Erhöhen die jüngsten Erfolge den Druck eher noch, diese zu wiederholen - oder machen sie gelassener?
Adrian Newey: Die letzten paar Jahre liefen wirklich gut und sehr erfolgreich. Der Weg dorthin war eine unglaubliche Reise. Dies ist nun die vierte Evolution des RB5. Der Druck ist also klarerweise zu versuchen, hier vorne zu bleiben, wenn uns das gelingt. Das ist eine schwierige Aufgabe, denn wir haben mit der Regeleinschränkung die Auspufftechnologie verloren, die wir in den letzten Jahren entwickeln konnten und die es uns möglicherweise erlaubt hat, vor der Konkurrenz zu sein. Das führte über den Winter zu einem großen Umdenken. Ob uns das nun mehr als andere Leute betrifft ist schwierig vorherzusagen. Den letztjährigen RB7 haben wir um die Auspuffposition herumdesignt und wir waren wohl das einzige Team, dass das so gemacht hat. Es kann also sein, dass wir mehr verloren haben als andere Teams. Das wird nur die Zeit zeigen - es wird aber gut sein, endlich rauszukommen, zu testen und zu sehen, wo wir stehen.

War das für Sie frustrierend oder doch eher eine Herausforderung?
Adrian Newey: Veränderungen im Reglement, wie der Verlust des angeblasenen Diffusors, sind in der Tat ein bisschen frustrierend, denn es sind genau diese Einschränkungen, die eben keine neuen Möglichkeiten oder Gewinnmöglichkeiten generieren. Sie schließen einfach nur eine Türe. Regeländerungen genieße ich also - Einschränkungen des Reglements kritisiere ich hingegen eher.

Wie sind Sie beim Entfernen des angeblasenen Diffusors in Bezug auf den RB8 vorgegangen?
Adrian Newey: Der RB7 wurde wiegesagt um den Auspuff herumgebaut. Dieses Jahr wussten wir, dass uns die Auspuffposition vom letzten Jahr weggenommen wird, also mussten wir einen Schritt zurückgehen, schauen wie wir das Auto mit Blick auf den seitlichen Auspuffausgang in den letzten ein, zwei Jahren entwickelt haben und versuchen, wenn man so will, sicherzustellen, dass die Wege, die wir für die neue Auspuffposition gehen mussten, auch optimal passen. Eine Schlüsselsache ist dabei die Heckhöhe. Der Auspuff erlaubte uns, eine gewisse Fahrzeughöhe im Heckbereich zu haben. Nun ist es viel schwieriger geworden diese Höhe beizubehalten, weshalb wir erneut einen Schritt zurückgehen mussten und das Auto um dieses neue, tiefere Fahrzeughöhe herumentwickeln mussten.

Dem neuen Trend gefolgt: Auch der RB8 hat eine hässliche Nase, Foto: Red Bull
Dem neuen Trend gefolgt: Auch der RB8 hat eine hässliche Nase, Foto: Red Bull

Die andere große Veränderung ist die Höhe der Fahrzeugnase. Gab es diesbezüglich Schwierigkeiten?
Adrian Newey: Die Einschränkung der Nasenhöhe, bei der es sich ja um eine Maximalhöhe vor dem vorderen Gehäuse handelt, hat die Gestalt des Chassis nicht wirklich verändert. Wir haben mehr oder weniger die gleiche Form beibehalten können, aber der Abfall der Nase, der, wie bei vielen anderen Teams auch, anschließend vorhanden ist, hat auch bei uns zu einer Nase geführt, die man wohl als leicht hässlich bezeichnen könnte. Wir haben versucht, sie so gut aussehen zu lassen, wie wir das nur können, aber es ist mit Sicherheit kein Merkmal, das man angebracht hätte, wäre man nicht durch das Reglement dazu gezwungen.

Würden Sie sagen, dass der RB8 immer noch eine Evolution des RB7 ist oder mussten Sie viele Dinge überdenken?
Adrian Newey: Meiner Meinung nach ist der RB8 die vierte Generation des Autos, mit dem wir 2009 angefangen haben, dem RB5. Ich glaube also, dass es sich bei diesem Auto quasi um seinen Urenkel handelt.

Verlieren Sie einfach nicht gerne, oder was treibt Sie an, immer wieder das neueste Design-Puzzle zu lösen, das die Regeln kreiert haben?
Adrian Newey: Ich hatte in meiner Karriere bislang glücklicherweise eine gute Portion Erfolg und die Leute fragen mich oft, ob ich bald aufhören werde oder was ich dann vorhabe. Die Antwort ist, dass ich noch so lange weitermachen werde, wie es mir Spaß macht. Was mich an dieser technischen Herausforderung wirklich fasziniert, ist der Fakt, dass wir sehr schnell sehr hoch gestiegen sind. Alle zwei Wochen müssen wir uns neu beweisen und wenn uns das gelingt, ist es natürlich großartig. Wenn nicht, dann schmerzt es. Man weiß also wenigstens immer wo man steht und sieht das Produkt seiner Arbeit sehr schnell. Ich genieße es also wirklich mit meinen Kollegen zusammenzuarbeiten, meinen Ingenieuren hier in Milton Keynes und natürlich auch mit den Fahrern an der Strecke. Der Job hat viele Facetten und beinhaltet viel Abwechslung. Man kriegt immer sofort eine Rückmeldung und das motiviert mich an meiner Arbeit wirklich sehr.

