Saison geht, sind die Testtage in Jerez in diesem Jahr seine ersten richtigen Wintertestfahrten in der F1. 2010 hatte sein erstes Team HRT schlichtweg noch kein Auto, 2011 bei Lotus Renault Senna keinen Stammplatz. Immerhin ein paar Runden durfte er nach der Verletzung von Stammpilot Robert Kubica im R31 aber drehen - Schauplatz war ebenfalls der südspanische Circuito de Jerez. Im Winter 2008 testete Senna auch schon für Honda, das spätere Brawn-GP-Team. Damals schnappte ihm jedoch Rubens Barrichello den Platz weg - 2012 folgte die Revanche mit vertauschten Rollen und Senna geht als Williams-Stammpilot in die neue Saison.

Mit seinem Vorgänger und Landsmann habe er nach seiner Williams-Verpflichtung gesprochen. "Das war ein etwas unangenehmes Gespräch, denn wir sind Freunde und es ist eine schwierige Situation. Aber Rubens ist sehr erfahren und weiß, wie der Sport funktioniert. Er war großartig und hat mir das Beste für die Zukunft gewünscht", so Senna mit Blick auf Barrichello. Nun sei es wichtig, nach vorne zu schauen und sich auf die sportlichen Aufgaben mit Williams zu konzentrieren. "Am wichtigsten war es, viele Meetings mit den Ingenieuren abzuhalten, um das Team und das Auto bestmöglich kennenzulernen." Er wisse nun, worauf er sich in Jerez verstärkt fokussieren müsse.

Schritt für Schritt gehen

Bruno Senna posiert gemeinsam mit Teamkollege Pastor Maldonado neben dem neuen Williams FW34, Foto: Sutton
Bruno Senna posiert gemeinsam mit Teamkollege Pastor Maldonado neben dem neuen Williams FW34, Foto: Sutton

"Technisch wurden wir sehr gut geschult und hoffentlich können wir morgen dann darauf aufbauen", so Senna am Vortag seiner Premierenausfahrt im FW34. Die ersten beiden Tests in Jerez bestreitet Teamkollege Pastor Maldonado. Für Senna kein Problem, ortete der Brasilianer auf Grund der Möglichkeit, bereits im Vorfeld an der Boxenmauer alle Daten des Kollegen studieren zu können, sogar einen kleinen Vorteil. Die Eingewöhnungsphase bei Williams sei positiv und schnell verlaufen. Mit Renningenieur Tom McCullough habe er sich bereits in der Fabrik ausreichend abgestimmt. "Das lief alles glatt. Manchmal arbeitet man mit Leuten, mit denen es nicht so passt, aber Tom war sehr nett und hat mich sofort willkommen geheißen."

"Wir kommen sehr gut miteinander aus und versuchen soviel wie möglich voneinander zu lernen", erklärte Senna. Dass er bei Williams so ein erfahrenes Team um sich herum habe, sei sehr wichtig. "Wir haben das Prozedere durchgesprochen - ich habe in der Vergangenheit bei anderen Teams ja auch schon viel gelernt, versuche also, nun möglichst viel davon einfließen zu lassen", sagte der Brasilianer. "Letztes Jahr war hart, der Winter war hart, aber ich habe so viel Unterstützung erhalten. Hoffentlich haben wir nun ein tolles Jahr mit guten Resultaten." Wie weit es mit Williams 2012 aber nach vorne gehen kann, wollte Senna noch nicht mutmaßen.

Mit der Nummer 19 war auch schon Brunos Onkel Ayrton bei seinem F1-Debüt für Toleman 1984 unterwegs, Foto: Sutton
Mit der Nummer 19 war auch schon Brunos Onkel Ayrton bei seinem F1-Debüt für Toleman 1984 unterwegs, Foto: Sutton

"Es ist schwierig, das zu sagen. Selbst mit den Testfahrten stehen wir ja gerade erst am Anfang. Ich hoffe aber, dass wir um Punkte kämpfen können", so der 28-Jährige. "Wir müssen es aber Schritt für Schritt angehen und das Hauptziel sind Punkte." Dass sich in der Königsklasse in diesem Jahr eine Menge geändert hat, wollte Senna positiv kommentieren - selbst die viel kritisierte Stufennase, die sich an seinem Williams wiederfindet. "In der Formel 1 geht es genauso um die Darstellung wie um die Leistung. Es ist also wichtig, dass die Fans das Auto sehen und bewundern. Manchmal gibt es schöne Autos, aber dann ändern sich die Regeln."

Im Team des legendären Onkels

"Ich denke aber, man gewöhnt sich daran. Und in Sachen Wettbewerb machen die Regeln den Sport besser", meinte der Brasilianer in einem Autosport-Fan-Forum. Eine ähnliche Außenwirkung in Sachen Fans dürfte derweil die Tatsache haben, dass er wie sein legendärer Onkel Ayrton in diesem Jahr auf Williams-Renault in der Weltmeisterschaft antritt. Und noch eine weitere Parallele machten die Fans bereits im Vorfeld aus. Bruno fährt 2012 mit der Startnummer 19 - diese hatte Ayrton bei seinem F1-Debüt im Toleman 1984 auch auf dem Auto. An solchen Zahlenspielen wollte sich Senna aber nicht beteiligen.

"Wenn es einmal die Nummer 1 ist, dann ist der Tag, wo die Nummer etwas spezielles ist", lachte der Williams-Pilot. Dass er nun im gleichen Team sei, wie im verhängnisvollen Jahr 1994 sein Onkel, mache ihn aber nicht nervös. "Überhaupt nicht. Ich freue mich sehr, für diese Jungs hier zu fahren, denn sie besitzen eine großartige Tradition", meinte Senna, der sich wünschte: "Hoffentlich wird es ein schönes Kapitel." Nur um die Erinnerung an seinen Onkel aufrecht zu erhalten, fahre er nicht. "Sondern weil ich das Rennfahren liebe. Allerdings musste ich an ihn denken, als ich in Monaco 2008 das GP2-Rennen gewonnen habe. Das ist einfach ein besonderer Platz für uns."