Zum Vergleich: Der RB5 aus dem Jahr 2009, Foto: Sutton
Zum Vergleich: Der RB5 aus dem Jahr 2009, Foto: Sutton

Mit Sebastian haben Sie einen Fahrer, der scheinbar noch besser wird. Was erwarten Sie in dieser Saison von ihm?
Adrian Newey: Ich glaube wir haben eine tolle Fahrerpaarung. Sebastian ist nun natürlich Doppelweltmeister und ich glaube, er ist im letzten Jahr noch einmal enorm gereift. 2010 ist er auch schon eine großartige Saison gefahren, hat extremes Talent gezeigt und schlussendlich verdient den Titel gewonnen. Es war aber auch ein steiniges Jahr, denn er war ein sehr junger Bursche und hat trotzdem unglaublichen Einsatz gezeigt und die Bereitschaft, aus seinen Fehlern zu lernen. Wie alle Leute hat auch er damals Fehler gemacht - aber er hat sie niemals zweimal gemacht und ich denke, dass diese Fähigkeit aus seinen Fehlern zu lernen und immer auf der Suche nach weiteren Verbesserungen zu sein, sich wirklich in seinem letzten Jahr gezeigt hat. Da hat er wirklich gar keine Fehler mehr gemacht, war aggressiv, wenn er es sein musste und geduldig, wenn es angebracht war. Er hat unglaubliche Reife bewiesen und es gibt keinen Grund, warum das nicht so weitergehen sollte.

Mit Mark haben Sie einen Fahrer der nach einem schwierigen Jahr 2011 nun zurückschlagen möchte. Glauben Sie, dass es Mark im RB8 leichter fällt als im RB7?
Adrian Newey: Mark hatte letzte Saison ein hartes Jahr. 2010 hatte er einen sehr gute Saison und den Titel am Ende des Jahres nur unglücklich verloren. 2011 hatte er zu Beginn wohl ein bisschen Probleme damit, zu verstehen, wie man die Pirelli-Reifen benützen muss. Es hat ein bisschen gedauert, bis er sich daran gewöhnt hat. Er hatte einen großartigen Winter, ist unglaublich fit und freut sich wirklich auf den Start der neuen Saison. Und ich glaube und hoffe, dass er jemand ist, auf den man dieses Jahr ein Auge haben muss.

Ist für Sie auch die Weiterentwicklung des Teams ein Ansporn? Befindet man sich immer noch im Aufbau?
Adrian Newey: Das Team ist immer noch ziemlich jung, hat in kurzer Zeit aber schon einen langen Weg zurückgelegt. Wir hatten tolle Erfolge in den letzten zwei, drei Jahren, aber manchmal zeigen wir auch noch unsere Jugend und machen hin und wieder Fehler, was wohl mit einem Schwan zu vergleichen ist, der oben anmutig aus dem Wasser herausragt, während sich im Untergrund aber trotzdem eine Menge tut. Wir lernen also nach wie vor dazu. Aber ich denke, dass der Fakt, dass das Team immer noch jung ist, aber bereits so einen tollen Geist und viel Leidenschaft entwickelt hat, uns hilft, dass wir noch mehr lernen, evaluieren und auch weiterhin nicht mit Selbstkritik sparen, um zu sehen, wo wir uns noch verbessern können. Ich hoffe, dass wir mit dem in den letzten Jahren gewonnenen Selbstvertrauen unsere stetige Weiterverbesserung vorantreiben können, damit wir das alles aufrecht erhalten und noch mehr lernen.

Wie gehen Sie den Moment an, in dem das Auto erstmals auf die Strecke fährt? Sind Sie ganz ruhig, oder gibt es doch eine gewisse Furcht, was die anderen Teams so bringen?
Adrian Newey: Die Leute fragen einen oft, kurz bevor das neue Auto erstmals fährt, wie die Erwartungen für das Jahr sind und meine Antwort ist immer, dass ich überhaupt keine Ahnung habe. Wir wissen, was wir im Winter gemacht haben und wie wir das Auto entwickelt haben. Aber wir haben überhaupt keinen Schimmer, was alle anderen gemacht haben - gerade auch mit Blick auf die Regeländerungen und Einschränkungen gibt es halt doch große Unterschiede zu letztem Jahr. Haben wir im Vergleich mehr oder weniger Fortschritte erzielt? Es ist unmöglich das zu wissen. Es wird beim Beginn der Wintertestfahrten immer etwas gezittert und es ist auch sehr schwierig, dann die richtigen Schlüsse herauszulesen. Wenn wir im Vergleich zu einem anderen Team nun hoffnungslos unterlegen sind, werden wir das wohl merken. Wenn es aber zwei oder drei Teams gibt, die ziemlich ähnlich stark aussehen, dann wird es ziemlich schwierig, auszusuchen, welches davon jetzt wirklich das schnellste Team ist. Es wird also nicht vor dem Qualifying in Melbourne sein, dass wir wirklich ein Gefühl dafür haben.